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Rezension

Julian Barnes - "Vom Ende einer Geschichte"

Roman
Kiepenheuer & Witsch 2011
ISBN: 978-3-462-04433-1


„Die Erinnerung ist das Tagebuch unserer Seele.“ sagte die deutsche Lyrikerin Roswitha Bloch. Und es stimmt: Längst vergessene Tage werden wieder lebendig. Das einzige Fiasko an Erinnerungen ist, dass sie uns trügen können. Wir können in ihnen unser Leben zurechtbiegen, uns besser dastehen lassen als in Wirklichkeit.

Julian Barnes hat mit Vom Ende einer Geschichte einen Roman geschaffen, der diesen vermeintlich positiven Erinnerungen Raum gibt.

"– langst erkaltetes Badewasser hinter einer verschlossenen Tür. Dieses letzte Bild habe ich nicht wirklich gesehen, aber am Ende ist das, was man in Erinnerung behält, nicht immer dasselbe wie das, was man beobachtet hat."

Ich-Erzähler Tony Webster erinnert sich an die Vergangenheit, seine Jugend, seine Freunde und seine erste große Liebe Veronica. Warum? Weil einen manchmal die vermeintlich guten Erinnerungen der Vergangenheit einholen...

Als der Neue Adrian Finn in die Klasse kommt, freundet sich Tony Webster schnell mit ihm an. Es ist eine Freundschaft, die auch nach der Schulzeit anhält. Doch nachdem es mit Tonys erster Freundin Veronica nicht funktioniert hat, und diese mit Adrian zusammenkommt, hält Tony dies für ein abgekartetes Spiel. Auf Adrians Frage, ob es in Ordnung sei, dass er jetzt mit Veronica gehe, schreibt Tony: : "(...) dass meinerseits alles völlig okay ist, altes Haus."

Tony verfasst jedoch einen zweiten Brief, einen verbitterten, mit wüsten Beschimpfungen: "Ich hoffe, ihr lasst euch so aufeinander ein, dass es beiderseits zu bleibenden Schäden führt."

40 Jahre vergehen, in denen Tony sein Leben lebt und jenes Ereignis zu einer Erinnerung verblasst. Er ist mit sich und seiner Vergangenheit im Reinen. Bis ihn der Brief eines Anwalts erreicht, in dem ihm die Erbschaft von Adrian Finns Tagebuch zugesprochen wird. Dies löst eine Kette von Ereignissen aus - unter anderem den Erhalt jenes Briefes, den er vor 40 Jahren an Finn geschrieben hat. Ihm kommen Zweifel, ob damals wirklich alles so abgelaufen war, wie er es in Erinnerung behalten hat. Und je mehr Tony in Erfahrung bringt, desto zweifelhafter wird das Erlebte.

Julian Barnes schafft es, aus einem durchschnittlichen Leben wie dem von Tony Webster eine spannende Geschichte zu machen. Ab der ersten Seite ist man gefesselt und neugierig, was es mit dessen Erinnerungen auf sich hat. Anfang bis Ende, jede Erinnerung ist wichtig, um das Ganze zu verstehen. Zudem spricht einen der Ich-Erzähler Tony immer wieder persönlich an. "Ich habe nur ein paar kläre Worte für jeden von euch." Die Art, wie Julian Barnes die Geschichte von Tonys Erinnerungen strickt, die Selbstzweifel Tonys, ob alles wirklich so geschehen ist, wie er es sich ausgemalt hat, lässt einen über die eigenen Erinnerungen nachdenken. Am Ende ist es Tony, der mit einem Blick auf seine Geschichte sagt: „Ich habe kapiert.“

Möglicherweise sollten auch wir einmal das „Tagebuch unserer Seele“ neu betrachten.


Tanja Albert – red. 6. Dezember 2011
ID 5525


Siehe auch:
http://www.kiwi-verlag.de


E-Mail an die Rezensentin Tanja Albert



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