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Ausstellung

Künstler zur Sonne,

zur Freiheit



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Heute gehört der Impressionismus zu den bekanntesten und beliebtesten Kunstrichtungen überhaupt, allerdings war der Begriff zunächst als negative Bezeichnung gedacht. Dies galt für Bilder, die nicht nach den bisherigen Standards gemalt waren, sondern nur einen flüchtigen Eindruck, eine Impression, von etwas vermittelten. Der im Jahr 1667 in Paris installierte Salon officiel war die maßgebliche Institution, die über die Kunst und ihre Ausrichtung verfügte, wobei die künstlerischen Aspekte der Akademie der schönen Künste im Schatten der staatlichen Einflussnahme standen, die den Kunstbetrieb damit lenkte. Nach viel Kritik deswegen war es dann tatsächlich Napoleon III. selbst, der den von der Akademie abgelehnten Künstlern mit dem "Salon der Zurückgewiesenen" einen Ausstellungsort einrichtete und damit – vermutlich unbeabsichtigt – der Avantgarde ab 1863 Türen und Tore öffnete. Es dauerte ein gutes Jahrzehnt, bis eine Gruppe von zunächst viel kritisierten Kunstschaffenden so selbstbewusst wurde, dass sie im Jahr 1874 den "Salon der Unabhängigen" gründete, deren erste Ausstellung 165 Werke von 29 männlichen Künstlern und der Künstlerin Berthe Morisot umfasste.

Auf dieses bezeichnende Jahrzehnt konzentriert sich die Ausstellung 1863. Paris. 1874 - Revolution in der Kunst im Kölner WALLRAF-RICHARZT-MUSEUM , die von Barbara Schaefer kuratiert wurde und noch bis zum 28. Juli 2024 zu sehen ist. Dort sind Werke von Paul Cezanne, Gustav Courbet, Edgar Degas, Édouard Manet, Camille Pissaro, Auguste Renoir, Alfred Sisley und vielen anderen vertreten. Für das Plakat [s. o. re.] wurden Claude Monets Ölbild Frauen im Garten gewählt. Es gehört zu den Bildern, die abgelehnt wurden, was heute nahezu unvorstellbar ist. Es zeigt vier Frauen im Freien und ist eine Momentaufnahme ihres Ausflugs, der in Licht und Schatten getaucht ist. Die Natur ist nur schemenhaft gemalt, da es den später so genannten Impressionisten darum ging, die Atmosphäre einzufangen, die vom Wetter und der Tageszeit beeinflusst wurde.

Der Fischer mit Netz von Frédéric Bazille [s. u.] hat sich ganz frei gemacht und seiner Kleidung entledigt. Er geht in der Natur seiner Arbeit nach und ist im Begriff, ein Netz auszuwerfen. Das Bild enthält Vieles von dem, was von offizieller Seite an den Bildern der Unangepassten beanstandet wurde, und der Nackedei wird durchaus als provozierend erachtet worden sein. Zu den verpönten Themen gehörten der Alltag, die Freizeitgestaltung, das Arbeitsumfeld oder die Veränderungen durch die Industrialisierung sowie technische Neuerungen.



Frédéric Bazille, Fischer mit Netz, 1868; Öl auf Leinwand - Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Sammlung Rau für UNICEF | © Foto: Arp Museum Bahnhof Rolandseck Sammlung - Rau für UNICEF, Inv. Nr. GR 1.653 Photograph: Mick Vincenz, Essen


In den Jahren des aufkommenden Impressionismus wurde das mittelalterliche Paris abgerissen und vom Architekten Georges-Eugène Haussmann federführend umgestaltet, mit großen Boulevards und städtebaulichen Maßnahmen, die heute noch das Stadtbild prägen. Den Machthabenden war es wichtig, die Kontrolle über die Erzählweise, so gut es ging, in der Hand zu behalten, was aber nicht wunschgemäß funktionierte. Die unabhängigen Künstler und Künstlerinnen gingen mitunter kritisch, oder noch „schlimmer“, empathisch oder humorvoll mit den Themen um.

Die Ausstellung berücksichtigt in zehn Abschnitten die Vorgeschichte und ihren Verlauf, wozu auch der Krieg mit Preußen gehört, der für Frankreich mit einem Desaster und einer Hungersnot endete. Die Arbeiterklasse revoltierte, wurde aber im Mai 1871 in der „Blutwoche“ besiegt. Die Liberalisierung des Kunstbetriebes durch Napoleon III. mag der Verbesserung seines schlechten Images gedient haben. Der partiellen Emanzipation der Kunstschaffenden war sie auf jeden Fall zuträglich. Diese traf nicht nur auf Frankreich zu, sondern schwappte auf andere Länder über. Der katalanische Maler Pere Borr ell del Caso reagierte auf die Missbilligungen mit einem ganz bezaubernden Porträt:



Pere Borr ell del Caso, Flucht vor der Kritik, 1874; Öl auf Leinwand - Banco de España Collection Madrid | © Foto: Banco de España, Madrid


Durch das wachsende Eisenbahnnetz waren Ausflüge aufs Land und längere Reisen sehr viel einfacher geworden, was sich auch die Impressionisten zunutze machten, denn das Bedürfnis nach Natur war ein allgemeines. Es würde noch eine Weile dauern, bis die dick aufgetragenen Malstriche, die bewusst nicht kaschiert wurden, als Stilmittel geschätzt wurden.

Der Brennpunkt des Jubiläums ist freilich Paris. Die Franzosen feiern das 150. Jubiläum mit "Paris 1874" im Musée d'Orsay, das eine Auswahl von Werken zusammengestellt hat, die auf der Impressionistenausstellung von 1874 zu sehen war, und das sie Gemälden und Skulpturen gegenüberstellt, die zur gleichen Zeit im offiziellen Salon gezeigt wurden.

Das WALLRAF-RICHARTZ-MUSEUM steht nicht in Konkurrenz dazu, wie es im Jahr 2019 schon das Rembrandt-Jubiläum den Niederländern überlassen hat, aber mit Inside Rembrandt eine profunde Ergänzung geschaffen hat. Beide Ausstellungen haben jeweils ausführliche und gehaltvolle Kataloge herausgegeben, die ein wunderbares Medium für sich sind.

Die Ausstellung dokumentiert eine Zeit des Wandels und des Aufbruchs in die Moderne. Sie zeigt das Bestreben der Kunstschaffenden nach Unabhängigkeit, die aufgrund der Notwendigkeit, Einnahmen zu erzielen, bis heute eine relative ist. Trotz allem haben die „Zurückgewiesenen“ der Avantgarde ihren Weg bis hin zur abstrakten Malerei erleichtert. Dem Kölner Museum ist erneut ein Glanzstück gelungen.

Helga Fitzner - 16. März 2024
ID 14662
Weitere Infos siehe auch: https://www.wallraf.museum


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