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Ausstellung

Berlinische Galerie

zeigt das Werk

des norwegischen

Symbolisten, der

eine lebenslange

Beziehung zur

Stadt Berlin

unterhielt



Cover zum Ausstellungskatalog des Hirmer Verlages

Bewertung:    



Vor fast 30 Jahren war die letzte große Ausstellung mit Werken von Edvard Munch (1863-1944) in Berlin zu sehen. In Kooperation mit der Hamburger Kunsthalle und der Hypo-Kunsthalle München richteten 1994-95 die Staatlichen Museen Berlin die Schau Munch und Deutschland aus. Einige der damals gezeigten Werke des norwegische Malers und Grafikers haben nun auch den Weg in die BERLINISCHE GALERIE gefunden. Edvard Munch. Zauber des Nordens heißt die im Rahmen der Berlin Art Week eröffnete Ausstellung, die sich mit der Beziehung Munchs zur Stadt Berlin, die er ab 1892 immer wieder besuchte und für einige Zeit auch dort lebte, beschäftigt. Sechs Jahre hat es gebraucht, die ca. 80 Gemälde, Zeichnungen und Grafiken zusammenzutragen. Erheblichen Anteil am Zustandekommen der Ausstellung hat neben privaten Leihgebern, den Staatlichen Museen Berlin, dem Kunstmuseum Basel oder dem Kunsthaus Zürich vor allem das Munchmuseet Oslo, wo der große Nachlass des als Wegbereiter der Moderne bekannten und verehrten Künstlers aufbewahrt wird.

Sein wohl bekanntestes Gemälde Der Schrei, das Munch in mehreren Versionen malte, hat es leider nicht wieder nach Berlin geschafft. Geht es doch in der Ausstellung vor allem um Edvard Munchs Ausstellungstätigkeit und seine Wirkung im Berlin des ausgehenden 19. Jahrhunderts bis ins Jahr 1933 mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten, die den Maler zwar erst als großen nordischen Künstler sahen, dann aber schnell auch als entartet deklarierten. Am Beginn steht aber die erste Munch-Ausstellung im November 1892 im Verein Berliner Künstler, die zum in der zeitgenössischen Presse als "Affaire Munch" bezeichneten Skandal führte und den Norweger schlagartig bekannt machte. An den Pariser Nabis geschult wirkten seine farbgewaltigen Bilder für die damalige Zeit wohl zu avantgardistisch auf das Berliner Publikum. Die Ausstellung wurde nach Protesten etablierter Berliner Vereinsmitglieder um den Maler Anton von Werner nach einer Woche wieder geschlossen, was den jungen Munch aber nicht davon abhielt, ganz nach Berlin zu ziehen und sich einem Kreis von Künstlern, die sich in einer „Zum Schwarzen Ferkel“ genannten Weinstube trafen, anzuschließen.



Edvard Munch, Das kranke Kind I, 1896, Foto: © Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett/ Jörg P. Anders


Da wurde im Kreis um den schwedischen Dramatiker Strindberg und anderen Kunstgrößen viel diskutiert und natürlich auch getrunken. Die Hingabe zum Rausch zieht sich durch Munchs Leben wie sein Hang zur Melancholie und Depression bedingt durch traumatische Kindheitserlebnisse wie den frühen Tuberkulose-Tod der Mutter und der Schwester. Immer wieder zeichnet und malt Munch Bilder von Mädchen und Frauen auf dem Krankenbett. Liebe, Eifersucht, Angst und Tod sind Themen vieler seiner stark gefühlsbetonten, symbolistischen Werke, wovon in der Ausstellung die Bilder Das kranke Kind I (1896), Der Tod und der Frühling (1893), Besuch im Tuberkolosesanatorium (1902-03), Melancholie (1891) oder Eifersucht (1907) zeugen. Von den „Phantasien eines wild gewordenen Farbkastens“, die dem jungen Maler 1892 im Berliner Tageblatt attestiert wurden, bis zur großen Retrospektive 1927 im Berlin Kronprinzenpalais und der Auszeichnung mit der Goethe-Medaille 1932 durch Reichspräsident Hindenburg war es aber ein recht langer Weg.

Der Titel der Ausstellung entstammt einem Text des österreichischen Schriftsteller Stefan Zweig: „Die Besten Deutschlands, die ganze schöpferische Literatur um die Jahrhundertwende, verfielen damals dem magischen Zauber des Nordens.“ Skandinavien als geheimnisvoller Sehnsuchtsort. Die Ausstellung beruft sich hier ganz explizit auf die Vorliebe der Deutschen für die nordische Landschaft, ein Phänomen das durchaus bis heute anhält, aber zur Zeit des Deutschen Kaiserreichs neben romantischer vor allem auch völkischer Natur entsprang. So wird darauf hingewiesen, dass Wilhelm II. regelmäßig nach Norwegen reiste und entsprechend auch Kunst aus Skandinavien für die Berliner Sammlungen ankaufen ließ. Beispielhaft zu sehen sind hier Landschafts-Gemälde des norwegischen Malers Adelsteen Normann und des Finnen und Munch-Zeitgenossen Akseli Gallen-Kallela, der sich tatsächlich einiger Beliebtheit in deutschen Kunstkreisen erfreute und auch heute noch nicht ganz in Vergessenheit geraten ist. Aber auch bekannte deutsche Maler wie Walter Leistikow oder Ludwig von Hoffmann ließen sich in ihren Bildern von nordischen Fjordlandschaften inspirieren.

All das mag mit zum Erfolg Munchs in Deutschland beigetragen haben, erklärt aber nicht gänzlich seinen anhaltenden Ruhm, der den Künstler auch heute noch fast vollkommen kritiklos umweht. Sieht man mal von seinem aus heutiger Sicht etwas problematischen Frauenbild ab, zieht einen die Kunst Munchs immer wieder in ihren Bann. Die Frau ist zentrales Thema in seiner Gendanken- und Bilderwelt, das Verhältnis zu Frauen von einer fast schon krankhaften Angst und Eifersucht geprägt und seinen Liebesbeziehungen nicht allzu viel Glück vergönnt. Ein zur Jahrhundertwende vor allem in der Kunst weit verbreiteter Mystizismus, der in der Schönheit und dem Begehren von Frauen immer auch eine Gefahr sieht, steckt in vielen von Munchs Werken wie den Gemälden Vampir (1916-1918) und Zwei Menschen (Die Einsamen, um 1935) oder auch in den Frauenbildnissen der Madonna (Liebende Frau, 1895/1905), Weib mit rotem Haar (1902) und Akt mit langem roten Haar (1902).



Edvard Munch, Vampir, 1916-1918, Foto: © MUNCH, Oslo/ Rena Li


Munch selbst bezeichnete seine Werke als „allgemeine Stimmungsmalerei, Eindrücke des Seelenlebens, die zusammengenommen eine Entwicklung im Kampf zwischen Mann und Frau bewirkten, den man Liebe nennt“. Munch übersetzte das in eine wiederkehrende symbolische Farbgebung von weiß und rot. Das Gemälde Rot und Weiß (1899/1900) zeigt die noch junge und unschuldige Frau in weißem Kleid aufs Meer schauend, während die Frau im roten Kleid frontal den Betrachter fixiert. Munch spielte damit auf die verschiedenen Phasen der Liebe an. Das Bild war Bestandteil einer Reihe von Gemälden, die Munch 1993/94 für eine Berliner Ausstellung als Serie „Die Liebe“ präsentierte (später „Lebensfries“ genannt) und immer wieder neu zusammenstellte.

Neben dem „Lebensfries“ fertigte er 1906-07 den 12-teiligen „Reinhardt-Fries“ für die Kammerspiele des von Max Reinhardt geleiteten Deutschen Theaters. Die 9 Teile, die 1966 von der Berliner Nationalgalerie erworben wurden, sind hier in der Mittelhalle gehängt. Weiter gibt die Ausstellung einen Einblick in das von Munch in Berlin geschaffene graphische Werk. Dazu gehören u.a. das Selbstbildnis mit skelettiertem Arm (1895) sowie Portraits von August Strindberg (1896) und Henrik Ibsen im Café des Grand Hotel (1902). Als Porträtist der Künstler-Boheme und feinen Gesellschaft machte sich Munch ebenfalls einen Namen in Berlin. Ins Auge fallen hier vor allem das Portrait Walther Rathenau (1907) sowie die Portraits des polnischen Literaten Stanislaw Przybyszewski und dessen Frau Dagny Juel Przybyszewska, einer norwegischen Pianistin und Dichterin. Beide gehörten zu Munchs Freundeskreis aus der Weinstube „Zum schwarzen Ferkel“.

Selten zu sehen sind Munchs Arbeiter-Bilder, die zum großen Teil in den 1910er bis 30er Jahren entstanden sind. Die BERLINISCHE GALERIE zeigt hier späte Werke wie die Schneeschipper auf dem Bauplatz (1931-33) oder Der Mann im Kohlacker (1943). Aus den Lübecker Museen ist das Gemälde Selbstbildnis nach Influenza (Munch erkrankte 1919 an der Spanischen Grippe) zu sehen. Eines von 83 1937 durch die Nazis für die Ausstellung „Entartete Kunst“ beschlagnahmten Bildern. Da hatte sich Munch bereits wieder nach Norwegen auf seinen Besitz in der Künstlerkolonie Ekely bei Kristiania (Oslo) zurückgezogen, wo er 1940 seine Bilder testamentarisch der Stadt Oslo vermachte.



Edvard Munch, Der Mann im Kohlacker, 1943, Foto: © MUNCH, Oslo/ Halvor Bjørngård


p. k. - 2. Oktober 2023
ID 14415
Wer mehr von Munchs nordischen Landschaftsbildern sehen will, kann sich auf die im November beginnende Ausstellung Munch. Lebenslandschaft im Potsdamer Museum Barberini (18.11.2023 - 01. 04.2024) freuen. Es wird dann auch ein Kombiticket für die beiden Ausstellungen geben.

Weitere Infos siehe auch: https://berlinischegalerie.de


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