PANORAMAMUSEUM mit Werner
Tübkes Bauernkriegspanorama
in Bad Frankenhausen
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Die beschauliche thüringische Kleinstadt Bad Frankenhausen schmückt sich seit 1989 mit einem ganz besonderen Museum - dem PANORAMAMUSEUM - , in dem es eigentlich nur ein Gemälde zu bestaunen gibt. Nämlich Werner Tübkes monumentales Bauernkriegspanorama. Auf einer Länge von 123 Metern und einer Höhe von 14 Metern präsentiert Tübke seine Frühbürgerliche Revolution in Deutschland, in einem weithin sichtbaren zylindrischen Bau.
360° Grad Panoramen, kennen wir heute von Yadegar Asisi [Titanic in Leipzig
oder Pergamonmuseum. Das Panorama in Berlin], der mittels modernster Technik Geschichte erlebbar macht. Werner Tübkes monumentale Darstellung über den Bauernkrieg schuf dieser innerhalb von 11 Jahren auf 2.400 Quadratmetern gewebter Leinwand und mit 1,5 Tonnen Ölfarbe. 2025 jährt sich der Bauernkrieg und die berühmte Schlacht bei Bad Frankenhausen zum 500. Mal und verleiht dem Museum eine besondere Aktualität.
Südlich des Harzes liegt der kleine Höhenzug des Kyffhäusers. Am südlichen Rand der Berglandschaft liegt die Kleinstadt Bad Frankenhausen. Hier tobte vor 500 Jahren, genau am 15. Mai 1525, eine der entscheidenden Schlachten des Bauernkrieges. Etwa 8.000 Aufständischen, überwiegend Bauern, stand ein Heer von etwa 6.000 gut ausgerüsteten und teils kampferprobten Landsknechten gegenüber. Während bei der Schlacht innerhalb eines Tages etwa 6.000 Bauern ihr Leben verloren, gab es auf der Seite der Landsknechte fast keine Opfer.
Das Heer der Bauern wurde unter anderem von dem damals sehr bekannten Prediger Thomas Müntzer angeführt, der als „Knecht Gottes wider die Gottlosen“ zum Kampf gegen die Obrigkeit aufrief. Martin Luther ist ursprünglich ein Gefolgsmann von Müntzer gewesen. Uneinig wie die Kirche reformiert werden könne, wandte sich Luther letztlich von Thomas Müntzer und den Bauern ab und verriet ihre Interessen an die des Adels und der Obrigkeit. Im ganzen Gebiet des deutschen Reiches kam es Anfang des 16. Jahrhunderts zu Aufständen der geknechteten Bauern, gegen die Unterdrückung durch Adel und Kirche. Nach anfänglichen Erfolgen der Aufständischen wendete sich das Blatt und die Landsknechte drängten die Bauern immer weiter zurück. Die Schlacht am Rand von Bad Frankenhausen markiert als letztes großes Gefecht das Ende der Bauernkriege. Thomas Müntzer wurde gefangengenommen, gefoltert und wenige Tage später vor den Toren von Mühlhausen geköpft.
Vor diesem geschichtlichen Hintergrund beschließt die Parteiführung der DDR 1973/74 eine Gedenkstätte für den deutschen Bauernkrieg auf historischen Boden zu errichten. So lautet die Adresse bis heute „Am Schlachtberg“. Der Bauernkrieg sollte als frühbürgerliche Revolution in Deutschland begriffen werden und den Kampf der unterdrückten Volksmassen gegen die Ausbeuterklasse darstellen. Beabsichtigt ist „für die sozialistische Wehrerziehung, besonders der Jugend, für die Ausbildung des sozialistischen Patriotismus starke emotionale Wirkungen auszulösen“, so steht es in der Beschlussvorlage des Ministeriums für Kultur aus dem Jahr 1974.
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Das PANORAMAMUSEUM in Bad Frankenhausen | Foto: Zaubi M. Saubert
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Bereits im gleichen Jahr erflogt die Grundsteinlegung für einen gewaltigen Rundbau, der aus vorgefertigten Betonfertigteilen errichtet wird. Zu diesem Zeitpunkt ist noch unklar, welcher Künstler mit der Ausgestaltung des Panoramagemäldes der Gedenkstätte beauftragt werden soll. 1976 wird der Rektor der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, Werner Tübke, mit der Ausführung beauftragt. Er nimmt den Auftrag an unter der Bedingung, dass man ihm bei der Umsetzung freie Hand lässt.
Tübke vertieft sich über zwei Jahre lang in den Alltag des Mittelalters und die Literatur des Bauernkrieges sowie die technische Umsetzung eines gewaltigen Panoramabildes. Er fertigt im Rahmen seiner Vorstudien etwa 150 Zeichnungen und Lithografien an und orientiert sich dabei an den Bildern der damaligen Zeit und verleiht seinem Werk so ein hohes Maß an Authentizität. Aus diesen Studien entwickeln sich Einzelbilder als szenische Bestandteile seines Werkes. Hierbei lässt er verschiedene Bilderzählungen neben- und ineinander greifen und versteht es auch diese perspektivisch in Einklang zu bringen.
1979 entsteht ein Entwurf im Maßstab 1:10, der aus fünf großen Einzeltafeln besteht. 1981 wird das unfertige Werk durch eine Kommission des Staatsrates begutachtet und abgenommen. Mittels Kunststofffolien nimmt Tübke die Konturen des Bildes ab, überträgt sie auf Fotopapier und bringt sie dann mittels Episkope in zehnfacher Vergrößerung auf die Leinwand.
Der Untergrund des gewaltigen Bildes ist eine Herausforderung für sich, da es aus einem Stück gewebt sein muss, was in der DDR nicht zu realisieren ist. Es wird ein sowjetisches Textilkombinat beauftragt eine Leinwand in den Maßen von 146 x 16,4 Metern aus Flachsgarn herzustellen. 1978 erfolgt die Anlieferung mit einem Schwertransport. Mittels 576 Metallschellen wird die 1,1 Tonnen schwere Leinwand an einem Stahlring befestigte und von 54 Männern auf 15 Meter Höhe gezogen und gespannt. Die folgende fünffache Grundierung wird 1982 von Spezialisten aus der Sowjetunion aufgebracht.
Erst dann erfolgt im August 1983 der erste Pinselstrich der Endversion. In den ersten fünf Monaten malt Tübke alleine auf einem Gerüst. Erst dann kommen nach und nach 15 Künstlerkollegen hinzu, die von Tübke aufs genauestens instruiert wurden, in seinem Stil zu malen. Es wird in zwei Schichten, sieben Tage die Woche, vier Jahre lang, streng nach einer festgelegten Tagesplanung gearbeitet.
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Den Besucher erwartet ein einzigartiges monumentales Gemälde das im jahreszeitlichen Wechsel natürlich die Schlacht bei Bad Frankenhausen, aber auch das mittelalterliche Leben allgemein und den Übergang zur Neuzeit bildgewaltig mit über 3.000 Einzelfiguren darstellt. Man nähert sich der Rotunde über eine Treppe von unten und erreicht eine dunkle kreisrunde Halle, an deren Seiten sich das gewaltige Gemälde in die Höhe schiebt. Sitzgelegenheiten sorgen dafür, dass der Gast sich ganz in diesen Augenschmaus verlieren kann. Über den Audioguide erschließt sich die Bedeutung der einzelnen Szenen und wem das zu viel Information ist, der lässt sich einfach von den überbordenden bildgewaltigen Szenen mitreißen und seinem Geist freien Lauf. Alleine der Detailreichtum zieht auch weniger Kunstinteressierte in ihren Bann.
Zum Museumsangebot gehören kostenlose Audio Guides mit unterschiedlicher Länge sowie ein Tübke Kabinett, wo der Entstehungsprozess näher erläutert wird. Die aktuelle Sonderausstellung, natürlich zum Thema Bauernkrieg, ist im September 2025 bereits beendet. Nach dem spektakulären Museumsbesuch lockt ein Café mit Terrasse. Den Eingang zieren vier Bronzeplastiken der niederländischen Bildhauerin Lotta Blokker. Sehr schön ist auch der Ausblick ins weite Land, bzw. auf das einstige Schlachtfeld, da die Rotunde auf dem Höhepunkt des Schlachtberges errichtet wurde.
Zu erreichen ist das Bauernkriegspanorama (die auf der Website des Museums so bezeichnete "Sixtina des Nordens") leicht über die A38, etwa 25 Kilometer von der Abfahrt Berga. Bei einem Spaziergang durch das Städtchen Bad Frankenhausen kann man den schiefen Turm der Oberkirche bestaunen, der immerhin einen Überhang von 4,60 Meter aufweist. Der Marktplatz vor dem Rathaus lässt manch einen Besucher gruseln, wurden hier doch am Tag nach der Schlacht 300 gefangen genommene Bauern hingerichtet. Im Gebirgszug des Kyffhäusers lohnen noch die sogenannte Barbarossahöhle sowie das gewaltige weithin sichtbare Kyffhäuser-Denkmal (zu Ehren Kaiser Wilhelms I.) aus rotem Sandstein, einen Abstecher.
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Zaubi M. Saubert - 26. September 2025 ID 15477
Panorama Museum
Am Schlacht,berg 9
D-06567 Bad Frankenhausen
E-Mail: info@panorama-museum.de
Öffnungszeiten:
Di - So inkl. Feiertage | 10 - 17 h
Tickets:
9,50 EUR
8,50 EUR ermäßigt
4 EUR Kinder (6 - 16 Jahre)
Weitere Infos siehe auch: https://panorama-museum.de
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