Tinguelys
Maschinen
|
|
Bewertung:
Es quietscht, wimmert, rasselt, brummt wie das eine alte und schlecht geölte Maschine tut, die man in einer Ecke im Keller findet und die aus einer anderen Zeit stammt.
Ungewöhnliche Geräusche für ein Museum. Als wir gerade den Raum betreten, setzt sie sich in Bewegung, die Wundermaschine von Jean Tinguely. Ein Monstrum, das den kompletten, großen Raum ausfüllt. Vor allem Kinder – diejenigen, die noch nicht im Smartphone-Alter sind, wohlgemerkt – sind hingerissen. Räder greifen ineinander, rollen von unten nach oben, ziehen Bewegungen von anderen verrosteten, teilweise bemalten Teilen nach sich, fusionieren, trennen sich wieder. Alles bewegt sich. Ein langer Holzarm wird hin und her geschoben und passt irgendwie nicht zu den anderen metallischen, recycelten Teilen aus der Schrott-Deponie. Es ist ein Orchester das mechanische Fugen und rumpelnde Quinten spielt. Jedes Rad, jeder rostige, oft geometrische Gegenstand dieser Maxi-Installation, hat seinen eigenen Ton. Aus unzähligen Teilen besteht seine Maschine, die allerdings keine Aufgabe hat, außer zu überraschen. Die Sequenz dauert fünf Minuten, dann kommt das Monster zum Stillstand und fängt nach 20 Minuten wieder zu rotieren an...
|
Cercle et carré eclaté von Jean Tinguely - im Musée Rath in Genf | Foto: Jean-Noel Petit
|
So ist das auch bei all den anderen seltsamen Tinguely-Maschinen in der Ausstellung. An den Wänden hängen die Zeichnungen seiner Projekte, realisierte und nicht realisierte. Diese dreidimensionale, abstrakte Installation ist ein Symbol für Einheit und Unendlichkeit. Ein Versuch, etablierte Ordnung und Stabilität auf den Prüfstand zu schicken, sie mit dem Chaos zu konfrontieren. Tinguely frönt aber mit diesem Werk auch seiner Liebe zur Geometrie. Er hat diese Konstruktion, die 1981 entstand, Cercle et carré eclaté (dt.: explodierende Quadrate) genannt. Tinguely hat sich bei dem Namen an der 1929 von Joaquin Torres Garcia und Michel Seuphor gegründeten Künstlergruppe Cercle et Carré inspiriert. Weitere Mitglieder waren u.a. Kandinsky, Le Corbusier, Mondrian, Schwitters.
Auf zwei Stockwerken im MUSÉE RATH in Genf findet die Schau anlässlich des 100. Geburtstag von Jean Tinguely statt. Einige Exponate gehören dem Genfer Musée d’Art et d’Histoire, andere wurden bisher nie in der Öffentlichkeit gezeigt.
|
Saalansicht mit Werken und Zeichnungen von Jean Tinguely - im Musée Rath, Genf Foto: Jean-Noel Petit
|
*
Wer mehr von diesem Künstler sehen will, muss unbedingt das Museum Tinguely in Basel besuchen. Die Schau läuft noch bis zum 7. September 2025. Der Eintritt ins Museum ist dem Besucher überlassen, d.h. man gibt, was man möchte.
|
Christa Blenk - 17. August 2025 ID 15417
Jean Tinguely (1925-1991) war ein bedeutender Schweizer Bildhauer und Maler. Er studierte Kunst in Basel und bewunderte Schwitters und das Bauhaus. Tinguelys erste Experimente, die Métamécaniques, waren Skulpturenmaschinen, die er mit Elektromotoren ausstattete oder die auf Selbstzerstörung programmiert waren. Seine Antwort auf die für fortgeschrittene Industriegesellschaften materielle Überproduktion. 1960 gehörte er zu den Unterzeichnern des Manifests des Neuen Realismus. Tinguely nahm an zahlreichen Ausstellungen teil und war viermal Documenta-Teilnehmer. Heute zählt er zu den bedeutendsten Vertretern der schweizerischen und internationalen zeitgenössischen Kunst. Jean Tinguely war mit den Künstlerinnen Eva Aeppli und Niki de Saint Phalle verheiratet und hatte eine langjährige Beziehung zu der Fotografin Micheline Gygax.
https://www.mahmah.ch/propos/musee-rath
Post an Christa Blenk
eborja.unblog.fr
Ausstellungen
Kulturspaziergänge
Museen
Werkbetrachtungen
Hat Ihnen der Beitrag gefallen?
Unterstützen auch Sie KULTURA-EXTRA!
Vielen Dank.
|
|
|
Anzeigen:
Kulturtermine
TERMINE EINTRAGEN
Rothschilds Kolumnen
AUSSTELLUNGEN
BIENNALEN | KUNSTMESSEN
INTERVIEWS
KULTURSPAZIERGANG
MUSEEN IM CHECK
PORTRÄTS
WERKBETRACHTUNGEN von Christa Blenk
= nicht zu toppen
= schon gut
= geht so
= na ja
= katastrophal
|