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Krimi

Wilde Tiere

missbraucht





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Es ist nicht leicht über Jahre hinweg einen Ermittler lebendig und faszinierend zu beschreiben. Mit Dr. Siri, dem pensionierten laotischen Pathologen und seinen Freunden ist Colin Coterrill dies gelungen. Wenn man so will, habe ich Dr. Siri, seine untergrunderfahrene Gemahlin Madam Daeng, den gesetzestreuen Chefinspektor Phosy, dessen pathologieerfahrene Frau Dtui sowie ihre gemeinsame Tochter und das Liebespaar Geung und Tukta, die beide das Downsyndrom zeigen, schon lange ins Herz geschlossen. Und so zittere ich mit ihnen, hoffe, dass sie mit fernöstlichen Tricks und Strategien ihren Kopf (wieder) aus der Schlinge ziehen und gewinne einen Eindruck von einem Land, das mir völlig fremd ist.

Immerhin habe ich vor einigen Monaten am Mekong gestanden und am Länderdreieck Myanmar und Thailand nach Laos hinübergeschaut. Dort präsentieren sich wild illuminierte Hochhäuser, ein kleines Las Vegas, eine Kulisse, die die spielsüchtigen Thailänder über die Grenze lockt, denn in Thailand ist das Glücksspiel verboten. Heute ist die Grenze offen, zu Zeiten der Romanhandlungen in nicht allzu ferner Vergangenheit war dies nicht so. Das kommunistische Laos schottete sich gegenüber der thailändischen Monarchie ab. Kommunistisch ist Laos immer noch, Geld wurde damals aber noch nicht mit Glücksspiel, sondern mit dem Handel von Wildtieren, wie Tigern und anderen bedrohten Arten gemacht. Es geht um Gewinn, ob die Tiere wohlbehalten in Zoos oder bei Privatabnehmern ankommen, interessiert niemanden. Masse statt Klasse, die Tiere verrecken unterwegs, liefern noch ihren Pelz oder kommen in Kisten halbverhungert und verschmiert mit Kot und Urin, umgeben von sterbenden Artgenossen am Zielort an. Und das, so merkt der Autor in einem persönlichen Nachwort an, geschieht leider heute nach wie vor.

Vor diesem Hintergrund spielt der Krimi, und das sitzende Skelett, dass an zentraler Stelle in Vientiane gefunden wird, ist von solch hungrigen Tieren abgenagt worden, doch wieso und von welchen? Chefinspektor Phosy schickt seine Frau Dtui mit einigen der Knochen zu verdeckten Ermittlungen in den Zoo, wo sie auf den alten Tierpfleger Chong trifft.


"'Da gibt es mehrere Möglichkeiten', sagte er. 'Die Zähne der kleineren Fleischfresser sehen sich ziemlich ähnlich. Aber das…'
Er wies mit einem Nicken auf die dunkle Verfärbung an einem Knochen. Er beugte sich etwas tiefer, schnupperte und hob lächelnd den Kopf.
'… also das ist Fleckenmusangkacke. Ohne jeden Zweifel.'
'Wirklich?', sagte Dtui.
'Für einen Tierpfleger ist ein ausgeprägter Geruchssinn eher Fluch als Segen, gnädige Frau', sagte er. 'Ich kann circa vierzig verschiedene Sorten Scheiße unterscheiden. Ich würde selbst einen Fliegerangriff verschlafen, aber Gerüche halten mich wach. Ich sehe schon, Sie glauben mir kein Wort.'
'Also…' sagte Dtui.
'Schon gut. Sie sind skeptisch. Sie brauchen einen Beweis. Wie wär´s damit? Sie haben Orangenlimo getrunken, keinen Saft, sondern die süße Plörre aus Thailand. Und Sie haben Erdnüsse gegessen. Sie waschen sich mit Lifebuoy-Seife und benutzen irgendein Mango-Shampoo. Vermutlich selbstgemacht.'
'Donnerwetter', sagte Dtui."


(Dr. Siri und das sitzende Skelett, S. 107)



Ungewöhnliche Eigenschaften kennzeichnen die Figuren um Siri. Wortwitz und bizarren Stimmungen in einer noch mystisch geprägten Welt treffen auf den Leser. So werden die eigentlich brutale Handlung und der Vetternkommunismus, der geradezu das politische Rückrad im Land darstellen, erträglich. Die bizarren Situationen, die dadurch entstehen sind der besondere Reiz der Siri Romane. Und so wird diesmal das Rätsel um das sitzende Skelett mit unerwarteten Mitteln gelöst.


Ellen Norten - 5. Juni 2023
ID 14236
Goldmann-Link zu Dr. Siri und das sitzende Skelett


Post an Dr. Ellen Norten

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