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Die Andere Bibliothek

Fastfood seit

Jahrtausenden





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Die Autorin von Romanen, Sachbüchern, Hörspielen und Fernsehfilmen Anna Dünnebier (geb. 1944), die als Reporterin diverse arabische Länder sowie Afrika und Indien kennengelernt hat, publizierte 1994 im Münchner Verlag Albrecht Knaus - gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Journalisten, Sachbuchautor und Gastronomiekritiker Gert Franz-Joseph von Paczensky und Tenczin (1925-2014) - den voluminösen, grandios aufgemachten Band Leere Töpfe, volle Töpfe: Die Kulturgeschichte des Essens und Trinkens.

Anna Dünnebier verfasste darin die Kapitel Feuer und die Folgen; Küche der Armen; Brot; Auswärts essen; Feste; Patriarchat an Tisch und Herd; Religion; Kein Fleisch; Essen und Sex; Der Tisch ist gedeckt; Etikette; Technik; Gesundheit und Grenzen; Gert v. Paczensky schrieb die Kapitel Frühe Üppigkeit; Die Verfressenen; Auf der Suche nach mehr Geschmack; Der mächtige Rausch; Wasser; Wege in den Hunger; Süßigkeiten; Zucker; Kaffee; Tee; Kakao; Koch heißt können; Starköche und 3000 Jahre Gastronomiekritik.

Die ANDERE BIBLIOTHEK, die exquisite bibliophile Buchreihe in Berlin, hat in ihr Programm nun die um Aspekte heutiger Gesundheitsfragen erweiterte brillante Neuausgabe integriert, für die der Text durchgesehen, aktualisiert, stellenweise ergänzt und mit neuen Illustrationen versehen wurde. Die Herausgabe lag beim Verlagschef Christian Döring, die Redaktion besorgte der Lektor Ron Mieczkowski.

Insgesamt enthält der 561 Seiten umfassende Band zweiundsechzig zumeist vielfarbige Illustrationen. Sie spiegeln die unglaubliche Vielfalt der angesprochenen Themen wider: Wandgemälde, die von Tieren erzählen wie die Höhlenmalerei aus Lascaux; ein Kunstwerk wie La Polenta des Venezianischen Malers Pietro Longhi (1702-1785); das nach 1616 entstandene Ölgemälde Besuch beim Mündel von Pieter Brueghel d.J. (1564-1638) oder das Bild Stillleben mit Hummer des flämischen Malers Osias Beerts, d.Ä. (um 1580-1624). Eindrucksvoll ist auch das Frontispiz einer niederländischen Ausgabe des römischen Feinschmeckers Apicius, der die europäische Küche jahrhundertelang beeinflusste.

Immer wieder stellen die Autoren in ihrem Abriss über 12.000 Jahre Ernährungsgeschichte und 3.000 Jahre Gastronomiekritik hochinteressante Bezüge her: Wer z.B. glaubt, die heutigen Fast-Food-Ketten seien eine Erfindung der Neuzeit, der befindet sich im Irrtum. Schon in der Antike liebten die Römer ihre Thermopolia – Straßenrestaurants, die warme Mahlzeiten »to go« verkauften; in Pompeji sollen es ca. 80 gewesen sein: Fast Food in der Antike lautet die treffende Bildunterschrift für das Thermopolium in Pompeji.

Darauf, dass neben dem Essen auch der Alkohol schon immer im Leben vieler Menschen eine bedeutende Rolle spielte, verweisen u.a. das Bild ägyptischer Weinstampfer mit Halteseilen und Ebrietas ̶ Trunkenheit, die lateinisch abgefasste Illustration einer arabischen Gesundheitslehre im sogenannten Hausbuch der Cerruti (Ende des 14. Jahrhunderts). Die Weinlese im Mittelalter zeigt ein Fresko in Trient aus dem 15. Jahrhundert. Darauf, dass Trinkbares auch bei Bauernfesten nicht fehlen durfte, deutete 1550 der niederländische Maler Pieter Aertsen (1509-1575). Von Hans Bol (1534-1593), einem Zeichner der niederländischen Hochrenaissance, der flämischer Herkunft war, stammt die Darstellung einer Taverne aus dem 16. Jahrhundert.

Es ist die Diversität der behandelten Themen, die den Reiz dieses umfangreichen Werkes ausmacht: arme Speisen werden ebenso behandelt wie orientalische Verlockungen, Fast Food seit Jahrtausenden, die Kochbuchwelle, die Worcester Sauce als Produkt der Lebensmittelindustrie, die Demonstration gegen Prohibition in New Jersey im Jahre 1931, Trinkrituale, Aphrodisiaka sowie komplexe Bereiche wie Hunger als Waffe, Agrobusiness, Etikette und die verhängnisvolle Exportwirtschaft. "Der Hunger", so schreiben die Autoren in der Einleitung, "hat die Menschen erfinderischer gemacht als alle anderen Geschöpfe auf der Erde. Der Wunsch, besser zu essen, also der Appetit, wurde zur entscheidenden Triebkraft, die Zivilisation schuf."

Schließich gilt der jiddische Spruch: "As men lejgt sich nit gegeßn, schtejt men ojf nit geschlofn ̶ Geht man ohne gegessen zu haben zu Bett, steht man ohne geschlafen zu haben auf."


Christoph Gutknecht - 25. November 2021
ID 13324
Verlagslink zum Sachbuch Leere Töpfe, volle Töpfe


Post an Prof. Dr. Christoph Gutknecht

https://www.slm.uni-hamburg.de/iaa/personen/ehemalige-emeriti/gutknecht-christoph.html

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