Paul Klee
und die
poetische
Leichtigkeit
des Seins
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Bewertung:
Wenn man an den Maler und Grafiker Paul Klee (1879-1940) [s. auch Sonderklasse, unverkäuflich] denkt, so hauptsächlich an seine abstrakten Werke, eine Welt in bunte Felder zerlegt oder an die raffinierte Naivität seines Primitivismus. Aber Paul Klee ist viel mehr, viel vielseitiger. Vielseitig in seiner technischen Experimentierfreudigkeit, vielseitig in seinen Ausdrucksformen.
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In den verschiedenen Abschnitten der Ausstellung Paul Klee. Alle origini dell’arte (dt.: Am Ursprung der Kunst) im MUDEC Mailand tritt uns immer wieder ein anderer Paul Klee entgegen: Paul Klee der Karikaturist, Paul Klee der kosmische Illustrator, der fantasievolle Semiologe, der Marionettenkonstrukteur.
Seine Bilder sind von sanftem Leben erfüllt, Bäume, eine kleine Schnecke im Grünen, Fische, tief unten im dunklen See. Aber auch ein Haus wird beseelt im Bildnis eines Hauses (1935). Dieselbe Poesie klingt in seinen abstrakteren Werken nach, auch seine geometrischen Formen sind beseelt.
Einfach, ganz einfach, scheint das Ganze, wie ein Kinderspiel, wo „eine Linie … ein Punkt (ist), der spazieren geht”. Und was ist folglich Zeichnen? „… die Kunst, Striche spazieren zu führen.“ In seinen Tagebüchern erklärt uns Klee seine wundervolle Welt, in seinen Werken können wir darin eintauchen.
Einen kunstvollen Spaziergang führen diese Striche sicher bereits in den frühen Zeichnungen, wo der vielleicht dem breiten Publikum weniger bekannte Paul Klee als Karikaturist überzeugt, sowohl technisch wie konzeptuell. Es ist oft eine melancholische Ironie, nie böser Sarkasmus, der sich in diesen Radierungen und Lithographien äußert. Die Serie der Inventionen präsentiert uns verschiedene tragisch-komische Figuren: Der Held mit dem Flügel (1905), der sich seiner Unzulänglichkeit nicht bewusst ist, die Jungfrau im Baum (1903), in ihrer lasziven Pose an göttliche Vorgängerinnen erinnernd – nur hat die Arme leider keinen Divan um sich auszustrecken und macht daher ein recht grantiges Gesicht.
Einige Themen kehren immer wieder und werden immer wieder neu ausgearbeitet; die Engelsfiguren, Mittler zwischen Diesseits und Jenseits, sind nicht nur während seiner kosmischen Periode präsent. Und die Welt der Zeichen, Ideogramme, Alphabete, Zahlen, Symbole. Paul Klee war vom Studium der Zeichen fasziniert, von der sumerischen Keilschrift, von germanischen Runen bis hin zur arabischen Kalligraphie. Aus diesem Substrat schöpfend, hat er neue Zeichenwelten erschaffen, um eine Welt im Werden darzustellen. Ein immerwährendes Experimentieren um der Vielfalt des Seins zurecht zu werden.
Klee hat sich, wie viele seiner Zeitgenossen, nicht der Faszination der extra europäischen Kunst entzogen. Zeichen und Artefakte aus verschiedenen Kulturen, aus verschiedenen Zeiten, kunsthistorisch noch nicht eingereiht und gerade deshalb anziehend und geheimnisvoll als das Andere.
Auch der Künstler ist der „Andere“, der in verschlossene Welten eindringen kann, Welten die dem Menschen meist unzugänglich sind, Welten die nur Kindern, Irren und Primitiven sich öffnen. Denn: “Kunst ist ein Erinnern an das Uralte, Dunkle, von dem Fragmente noch im Künstler leben."
Primitivismus und Naivität sind auch in seinen Marionetten vereint, für seinen Sohn Felix geschaffen. An die 50 Figuren produziert Klee, und als Material kann alles dienen was so im Haus und Atelier herumliegt: Knochen, Rasierpinsel, Stromstecker.
„Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern Kunst macht sichtbar.“ Was Paul Klee sichtbar macht, ist sicherlich sein poetisch-lyrisches Weltgefühl - und wir können daran teilnehmen, die Augen weit öffnen.
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Paul Klee, Waldbau, 1919, 27,5 × 25,5 cm, Aquarell, Mailand, Museo del Novecento © Roberto Mascaroni /Saporetti Immagini d'Arte, Milano
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Sylvia Schiechtl - 14. Februar 2019 ID 11219
Weitere Infos siehe auch: http://www.mudec.it
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