Brehms Welt
im ostthüringischen Renthendorf
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Alfred Brehms Geburts- und Sterbehaus | Foto: Zaubi M. Zaubert
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Brehms Tierleben, damit sind die Älteren groß geworden, die Jüngeren kennen es schon kaum noch. Alfred Brehm (1829-1884) war ein großer Naturforscher, Zoologe und Sachbuchautor. Er wurde im ostthüringischen Renthendorf geboren. Sein Vater Christian Ludwig Brehm war Dorfpfarrer und Ornithologe. Er besaß eine Sammlung von über 9.000 präparierten Vögeln und weckte damit schon früh das Interesse seines Sohnes für die Zoologie. Nach Maurerlehre und einem angefangenen Studium der Architektur nahm sein Leben 1847 seine entscheidende Wendung.
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Brehms Tierleben in unterschiedlichen Publikationen | Foto: Zaubi M. Saubert
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Als Sekretär des Vogelkundlers Johann Wilhelm von Müller begleitete er diesen auf eine fünfjährige Expedition durch Afrika. Von dieser Reise brachte er zahllose Tiere, lebend oder präpariert, mit nach Deutschland zurück und begann in Jena ein Studium der Naturwissenschaften welches er mit einem Doktorgrad abschloss. Aus dieser Zeit ist überliefert, dass seine beiden mitgebrachten Affen gerne einmal auf seinem Hausdach herumturnten. Es folgten weitere Reisen und Expeditionen. 1863 wurde in Hamburg der Zoologische Garten eröffnet. Alfred Brehm wurde sein erster Direktor. Er machte den Zoo zu einer Bildungsstätte für die breite Öffentlichkeit, die sich in dieser Zeit auch für die Tierwelt zu interessieren begann.
Damals erschienen seine ersten Illustrirten Thierleben. Seit 1876 als Brehms Thierleben. Diese trugen maßgeblich zur Popularisierung der Naturwissenschaften im 19. Jahrhundert bei. Zuletzt wurde 1981 Brehms Neue Tierenzyklopädie in zwölf großformatigen Bänden herausgegeben. Aber es gab Brehms Tierleben auch als „einfaches“ Tierlexikon, einen dicken Wälzer im handlichen Ziegelsteinformat. In diesem wurde unsere Tierwelt, die heimische wie die exotische, umfassend kategorisiert und teilweise sogar liebevoll abgehandelt. Neben seinen wissenschaftlichen Abhandlungen bestach Brehms Tierleben durch seine hervorragenden präzisen und detaillierten Tierabbildungen in gezeichneter Form. Die Photographie steckte damals noch in den Kinderschuhen.
Weitere Reisen führten Alfred Brehm im Lauf seines Lebens von Sibirien über China bis in die USA. 1884 kehrte er letztlich in sein Geburtshaus in Renthendorf zurück, wo er am 11. Mai 1884 verstarb.
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Dass diesem Forscher ein Museum gewidmet ist, wissen wahrscheinlich die wenigsten. Es wurde 1946 von seiner Tochter Frieda Poeschmann in eben jenem Geburtshaus eröffnet. Einen ersten Hinweis zu einem solchen und dem Wohnhaus Brehm überhaupt findet man an der Autobahn A9, unterhalb des Hermsdorfer Kreuzes. Dort wird auf einem braunen Schild für Sehenswürdigkeiten auf eine Brehm Gedenkstätte hingewiesen. Verlässt man die Autobahn an der Abfahrt Lederhose und fährt auf kleinen Straßen ein paar Kilometer durch den Thüringer Wald, gelangt der Reisende ins Dörfchen Renthendorf (südlich von Jena). Hier hat der berühmte Tierforscher gelebt und gearbeitet. Etliche Häuser aus der damaligen Zeit, wie das Pfarrhaus sind noch erhalten.
Das Geburts- Lebe- und Sterbehaus von Alfred Brehm [s. Foto o.re.] ist ein zweigeschossiger Bau aus rotem Ziegel mit Satteldach und Holzspalier, umgeben von einem hübsch gestalteten Rosengarten, so wie die Brehms ihn angelegt hatten. Auf der Rückseite entsteht zum 80- jährigen Jubiläum des Museums im kommenden Jahr gerade ein Erweiterungsbau. Auf dem Dorffriedhof kann man auch sein Grab besuchen. In dem Wohnhaus der Familie Brehm erwartet den Besucher eine Zeitreise ins 19. Jahrhundert. Die Holztreppe, die Dielenböden, die Tapeten, dazu viele originale Möbel; die originalen Arbeitsstätten von Alfred und seinem Bruder Christian Ludwig Brehm; ebenfalls Naturforscher und auf einer gemeinsamen Expedition tödlich verunglückt; machen das Leben in der damaligen Zeit erlebbar.
In diesem Museum wird das Leben und Arbeiten von Alfred Brehm geschildert. Dazu gehört auch ein Teil der umfangreichen Korrespondenz der Familie, sowie Reisetagebücher die ausgestellt werden und eine große Bibliothek. Optisch springen natürlich Reisesouvenirs wie ein riesiger Nilpferdschädel oder Teile der ornithologischen Sammlung hervor.
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Brehms Affen | Foto: Zaubi M. Saubert
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Gebrochen wird das Ambiente der Ausstellung durch zwei ausgestopfte Affen [s. Foto oben], die auf dem Biedermeiersofa und einem Stuhl im Wohnzimmer sitzen. Auch der Blickkontakt zwischen einem Raben und einem Wolf bietet einen interessanten Kontrast.
Ein besonders schönes Exponat ist ein alter eiserner Herd, auf dem der Besucher neben einem Topf, die vier Stationen einer etwas speziellen Geflügelzubereitung verfolgen kann. Teller eins zeigt den toten Vogel, halb gerupft. Auf dem Brett darunter ist der Vogel gerupft und küchenfertig vorbereitet. Rechts daneben findet er sich bereits in der Pfanne wieder, mit dicker Soße und Beeren. Es folgt der Teller, wo die Wacholderdrossel mit Speck, Soße und einem Kanten Brot serviert wird. Forscher isst Versuchstier. Wohl bekomm’s.
Während ich noch das etwas gewöhnungsbedürftige Arrangement betrachte, steigt mir plötzlich appetitlicher Essengeruch in die Nase. Setzt das Museum hier nicht nur auf optische sondern auch auf olfaktorische Reize, frage ich mich verdutzt. Wenige Meter nebenan sehe ich den Museumswärter in seinem Kämmerchen sitzen. Auf meine erstaunte Frage nach der Geruchsquelle lacht er nur und sagt, dass der Geruch von seinem Mittagessen stammen würde und verwies auf einen leeren Teller. Die Frage, ob seine Frau ihm heute Wacholderdrossel eingepackt hat, verkneife ich mir.
Am Museum selbst ist gerade ein Neubau vor der Fertigstellung. Man kann gespannt sein, was den Besucher erwartet. Das Flair des 19. Jahrhunderts, den das alte Haus atmet, wird er sicherlich nicht überbringen können. Ein Besuch in Brehms Welt in Renthendorf besticht nicht nur durch seine spannenden Inhalte zur Zoologie, sondern auch durch seine Atmosphäre.
Und wenn man mal in der Nähe des Hermsorfer Kreuzes (A4/A9) ist, dann ist es nur ein Affensprung bis zu Brehms Welt.
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Der Herd des Forschers | Foto: Zaubi M. Saubert
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Zaubi M. Saubert - 23. Juni 2025 ID 15321
Brehms Welt
Dorfstraße 22,
07646 Renthendorf
Tel.: 036426 - 222 33
info[at]brehms-welt.de
Öffnungszeiten
Mo | geschlossen
Di - Fr | 14 - 17 h
Sa, So | 11 - 17 h
Eintrittspreise
7 EUR
3 bzw. 2 EUR (erm.)
12 EUR (Familienticket)
Weitere Infos siehe auch: https://www.brehms-welt.de
Post an Zaubi M. Saubert
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