Leidenschaft und Ostinato
Barockmusik mit DJ Michael Glasmeier
|
|
Bewertung:
"Leidenschaft" hatte der DJ, er wippte mit, als wäre es Pop-Musik und nicht Barock von Bach, Händel, Vivaldi oder Monteverdi.
"Ostinato" meint hartnäckig und eigensinnig, und in der Musik sind es die sich ständig wiederholenden Melodie oder Rhythmus, wo jeder mit muss. Nein, wir sollten still sein, was allerdings nicht so ganz klappte. Vier Stunden sind ja auch kein Pappenstil, trotz Matratzen, Fatboys, Liegestühlen, Wein und Snacks. Ganz einladend das Ganze.
|
Das ist Jan Holtmann vom KunstHasserStammTisch | Foto (C) Liane Kampeter
|
Der KunstHasserStammTisch mit Jan Holtmann hat das wieder gut eingefädelt.
Unter seiner Schirmherrschaft läuft dieses Projekt nun schon seit 2007, eine Plattform für performative Kunstkritik, auch genannt die "noroomgallery". Es laufen drei bis fünf Formate im Jahr.
Seitdem ist Jan immer wieder für eine Überraschung gut. Kegeln in der Behörde wird dann "eine ruhige Kugel schieben" genannt. Im Übrigen sind diese Forschungsprojekte u.a. Kunst&Stadtentwicklung durch die Hamburger Kulturbehörde gefördert.
Schon im Jahr 2002 auf der Biennale hatte sich diese Idee einer anderen Kunstpräsentation moduliert. Warum sollen es immer die Kuratoren sein, die eine Ausstellung bestimmen? Und warum immer ein White Cube?! So ging es los, dass Projekte direkt mit den Künstlern entwickelt wurden, ein Warm-up sozusagen, um Kunstwahnsinn in die Welt zu bringen und auch um Dampf abzulassen.
Beuys hätte es gefallen.
|
"Macht es euch bequem!“ war das Motto | Foto (C) Liane Kampeter
|
Dieser Abend dann hatte zunächst einen didaktischen Teil, einen tanzbaren Teil und einen Teil purer Schönheit. Da sollte man spätestens die Taschentücher rausholen. Was wurde rausgeholt? Smartphones für das gewohnte Surfen und um auch hier ein paar Selfies zu machen. Sind wir es nicht mehr gewohnt, vier Stunden still zu sitzen und der Musik zu lauschen? Nein, es ist alles erlaubt: rumlaufen, tanzen, auf Klo gehen... oder der besonderen Akustik und Stimmung frönen.
Wir hören Vivaldi auf eine neue Art, und wunderbarer Gesang erklingt in dieser Barockkirche, selten solch weibliche Solostimmen gehört oder die Sopranstimmen von Knaben (der Engel-Gesang), sie verschmelzen im Nichts. Ich erfahre, dass es viele Interpretationen gibt, und allen ist der Wunsch nach Transformation eigen - spiritueller Aspekt von Kunst.
Texte wie "Ich stehe mit einem Fuß im Grabe, drum lass mein Ende selig sein" haben wiederum etwas Menschliches. Mir kommen schon die Tränen. Das Thema jetzt ist auch Ebbe und Flut.
Es geht um Erhabenheit jenseits von Erde, Hölle, Schuld und Sühne, Angst und Tod.
Und deshalb sind auch viele gekommen - bereit einem DJ zu folgen, der wie selbstverständlich den auch oft schwierigen CD-Player wuppen musste und dabei jedes Mal das kommende Stück ansagte, mit persönlicher Note, bis hin zu einer Wiederholung, weil ihm ein Stück so gefiel.
Es geht hier also um eine eigene Präsentation und Vermittlungsform der Kunst. Situationen können als Trojanisches Pferd genutzt werden, um Kunst zu verbreiten. Jan Holtmann ist dabei äußerst verspielt und erfindungsreich. Er wird von freien Künstlern unterstützt, wirklich andersartige Ideen auszuprobieren. Ich selbst hatte mich mal hinreißen lassen, im nicht getragenen Hochzeitskleid (weil grün) die „Lorelei" zu singen. Es war der Abend der Liebe mit einem bekannten Theatermacher.
Menschliche Gefühle und Ausrutscher sind also herzlich willkommen, das Manifest schlägt vor, Räume zu bespielen wie Ausstellungswiesen. Kunst kann überall stattfinden! Vielleicht sind es auch Dächer oder Hotels.
|
Das ist DJ Michael Glasmeier - bei der Arbeit | Foto (C) Liane Kampeter
|
Liane Kampeter - 17. Januar 2016 ID 9081
Weitere Infos siehe auch: http://www.noroomgallery.com/
Post an Liane Kampeter
http://www.liane-kampeter.de
Hat Ihnen der Beitrag gefallen?
Unterstützen auch Sie KULTURA-EXTRA!
Vielen Dank.
|
|
|
Anzeigen:
Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN
Rothschilds Kolumnen
AUSSTELLUNGEN
BIENNALEN | KUNSTMESSEN
INTERVIEWS
KULTURSPAZIERGANG
MUSEEN IM CHECK
PORTRÄTS
WERKBETRACHTUNGEN von Christa Blenk
= nicht zu toppen
= schon gut
= geht so
= na ja
= katastrophal
|