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Rezension

Heike S. Mayer Meine allerbeste Freundin. Neurodermitis-Tagebuch

Wiesenburg
1.HJ - Januar 2008
ca. 212 Seiten, 200g, Paperback
ISBN-Nr.978-3-939518-80-8




Interview mit Heike S. Mayer.

Sehr geehrte Frau Mayer, Sie sind seit einigen Jahren als Autorin tätig. Das Lesen Ihres Buches Medea (erschienen 2007 im Wiesenburg Verlag) hatte mir letztes Jahr sehr viel Freude gemacht. Ihre neueste Arbeit Meine Allerbeste Freundin. Neurodermitis-Tagebuch war mir, um ehrlich zu sein, hingegen schwer zugänglich.

Wenn ich Ihre auch schon vorhin gemachten Bemerkungen richtig interpretiere, habe ich den Eindruck, dass Sie schon mit einer gewissen Portion Vorurteil an dieses Buch herangegangen sind, aber das ist ja menschlich. Ich gebe aber zu, dass es mich schon überaus traurig stimmt, wenn ich jemanden mit dem Thema nicht erreichen kann.

Können Sie mir etwas über Ihre Motivation sagen, ein Tagebuch über die Krankheit Neurodermitis geschrieben zu haben.

Ich war immer sehr verärgert, wenn ich Bücher zum Thema „Neurodermitis“ in die Hand bekam und die Autoren ausgesprochen trocken und sachlich darüber berichteten. Es wurde einzig und allein die medizinische Seite abgehandelt, und ich merkte allzu deutlich, dass hier niemand sprach, der selbst an dieser Krankheit litt. In meiner Wut entstand daraus die Idee selbst darüber zu berichten.

Tagebücher sind eine literarische Form, bei der ein Leser einen gewissen Grad an, entschuldigen Sie die Formulierung, ‚enervierend’ authentischen detailgenauen Beschreibungen äußerlicher Symptome eines Krankheitszustandes tolerieren kann.

Da Neurodermitis leider oft ein ständiges auf und ab ist, ohne jahrelange Ruhephasen dazwischen, erschien es mir nur möglich, dies in einem Art Tagebuch darzustellen. Darum wählte ich die, wie Sie so schön sagen, enervierende Form des Tagebuchs, obwohl ich selbst seit Jahrzehnten kein Tagebuch mehr geschrieben habe.

Sie beschreiben in Ihrem ein Kalenderjahr umfassenden Tagebuch akribisch einzelne Ekzeme und Pickel, ihr Kratzen und Verbrühen, aber auch ihren Alltagstress als Mutter, Hausfrau und Autorin. Sie schildern sehr anschaulich die Belastungen durch bestimmte Nahrungsmittel und Kosmetika, auf die ein Neurodermitiker hoch sensibler fast schon seismographisch reagiert.

Nun beschreibe ich ja eigentlich nicht nur die Erlebnisse innerhalb dieses Kalenderjahres, sondern ich berichte auch von Therapien und Erfahrungen, die ich in der Kindheit und auch später gemacht habe.

Sie versuchen, den Lesern ein Leben mit Neurodermitis begreifbar zu machen. Man bekommt jedoch, vielleicht aufgrund der genauen und sich häufig wiederholenden Beschreibung äußerlicher Symptome, den Eindruck einer Art hypochondrischen Übertreibung. Ihren knapper und einfachen Sprachstil, der in Ihrem Buch ‚Medea’ noch einen interessanten Kontrast zum mythologischen Thema der Geschichte bildete und eine zunehmend eingängliche Erzählung zur Folge hatte, hat für mich diesen Eindruck teilweise unterstrichen.

Ich bin überzeugt, dass ich keine hypochondrischen Züge habe. Wenn Sie mich näher kennen würden, würden Sie das auch nicht behaupten. Die Neurodermitis ist wahrlich nicht der einzige Schicksalsschlag, den ich in meinem noch relativ kurzen Leben erdulden musste, dennoch sagen alle zu mir, wie erstaunlich fröhlich ich immer sei.

Als mein Hausarzt mich einmal zu Hause besuchen musste, da mein Mann ihn darum bat, fragte er nebenbei noch, wie es mir in den letzten Monaten ergangen sei. Als ich ihm antwortete, ich wäre doch schon lange nicht mehr in seiner Praxis gewesen, folglich hätte ich eine gute Phase gehabt, erwiderte er, das sage bei mir überhaupt gar nichts aus. Ich käme selbst dann nicht zu ihm, wenn es mir schlecht ginge. Sagt man das zu einem Hypochonder?

Wenn ich heute bei Lesungen aus meiner Buches Medea lese, entdecke ich oft sprachliche Mängel, die mir bei Meine allerbeste Freundin nicht begegnen. Ich habe mich sprachlich auf jeden Fall weiterentwickelt, auch wenn Ihnen das nicht so erscheint. Ein Erfahrungsbericht muss sich – meiner Meinung nach – leicht lesen und nicht mit geschwollenen Sätzen daher kommen. Ich habe immer große Schwierigkeiten gehabt, beispielsweise Texte von Adalbert Stifter zu mögen. Warum sollen Sätze über mehrere Seiten gehen? Es mag daher rühren, dass man im Schulalltag, vor allem mit Kindern, die ein gewisses Handikap haben, einfache verständliche Sätze formulieren muss, dass ich so schreibe, aber: Dies ist mein Schreibstil! Außerdem ist das Schreiben von naiven knappen Sätzen der Puls der Zeit. In der Zeit des SMSens ist die Ausführlichkeit verloren gegangen.

Wie ist die Resonanz von Betroffenen auf Ihr Tagebuch?

Ich bewege mich mittlerweile in den verschiedensten Neurodermitisforen und habe dort ein sehr gutes Feedback zu meinem Buch. Die Neurodermitiker fühlen sich völlig eins mit meinem Text. Sie haben das Buch sehr gerne gelesen. Obwohl mir meine Buches Medea sehr am Herzen liegt und ich auch gerne wieder einen mythologisch angehauchten Roman schreiben würde, habe ich mit dem Neurodermitis-Buch eine bessere Resonanz und weit höhere Verkaufszahlen erzielt. Das Schreiben ist meine Passion, dabei interessiert es mich wenig, ob ich den Zeitnerv treffe, aber wenn mein Buch später auch vom Leser angenommen wird, ist es schon ein unbeschreiblich schönes Gefühl.

Auf dem Buchcover wird angekündigt, dass sich im Tagebuch ein Weg aus Ihrem Leiden abzeichne. Diese Hoffnung konnte ich dem Text nicht so deutlich entnehmen.

Dann haben Sie den Text nicht aufmerksam genug gelesen. Ich wollte es vermeiden fanatisch das Allheilmittel anzupreisen, denn ich hasse es, wenn Leute auf mich zu kommen und mir ihre Wunderpille andrehen wollen. Am meisten aber verabscheue ich jene Bemerkungen, wenn man diese oder jene Therapie mache, sei man geheilt. Und wenn sie einem nicht hilft, dann trage man selbst die Schuld, da man die Diät oder sonst etwas nicht konsequent genug eingehalten hätte. Die Heilung gibt es nicht, denn die Veranlagung zur Krankheit wird man immer in sich tragen. Sein ganzes Leben lang kann sie wieder ausbrechen, wenn irgendwelche Einflüsse das hervorrufen. Und diese können verschiedenster Art sein. Das ist nicht rein vom Essen abhängig, sondern auch von der Psyche, den Hormonen, dem Wetter usw.

Ich habe durchaus meinen Weg mit der Aloe Vera gefunden. Mir geht es sehr viel besser als noch vor drei Jahren. Auch war Dr. Weiss bei meinem Fernsehauftritt in seiner Sendung sehr überrascht. Er hätte die ND nun auf den ersten Blick nicht bemerkt, sagte er. Da aber bei jedem sich diese Krankheit anders verhält, können auch vielen andere Therapien zum Erfolg führen. Dies versuchte ich in meinem Buch zu tolerieren.

Meine Einstellung zu meiner Erkrankung hat sich durch das Schreiben des Buches grundlegend geändert. Während ich anfangs versuchte sie zu bekämpfen oder wenigstens zu ignorieren, habe ich am Schluss angefangen sie zu tolerieren, sie als meine allerbeste Freundin an die Hand zu nehmen und mit ihr gemeinsam das Leben zu meistern. Und das habe ich auch so in Worte gefasst.

Was erwarten Sie von Lesern, denen das Phänomen weniger vertraut ist?

Lesern, die diese Krankheit nicht aus eigener Erfahrung, kennen, können vielleicht ein Verständnis dafür entwickeln. Dann habe ich doch sehr viel erreicht, denn sie haben sich wenn auch nur für kurze Zeit mit der Neurodermitis befasst. Ich habe ihnen bewusst gemacht, was diese Krankheit bedeuten kann und das habe ich einzig und allein mit dem Buch bezweckt. Ich wollte auf diese Erkrankung aufmerksam machen.

Frau Mayer, danke für das Interview!

s.p. – red / 28. Juli 2008
ID 00000003936
Mayer, Heike S.
Meine allerbeste Freundin
Neurodermitis-Tagebuch
ca. 212 Seiten, 200g, Paperback
ISBN-Nr.978-3-939518-80-8
Wiesenburg
1.HJ - Januar 2008


Siehe auch:
http://www.wiesenburgverlag.de/index.php?category=books&subcat=neuerscheinungen&book_id=85





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