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Ausstellung

Farben- und

formenreich

Yayoi Kusama im Berliner GROPIUS BAU


Ausstellungsplakat vom Gropius Bau - unter Verwendung von Yayoi Kusama, Infinity Mirror Room – Phalli’s Field [Detailansicht], 1965; Installation, Mixed Media, YAYOI KUSAMA | Courtesy: Ota Fine Arts, Victoria Miro

Bewertung:    



Farben, Formen, Muster bestimmen das Werk der 1929 in Matsumoto, Japan geborenen multitalentierten Künstlerin Yayoi Kusama. Der Berliner GROPIUS BAU richtet der 92jährigen, die immer noch obsessiv Kunstwerk um Kunstwerk erschafft, auf knapp 3.000 Quadratmetern im gesamten 1. Obergeschoss eine umfangreiche Retrospektive aus. Schon beim Betreten des Atriums fällt einem die raumfüllende Installation A Bouquet of Love I Saw in the Universe ins Auge. Ein Wald von magentafarbenen mit Luft gefüllten und schwarzen Punkten übersäter Kunststofftentakel, die wild in Richtung Oberlicht züngeln und nicht ganz unbeabsichtigt Phallussymbolen ähneln. Die Polkadots sind das Markenzeichen der Japanerin, die schon in jungen Jahren nach ihrer Kunstausbildung erste Ausstellungen mit Gemälden und Collagen in ihrem Heimatland hatte und dann in den 1960er Jahren nach New York aufbrach, um mit wilden Happenings und Installationskunst berühmt zu werden.



Yayoi Kusama: Eine Retrospektive, Installationsansicht “A Bouquet of Love I Saw in the Universe”, 2021, Gropius Bau | Foto: Luca Girardini


In acht Räumen mit dem Titel „Made by Kusama” sind Rekonstruktionen der wichtigsten Ausstellungen der Künstlerin auf der ganzen Welt aufgebaut worden. Historische Texte, Fotografien und Grundrisse der Originalausstellungen machen das Setting und Feeling der Objekte, Skulpturen, Installationen und Aktionen nachvollziehbar. Thematisch orientiert sich die Retrospektive an den einzelnen Schaffensphasen und Werkgruppen der Künstlerin. Beginnend bei den ersten, noch in Japan entstandenen Gemälden, die schon die späteren Formen ihrer akkumulativen Skulpturen und Infinity-Räume vorwegnehmen. Seit Ende 1951 begann Kusamas Phase der sogenannten Infinity-Net-Gemälde. Sie malte immer wieder halbkreisförmige Spiralmuster, die sich scheinbar ins Unendliche ausdehnen. Damit lag sie durchaus im Trend der aus den USA kommenden monochromen Abstraktion. Ihren Ursprung haben diese Formen allerdings in Kusamas Halluzinationen von Lichtblitzen und Punktfeldern, die bei ihr im Alter von ungefähr 10 Jahren einsetzten und die die Künstlerin obsessiv in Bildern und später auch in den Skulpturen und Installationen umsetzte.

Nach anfänglicher Erfolglosigkeit mit ihren Gemälden erregte sie mit den sogenannten Akkumulation-Rooms erste Aufmerksamkeit in der New Yorker Kunstszene. Sie begann, Möbel und andere Gegenstände mit phallusartigen Stoffwülsten zu überziehen. Die Retrospektive zeigt hier beispielhaft die Installation Aggregation: One Thousend Boats Show von 1963. Ein immersiver Erlebnisraum, in dem Kusama ein Ruderboot mit kleinen Stoffphalli überzog. Die Skulptur vervielfachte sie über Wandmalerei in den Raum. Das Prinzip durchzieht die weiteren Räume und Objekte der Ausstellung, bis man schließlich bei den Unendlichkeitsräumen der 1960er bis 2000er Jahre anlangt. Eine interessante immersive Selbsterfahrung, bei der die innen von der Künstlerin verspiegelten Boxen mittels leuchtender Objekte und Lichtwechseln mit den Wahrnehmungen der BesucherInnen spielen.

1966 wurde Kusama dann auch in Europa bekannt. Sie zeigte ohne offizielle Einladung ihre Installation Narcissus Garden auf der Biennale in Venedig. Sie gruppierte 1500 silbern verspiegelte Stahlkugeln auf der Wiese vor dem italienischen Pavillon. Die Endlosspiegelung des Betrachters unter Bezugnahme auf den antiken Narziss-Mythos dient hier aber zur Selbstauflösung des Ichs und der Verschmelzung mit der Umgebung. Das ewige Thema von Kusamas Kunst. Trotzdem bsitzt die Künstlerin auch eine narzisstische Seite. Immer wieder steht sie in Fotografien im Mittelpunkt ihrer Kunstwerke. Der Hang zur Selbstdarstellung zieht sich durch ihr gesamtes Schaffen, was sich in der künstlerischen Teilnahme an Happenings der Hippiebewegung. Fotografisches und filmisches Material in der Ausstellung zeugt von wilden Bodypainting-Performances zu Beatmusik. Und auch Kusamas Polka Dots tauchen wieder in ihren Modekreationen der 1970er Jahre auf.

Kusamas Rückkehr 1973 nach Japan infolge eines psychischen Zusammenbruchs folgt auch eine Rückkehr zur Malerei. Die wilden Jahre scheinen vorbei, aber das Experimentieren mit Mustern und Farben setzt sich ungebremst fort. Die Künstlerin gestaltet ganze Inneneinrichtungen von Galerien und Kulturzentren mit ihren Netzstrukturen, Kürbissen und Polka Dots. Im Gropius Bau überzeugen vor allem ihre großformatigen abstrakten Variationen von Netzen, biomorphen Mustern, Punkten und Phalli. Endlich erlangte die Künstlerin auch Anerkennung im eigenen Land. 2017 eröffnete Yayoi Kusama in der Nähe ihres Ateliers in Tokyo und der psychiatrischen Klinik, in der sie seit 1977 freiwillig lebt, ihr eigenes Museum, das durch eine Stiftung finanziert wird.

Die Popularität von Kusamas Kunst im öffentlichen Raum ist durchaus vergleichbar mit der der Verpackungskünstler Christo und Jeanne-Claude oder der von Niki de Saint Phalle, Mutter der Nana-Figuren, und könnte durch diese große Retrospektive im Berliner GROPIUS BAU noch befördert werden. Bis zum 15. August besteht noch die Chance, eines der heiß begehrten Zeitfenstertickets zu ergattern.



Yayoi Kusama: Eine Retrospektive, Installationsansicht “THE SPIRITS OF THE PUMPKINS DESCENDED INTO THE HEAVENS”, 2021, Gropius Bau | Foto: Luca Girardini

Stefan Bock - 19. Juli 2021
ID 13035
Weitere Infos siehe auch: https://www.berlinerfestspiele.de/en/gropiusbau/start.html


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