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Krimi

Komplizierter

Waffenhandel





Bewertung:    



"Die Handlung des vorliegenden Romans ist fiktiv. Die Figuren, mit Ausnahmen der Personen der Zeitgeschichte sind erfunden. Sofern die Personen der Zeitgeschichte in diesem Buch handeln oder denken wie Romanfiguren, ist auch das erfunden." - So beschreibt der ehemalige Spiegel-Journalist und Autor Manfred Ertel den vorliegenden Inhalt, bevor sein Thriller Akte B. beginnt.

Der Fall Uwe Barschel liegt nun 35 Jahre zurück, und der mysteriöse Tod des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten in einem Genfer Hotelzimmer ist bis heute nicht geklärt. Schnell wird mir beim Lesen klar, dass es im Buch um genau diesen Mann geht, der hier schlicht als MP oder Ministerpräsident bezeichnet wird.

Lundberg, der investigative Journalist eines wöchentlich erscheinenden Politmagazins, arbeitet 1987 in Kiel und verfügt über enge Kontakte zur Regierungsspitze. Ist Lundberg also ein Alter Ego vom Autor des Buches? Wir tauchen tief ein in die Machenschaften des MP, erleben ihn während seiner geheimen Besuche in der DDR, bei denen er in Warnemünde nicht nur Vertreter der Koko (Kommerzielle Koordination in der DDR), Stasimitarbeiter und Waffenhändler, sondern auch seine ostdeutsche Geliebte Chantal trifft. Es geht um einen dubiosen Waffenhandel, bei dem eine damals illegale Lieferung aus Westdeutschland nach Südafrika über Warnemünde abgewickelt werden soll. Dieser Deal ist mittlerweile belegt.

Erfunden ist vermutlich der Brückensturz einer Frau in Köln 2015. Die ehemalige DDR-Bürgerin wird von angeheuerten Profikillern über das Brückengeländer gehievt und so im Rhein „entsorgt“. Warum die Frau ermordet wird und welche Verbindungen zu dem damaligen Waffendeal bestehen, ist Inhalt des Buches. Dabei erleben wir beklemmend die Erpressungsmethoden der DDR-Strategen.

Während Ertel die politischen Zusammenhänge spannend und verständlich beschreibt, bleiben die Charaktere seiner Protagonisten auf der Strecke. Jule und ihre Freundin Eleni, ihres Zeichens Oberstaatsanwältin, wollen den Brückentod von Jules Mutter aufklären. Die Beiden kommen als blasse, gefühlskalte Frauen daher, die sich höchstens in ihrer Gegenseitigkeit emotional zeigen. Über das Leben Chantals, die sich als Jules Mutter erweist, weiß deren Tochter nichts, obwohl sie jahrelang bei ihr gelebt hat. Aber auch Chantal, eigentliche Hauptdarstellerin im Buch, wirkt farblos und ist in ihrer Naivität kaum ernst zu nehmen. Der MP ist ihre große Liebe, ihre geheime Beziehung der Inhalt ihres Lebens. Hier nähern wir uns schon fast einer Liebesschmonzette.


"Eine seiner letzten Botschaften hatte sie immer bei sich. Der Zettel steckte sorgfältig zusammengefaltet in ihrer Geldbörse. Das tschechoslowakische Hotel stand darauf mit der Zimmernummer ihrer Reservierung. Das war nun schon fünf Monate her, da war ihre Welt noch in Ordnung.
'Vielleicht hat er ganz andere Probleme', sagte Paula auf einmal.
[…] Im schwarzen Kanal wurde in den letzten Tagen immer wieder über einen bekannten BRD-Politiker berichtet. Über seine korrupte Machtgier, dekadente westliche Machenschaften und so. Du weißt schon Skandal und Affäre, immer wieder fielen die Worte.'" (S. 190)



Tatsächlich bekommt Chantal erst von ihrer Freundin Paula gesteckt, was mit dem MP los sein könnte. Dabei ist sie über seine Bedeutung im Westen und grob sogar über seine Geschäfte in der DDR informiert.

Trotzdem ist der Thriller spannend geschrieben, nur weiß ich nicht, was ich da eigentlich gelesen habe. Im Fall B. werden Realität und Fiktion munter miteinander gemischt. Der Waffenhandel existierte, doch die uneheliche Tochter vom MP anscheinend nicht.

Ertel hat sich damals intensiv mit dem Fall Barschel beschäftigt. Über vieles berichtete er als investigativer Journalist, da er die Fakten belegen konnte. Doch dies durfte vermutlich nicht für alle seine Informationen gelten. Vielleicht versucht er nach den vielen Jahren, den Fall B. als Roman verklausuliert zu Ende zu schreiben. Damit macht er sich juristisch unantastbar. Für mich als Leserin ist die Trennung zwischen Fiktion und Wirklichkeit dagegen schwer. Ich lese also Halbwahrheiten, oder Ertel hat solche Wissensvorsprünge, dass diese nicht einmal außerhalb des Buches gerüchteweise Erwähnung finden. Für eine uneheliche Tochter von Uwe Barschel in der DDR gibt es zumindest nach meinen Recherchen nicht den geringsten Hinweis.


Ellen Norten - 21. Mai 2022
ID 13632
Verlagslink zur Akte B. von Manfred Ertel


Post an Dr. Ellen Norten

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