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Echtes Gelände





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Ein Buch der Stunde. Diesmal zu Recht. Dieser Roman ist - wie der Titel sagt - ein zwei viele Schläge ins Gesicht. Ein Kugelhagel scharf geschnittener Sätze. Ein Ton, den man nicht vergisst. Hart. Klar. Kompromisslos: Mit der Faust in die Welt schlagen.

Ein junger Autor, der allen zeigt, wie es geht. Wie man eine Geschichte erzählt ohne blassierte Attitüde. Ohne launiges Chichi. Ein Roman, der seine Leser aufrüttelt, weil er es nicht nötig hat, der Gesellschaft und ihren Gutmenschen nach dem Mund zu reden. Da ist ein Schriftsteller unter uns, von dem noch manches zu erwarten ist.

Lukas Rietzschel ist 1994 in Räckelwitz, Ostsachsen geboren. Also Provinz. Nein, wir werden jetzt nicht auf die aktuelle Debatten zu sprechen kommen. Denn Rietzschels Roman ist nicht deshalb der Roman der Stunde, weil er eine Vorgeschichte zu Chemnitz erzählt. Nein. Das wäre zu vordergründig. Vielmehr gibt er seinen Lesern einen Schlüssel an die Hand zum Verständnis auch jener Teile der Gesellschaft, die nicht dumpfe Parolen brüllen. Das, wenn überhaupt, qualifiziert diesen Roman.
Das Buch erzählt die Geschichte zweier Brüder. Sächsisches Dorfleben. Da, wo der Hund begraben ist. Wo vor vielen Jahren auch das letzte große Werk in der Umgebung dichtgemacht hat. Da, wo sich die betrunkenen Männer auf dem Jahrmarkt prügeln. Während alles in ihrer Welt an die Wand fährt, die Ehe der Eltern scheitert, die nichts anderes tun als malochen, die Lebensläufe der Älteren, die ausgeharrt haben, implodieren und sich der ein oder andere im nahen See ertränkt, dort legt sich der Schatten der Gegenwart auf all die Schatten der Vergangenheit. Und die Brüder taumeln im Halbdunkel. Wie Uwe, der für die Stasi gespitzelt hat und zuletzt, in hastiger Verzweiflung, in den See geht. Er wird nicht der Letzte sein.

Es dauert nicht lange und das Gespenst des Hasses und der Grausamkeit regt sich auch im Herzen des älteren Bruders. Die neuen Faschisten sind keine Bewegung – sie sind ein Gelände, das man besucht. Ein Raum, in dem man sich aufhält. Ein Ort. Ein Hintergrund. Alles - nur kein politischer Inhalt. Eine Lehre des Geländes, auf die man mehr Zeit verschwenden sollte als nur wenige Augenblicke des Nachdenkens.

Dann kommen Flüchtlinge, die Szenerie eskaliert. Während die Vergangenheit eine verlorene Zeit ist, bewegen sich die Brüder in der Gegenwart auf zeitlosem Gelände. Was Vergangenheit war, die wohlbehütete Kindheit, wird zur Schimäre. Verliert seine Plastizität. Nur die Gegend atmet. Nichts ist relevant. Nicht einmal die braunen Horden. Was zählt, ist allein der Raum, worin man sich bewegen kann. Eine archaische leibliche Erfahrung, die vieles erklärt: Nur das Gelände, das man begeht, ist echt.



Jo Balle - 13. November 2018
ID 11041
Link zum Buch: https://www.ullstein-buchverlage.de/nc/buch/details/mit-der-faust-in-die-welt-schlagen-9783550050664.html


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