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Rezension

Pier Paolo Pasolini - „Rom, andere Stadt“

Geschichten und Gedichte
Corso Verlag Hamburg, 2010
ISBN 978-3-86260-001-4


Pier Paolo Pasolini wurde vor 35 Jahren gerade da ermordet, wohin es ihn am meisten zog. In die Vorstädte, dazu noch am Meer. Die Mordszene selbst könnte aus einer seiner berühmten Filme stammen, und doch ist sie real: Er verabredet sich an diesem 2. November 1975 mit einem 17-jährigen in Ostia vor den Toren Roms. Dort soll es zum Streit zwischen ihm und dem Jungen gekommen sein, in dessen Folge der Dichter und Filmemacher (von ihm?) brutal zu Tode geprügelt wurde. Ob es sich um ein Verbrechen im Strichermilieu handelte oder gar ein politischer Auftragsmord war, ist bis heute nicht geklärt. Was von dem stimmgewaltigen Schriftsteller Italiens bleibt, sind zwei Dutzend Filme, eine Handvoll Romane und Gedichtbände, die immer mehr aus unserem kulturellen Bewusstsein zu entschwinden scheinen. Deshalb ist es beachtlich, dass der Corso Verlag in diesem Herbst einen schön gestalteten Band (Fotos: Herbert List) mit unveröffentlichter Prosa, Lyrik und Tagebuchaufzeichnungen Pasolinis herausgegeben hat, die allesamt zum ersten Mal ins Deutsche übertragen wurden (Übersetzungen: Annette Kopetzki und Theresia Prammer).

Pasolinis Gedichte beschwören eine Welt herauf, die heutzutage kaum mehr vorstellbar ist: Die des abseitigen, dunklen und schmutzigen Roms der 50er – 60er Jahre. Es ist die Lebenswelt der Zuwanderer, der Ausgestoßenen, der Diebe, Gauner, Huren und Stricher, kurzum die Welt des ungebändigten Proletariats der Nachkriegsjahre, dessen urwüchsige Kraft den Dichter – kreativ wie sexuell – inspirierte und der er schließlich beinahe sein ganzes Œuvre zu verdanken hat. Wie kein anderer verabscheute Pasolini die biedere Bürgerlichkeit des römischen Stadtzentrums und solidarisiert folglich mit den Menschen der Peripherie, um nur wenige Jahre später – 1973 in einem Interview mit dem römischen „Il Messaggero“ – entsetzt festzustellen, dass die aufkommenden Massenmedien der 70er Jahre nun auch die kulturelle Nivellierung dieser Vorstadtrömer bewirkt und sie zu spießigen Kleinbürgern gemacht hat.

Ganz der Intention des frisch gegründeten Corso-Verlages folgend, überraschen die begleitenden Texte – allen voran das Interview mit Pasolini sowie das kluge Nachwort von Dorothea Dieckmann – mit hochaktuellen Statements Pasolinis zu Gentrifizierung, Migration und Verarmung von Menschen, das diese deutsche Erstübersetzung zu einem politischen Lesebuch par excellence werden lässt!


Arthur S. Janetz - red. 9. November 2010
ID 4916
Pier Paolo Pasolini - „Rom, andere Stadt“
Geschichten und Gedichte
Corso Verlag Hamburg
gebunden, 112 Seiten mit Fotografien
ISBN 978-3-86260-001-4 | EUR 24,90


Siehe auch:
http://www.corso-willkommen.de


E-Mail an den Rezensenten: Arthur S. Janetz



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