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Ausstellung

Eckersberg -

Faszination

Wirklichkeit



Christoffer Wilhelm Eckersberg, Stehendes männliches Aktmodell, Carl Frørup, 1837 | Foto: Frida Gregersen

Bewertung:    



Warum eine Retrospektive Christoffer Wilhelm Eckersberg?

Bisher war er hier zu Lande unbekannt.

Für Dänemark allerdings ist er der Gründungsvater einer wirklichkeitsnahen Malerei und einer der internationales Niveau erreicht hat. Hier sehen wir diesen Künstler (1783-1853) in all seinen Facetten. Die farbig gestalteten Räume verströmen mit den Portraits und Familienbildern die Atmosphäre bürgerlichen Lebens. Eckersberg findet früh Anerkennung reicher Mäzene. Er malt ihr Ambiente und ihre wohlhabenden repräsentativen Wohnzimmer mit äußerster Präzision. Zudem bekommen die Bilder wertvolle goldene Rahmen. Es sind Statussymbole des Wohlstands, und sie erfüllen den zeitlosen Wunsch nach Selbstdarstellung.



Christoffer Wilhelm Eckersberg, Die Familie Nathanson, 1818 | Foto: SMK - The National Gallery of Denmark


Es entstehen kompositorisch sehr eigene close ups, man möchte fast sagen Fotografien, denn seine detailgetreue und perspektivisch starke Malweise lässt alles in einem fast wahren Licht erscheinen. Und wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten. Armut und Reichtum müssen für ihn starke Kontraste ergeben.

Er entwickelt eine sehr eigene Betrachtungsweise, seine Kunst steht zwischen Klassizismus, Romantik und dem Realismus, d.h. er ist nicht nur Historienmaler oder jemand, der für seine Portraits beliebt ist:

Er malt auch nackt! Die Wand mit den Aktbildern - fast lebensgroß.

Professor an der Königlichen Akademie von 1818 bis zu seinem Tod 1853, ließ er nach Modellen malen. Vor 1837 gab es nur Männer im Atelier, nun lädt er auch weibliche Modelle ein, welche allerdings eine eher unerotische Präsenz zeigen. Eine Sensation wohl damals. Heute ist es genau umgekehrt, Frauen verkörpern bis zum heutigen Tage das Motto "sex sells", allmählich tauchen aber immer mehr männliche Werbeträger auf, mit nackter Brust und eindeutigen Posen.

Die Hamburger Kunsthalle wählt hier als Plakatmotiv den nackten Jüngling mit der Peitsche in der Hand [s. o. re.].

Ganz modern erscheint auch das Nacktbild einer 11jährigen, es hat etwas Plakatives und Flächiges, vielleicht aus Gründen des Anstands? Sie schaut verschämt zu Boden.

Der nächste Raum zeigt Eckersberg als Marinemaler, und es hat etwas von Sehnsuchts-Romantik. Auch hier sind es Auftragsarbeiten, die Schiffe haben Namen. Auffällig sind die plastischen Wolken. Der Maler führt dafür ein Wolkentagebuch, will er mit seinen Studien die flüchtig sich verändernden Situationen festhalten. Dabei kommt es vor, dass er eine Skizze macht und diese erst 20 Jahre später einsetzt. Oder er schneidet Gemälde auseinander, wenn er die Komposition nicht überzeugend findet, und rahmt nur Ausschnitte des Ganzen.

Da sich der Künstler stark mit Perspektive auseinandersetzt - ja er gilt als Perspektiventheoretiker - studiert er auch genau den Schattenwurf und integriert diesen als überstarkes Ausdrucksmittel. Man denke an das magische Licht Dänemarks.

Es scheint, als habe er Momentaufnahmen wie Schnappschüsse eines Fotografen vorweggenommen - und das schon 1812.

Weiter sehen wir Landschaftsaufnahmen im Kabinett - unglaublich feine Bleistift- und Tuschzeichnungen. Das Pittoreske ist Thema und vielfach zufällige Motive aus dem Alltag oder Modeerscheinungen von 1813 wie z.B. das Diabolo, gerade eben aus China importiert. Er findet das Unspektakuläre darstellungswürdig und betrachtet das bürgerliche Leben nüchtern. Durch ein Stipendium kommt er nach Paris und Rom und widmet sich fortan der Freilichtmalerei, welche später große Beachtung in Dänemark findet. Eine Stadtansicht zeigt eine Mauer, die irgendwie perspektivisch nicht richtig angelegt scheint, aber vielleicht war auch das ein zukunftsweisender Griff, und die Mauer soll einfach unüberwindlich erscheinen. Sind es erste Ansätze von subjektiver Umsetzung?

Sein ungewöhnlicher Blickwinkel, immer wieder hinaus aus dem Fenster, weit in die Ferne, von innen nach außen. Dieser fotografische Blick scheint einem subjektiven Betrachter zu gehören, welcher das Objektive schaut. Was nur ist wahr, wo er sich doch der Wirklichkeit verpflichtet fühlt und dennoch inszeniert. Manche Dinge hat der Künstler selbst ins Bild gesetzt; er schöpft aus einem riesigen Fundus an Zeichnungen und Skizzen. Erste künstlerische Freiheit.

1848 endet das Goldene Zeitalter. Dänemark schottet sich ab und zeigt nationalistische Tendenzen. Man ist jetzt stolz auf seine Landschaft in all ihrer Schlichtheit und auf die eigene Identität.



Christoffer Wilhelm Eckersberg, Ein Seemann, seine Freundin verabschiedend, 1840, Ribe Kunstmuseum


Die Ausstellung zeigt rund 90 Gemälde sowie 30 Zeichnungen und Druckgraphiken und lädt damit ein, eine vergangene Wirklichkeit zu betrachten.

Liane Kampeter - 13. Februar 2016
ID 9135
ECKERSBERG INATION WIRKLICHKEIT (Hamburger Kunsthalle, 11.02.-16.05.2016)
Das Goldene Zeitalter der dänischen Malerei


Zur Ausstellung erscheint ein reich bebilderter Katalog.

Kurator der Ausstellung: Dr. Markus Bertsch

Kuratorische Assistenz: Neela Struck

Öffnungszeiten:
Di - So | 10 bis 18 Uhr
Do | 10 bis 21 Uhr
Mo | geschlossen


Weitere Infos siehe auch: http://www.hamburger-kunsthalle.de


Post an Liane Kampeter

http://www.liane-kampeter.de



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