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Krimi

Masuren

und der

Nationalismus





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Es gibt Bücher, die werden verfilmt, und wer das Buch zuvor gelesen hat, kann entscheiden, inwieweit die Verfilmung den eigenen Vorstellungen entspricht. Umgekehrt ist es schwieriger, wer zuerst den Film sieht, hat die Bilder im Kopf und wird diese unweigerlich mit den Romanfiguren in Abgleich bringen wollen. Das führt zu Grüberleien nach dem Motto: „Wer ist wer, und war das im Film nicht ganz anders?“ Letzteres ist mir passiert. Ich habe die Folgen von Babylon Berlin im Fernsehen mit Interesse verfolgt und stehe nun vor einem der Bücher, die dazu als Vorlage gedient haben.

Nun liegt die Ausstrahlung schon einige Zeit zurück, ich erinnere mich nur noch halb daran und bekomme keinen rechten Zugang zum Roman. Meine Gedanken schweifen ab, ja, Charlotte Ritter war die junge Frau, die in der Berliner Kriminalpolizei Karriere machen will. Aber wer war Kommissar Rath, und war sie mit einem Kommissar liiert? Dann sehe ich, dass die Neuerscheinung von 2023 sich nur auf die Taschenbuchausgabe bezieht, der Roman stammt von 2012 und ist der vierte von neun Folgen - reingefallen. Nun weiß ich überhaupt nicht mehr, wie und wo ich mich in der Fernsehserie orientieren soll, und klappe das Buch zu.

Neuer Ansatz, ich beginne das Buch zu lesen, als ob es die Fernsehreihe nie gegeben hätte und entdecke einen spannenden Kriminalfall. Ein Toter wird im Aufzug eines Vergnügungstempels gefunden.


"'Also', sagte Karthaus ungeduldig, 'dieser Mann ist, wenn mich nicht alles täuscht, ertrunken.'
Die Spurensicherer schienen Karthaus´ Befund zu kennen, jedenfalls arbeiteten sie mit stoischer Miene weiter.
'Ertrunken?', fragte Rath. 'Ertrinkt man normalerweise nicht im Wasser?'
'Vielleicht wurde die Leiche hier nur abgelegt.'
'Sieht nicht so aus', mischte sich einer der Spurensicherer ein. 'Haben sogar Fußspuren von ihm gefunden. Deutet alles darauf hin, dass er selbst in diesen Aufzug gestiegen ist.'
Der andere Mann schwieg und sicherte in aller Seelenruhe einen Fingerabdruck auf dem Stahlrohr des Gitterwagens.
'Außerdem', fuhr sein Kollege fort, 'ist er mit dem eigenen Lieferwagen angereist. Also, wennse mich fragen: Den hat niemand hier abgelegt.'"


(Die Akte Vaterland von Volker Kutscher, S. 36)



Auf welch raffinierte Art und Weise das Opfer zu Tode gekommen ist, wird spannend geklärt, zudem zwei weitere Todesfälle, die dem gleichen Muster folgen. Alle Toten scheinen mit einer renommierten Schnapsbrennerei in Masuren in Zusammenhang zu stehen, die trotz ihres guten Rufs in Schwarzbrennerei in großem Umfang verwickelt sein könnte. Die Ermittlungen führen Kommissar Rath also nach Ostpreußen. 1932 ist dies über den polnischen Korridor vom Reich getrennt. Neben den komplizierten Recherchen, weiteren Toten erfahren wir viel über die politische Situation vor Ort.

Die Volksabstimmung, die 1920 stattfand und in der die Masuren zwischen Polen und Deutschem Reich entscheiden durften, hat den Nationalismus hochgekocht. Die SA ist nicht mehr verboten, und Polenhass sowie extreme Deutschtümeleien bestimmen die Region, was zu gewalttätigen Ausschreitungen führt. Damit ist der Roman Die Akte Vaterland nicht nur ein spannender Krimi, sondern erklärt auch, wie die Stimmung in Masuren die Machtübernahme von Adolf Hitler begünstigt hat.


Ellen Norten - 11. Juli 2023
ID 14285
Piper-Link zur Akte Vaterland


Post an Dr. Ellen Norten

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