Über Bulimie
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Bewertung:
Die Autorin Barbara Rieger aus Oberösterreich beschreibt in ihrem zweiten Roman Friss oder stirb den Weg der jungen Anne ins Erwachsenwerden, 12 Kalenderjahre zwischen dem 14. und 36. Lebensjahr dauert Annas Coming-of-Age.
Anna hat Probleme, wie viele sie haben: Liebeskummer, Stress mit Mutter und Stiefvater, unsicher im eigenen Körper. Zuerst hungert sie, dann beginnt sie zu essen. Sie isst, wenn sie traurig ist, isst, wenn sie allein ist, isst, obwohl sie abnehmen will. Dann beginnt sie sich zu übergeben und ist schon bald mittendrin und gefangen in einer schweren Essstörung genannt Bulimie. Während nach außen hin alles in Ordnung scheint, kämpft Anna innerlich jeden Tag gegen die Obsession mit dem Essen und dem eigenen Körper. Die zerstörerische Sucht ist für Anna das einzige Mittel gegen die eingebildeten und realen Erwartungen ihrer Umwelt.
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Eltern und Lehrer sollten dieses Buch als Pflichtlektüre bekommen. Obwohl sowohl Eltern als auch Lehrer wissen, dass sich Kinder in der Pubertät ihren eigenen Themen zuwenden und das angeborene Imitieren der Erwachsenenwelt aufgeben, ist unsere Erziehung immer noch darauf ausgerichtet, gerade das zu verhindern. Viele Kinder überstehen das auf den ersten Blick und offensichtlich ohne bleibende Schäden. Charaktere wie Anna gehen dabei fast zu Grunde.
Barbara Rieger schafft es, Anna als eigene starke Persönlichkeit darzustellen, trotz ihrer Krisen und Abstürze haben wir Sympathie für sie. Die Geschichte und der Erzählstil haben einen eigenen Sound, unsere Emotionen werden angesprochen, und es bleibt bis zur letzten Seite spannend. Es ist ein großer Verdienst des Romanes, uns in die Gefühlswelt und Sprache eines an Bulimie erkrankten Menschen zu versetzen. Und es ist ein wichtiger Beitrag dazu, Essstörungen im Allgemeinen und insbesondere Bulimie als normale Suchtkrankheit zu würdigen.
Steffen Kühn - 14. Oktober 2020 ID 12532
Verlagslink zu
Friss oder stirb
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