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Werkbetrachtung

Portrait de Germaine de Staël

en Corinne au Cap Misène


von Élisabeth Vigée-Lebrun

(1755-1842)



Madame de Staëls (1766-1817) autobiografischer Roman Corinne ist nicht nur die Liebesgeschichte zwischen einer italienischen Dichterin und einem englischen Adligen, sondern auch eine umfassende Beschreibung der italienischen Kultur. Madame de Staël/Corinne ist eine literatur- und kunstbegeisterte Frau mit einem großen Freiheitsdrang, deren Liebe zu einem Mann zum Scheitern verurteilt ist, weil er trotz einer großen Seelenverwandtschaft nicht mit ihrer Forderung nach Emanzipation zurechtkommt. Korinna war übrigens neben Sappho eine bedeutende antike Dichterin. Die französische Porträtmalerin Élisabeth Vigée-Lebrun (1755-1842) malt 1807 ein Portrait der Schriftstellerin, dem sie den Titel Corinne [eigtl.: Portrait de Germaine de Staël en Corinne au Cap Misène] gibt. Der Roman gleichen Namens sollte die französische Romantik entschieden beeinflussen.


Portrait de Germaine de Staël en Corinne au Cap Misène von Élisabeth Vigée-Lebrun (1755-1842) | Bildquelle: Wikipedia


Die junge Frau, die das Gemälde beinahe voll ausfüllt und perspektivisch gesehen viel zu prominent im Bild sitzt, sieht auf den ersten Blick eher wie eine einfache, rotbackige Frau aus dem Volke aus, nicht wie eine Dichterin oder eine musizierende Bildungsreisende in Italien. Nur die weiße Haut und ihre weichen Hände zeigen, dass sie nicht körperlich arbeiten muss. Lebrun malt sie in einem griechischen, ärmellosen Kleid und lässt den einfachen, braunen, am Saum verzierten Mantel bis auf ihre Hüften herunterfallen, wo er sich eng und in uneleganten Falten um ihre kräftigen Schenkel legt. Zwanglos und befreit von erstickenden Konventionen trägt sie kein Mieder, und es sind keine Schnüre zu sehen, die ihren Körper einzwängen wollen. Weder Schmuck noch Bänder zieren ihren Hals oder ihre unordentlichen Haare auf dem zu klein geratenen Kopf. Das edle Musikinstrument hält sie eher vorsichtig im linken Arm, und obwohl sich die Finger der rechten Hand auf die Saiten zubewegen, berühren sie sie nicht. Corinne sitzt auf einer grünen Wiese, die sich wie ein weiches Kissen um sie schmiegt. Sie blickt nicht auf ihre Laute sondern weit weg, lächelt unsicher und verlegen, aber nicht mutlos in eine ferne Zukunft. Rechts von ihr nur grüne Landschaft und ein paar Bäume, vor dem Hintergrund blauer, sanfter aber baumloser Hügel. Ein bewölkter Tiepolo-Himmel liegt über der Szene. Laut Aussage der Künstlerin sitzt Corinne am Cap Misenium, das ist ein nach einem Gefährten von Aeneas benannter Felsen am Golf von Neapel. Allerdings gibt es in dem Bild keinen Hinweis auf Meeresbuchten oder auf einen Hafen. Die Szene scheint sich eher im Binnenland abzuspielen, sie könnte eine Fantasielandschaft sein, denn die Künstlerin hat rechts oben im Bild auf einem Berg einen römischen Tempel gemalt, der sich, zusammen mit den Wasserfällen rechts unten auch in Tivoli oder in der römischen Kampagne befinden könnte. Die Frau hat sehr schwarze, lockige Haare, die hart aus dem ansonsten aus Erdfarben konstruierten Werk hervorstechen. Von einer Pestepidemie, einem englischen Kriegsschiff in der Bucht von Neapel, Karnevalsepisoden oder sonstigen Ereignissen, die im Roman erzählt werden und die meist auf Selbsterlebtem während Madame de Staëls Italienreise, die sie mit ihren drei Kindern und dem Hauslehrers Wilhelm Schlegel unternommen hatte, erzählt das Gemälde nichts. Auch auf die für Madame de Staël typische aufwendige Kopfbedeckung hat Elisbeth Vigée-Lebrun verzichtet und sich ausschließlich auf die Darstellung einer unsicheren, physischen und psychischen Freiheit von Corinne beschränkt.


Das Bild misst140 x 118 cm, entstand 1808 und hängt heute im Genfer Musée d’Art et d’Histoire.
Christa Blenk - 27. Oktober 2023
ID 14449
Die französische Künstlerin Élisabeth Louise Vigée-Lebrun hatte sich vor allem auf Porträts des europäischen Adels spezialisiert. Als 24jährige wird sie von Königin Marie-Antoinette zur Hofmalerin ernannt, ein paar Jahre später in die Akademie der Bildenden Künste aufgenommen und konnte so jährlich ihre Arbeiten im Salon de Louvre zeigen. Die Revolutionsjahre verbrachte Lebrun im Ausland und auf Reisen, ähnlich Madame de Staël [die Autorin des autobiografischen Romans Corinne], die mit ihren unterschiedlichen Reisebegleitern, Liebhabern oder Ehemännern aber vor allem durch Italien zog. Von Rom ging Lebrun nach Wien, Berlin, Dresden, St. Petersburg und London und kehrte 1809 hochgeschätzt, vermögend und umjubelt nach Paris zurück, obwohl sie während der Revolution auf der Liste der Emigranten stand und sämtliche Rechte sowie ihren kompletten Besitz verloren hatte.

Die Schicksale beider Frauen gleichen sich, was Emanzipation, Flucht, Neuanfang und Reisen angeht. Beide waren ambitiös, bildungs-und lebenshungrig. 1802 weilte die französische Malerin Elisabeth Vigée-Lebrun eine Zeitlang bei Madame de Stael auf deren Schweizer Domaine Coppet.

Lebruns Werke, darunter 660 Porträts sowie 200 Landschaftsbilder sind dem Rokoko und später dem Klassizismus zuzuordnen. In Deutschland kann man Bilder von ihr im Schloss Charlottenburg sehen. Sie hat insgesamt 37 Selbstportraits gemalt, das bekannteste ist das Autoporträ mit Strohhut (1782).


Wikipedia-Link zum Corinne-Portrait


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