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Kurzportrait

Hilma af Klint



Hilma af Klint, Selbstportrait, undatiert | Bildquelle: Wikipedia


Die Erfinderin der Abstraktion ist eine Frau!

Aber das ist vielleicht unwichtig, zählt nur in der Kunstwelt als Vermarktungskriterium. Für uns erscheint sie jetzt, ist außerordentlich zeitgemäß und wird [in Halina Dyrschkas Jenseits des Sichtbaren] mit klassischen Mitteln des Dokumentarfilms und per nachgestellten Spielszenen gezeigt. Denn nicht alle können die Originale sehen - was haben diese Bilder für eine mystische Ausstrahlung!

1986, wurden erstmals einige ihrer Werke Seite an Seite mit den Pionieren der Abstrakten Kunst gezeigt wie Kandinsky, Malewitsch, Mondrian und Picabia. Gelebt aber hat Hilma af Klint, schwedische Malerin, in den Jahren 1862 bis 1944. Als Tochter aus wohlhabenden Hause, auch gefördert durch ihren Vater, einem Admiral, war sie mutig, willensstark und sehr eigensinnig. Einer ihrer Aussprüche ist: „Man muss lernen seine Angst zu überwinden.“

Zunächst besuchte sie die Technische Akademie mit Fächern wie Material Science, Mathematik und Physik, später dann die Kunstakademie, wo sie naturalistische Landschaften malte und botanische Zeichnungen anfertigte. Diese florale ornamentale Bildgebung verfolgte sie später meist in Serie weiter und kombinierte diese mit Buchstaben sowie Symbolen, sanften aber oft auch komplementären kräftigen Farben. Dabei bezog sie spirituelle Erfahrungen aus Séancen mit ein, tauschte sich jeden Freitag mit anderen Künstlerinnen in einer Gruppe aus, die da hieß „Die Fünf“ und erfuhr Begegnung mit Höheren Wesen.

Sie suchte sich selbst, sah sich wiederum als ein Atom im Universum, wollte die Welt begreifen, und auch die Kommunikation mit anderen war ihr wichtig, so bat sie den Anthroposophen Rudolf Steiner in ihr Atelier. Der aber befand, dass Frauen und Männer nicht auf einer Ebene stehen würden und lehnte ihre Bilder ab. Sie zog sich zurück, malte für vier Jahre nicht mehr. Rudolf Steiner besuchte 1908, ein Jahr nach ihrem Treffen, den Maler Wassilly Kandinsky, hatte Fotos ihrer Bilder von 1907 im Gepäck, um sich über diese Themen, über Abstraktion und das Geistige in der Kunst, mit ihm auseinanderzusetzen.

Später gab es einen zweiten Versuch der Begegnung af Klint und Steiner, allerdings mit einem erneuten Affront, weil sie die Farbe Schwarz benutzte. Schwarz aber wäre nach seiner Auffassung gefährlich; schwarze Bilder könnten etwa als ein Endpunkt oder Stillstand aufgefasst werden.

Sie aber schuf Bilder für die Zukunft.

1928 gab es eine World Conference of Spiritual Science in London, wo Bilder von ihr gezeigt wurden. Es ist allerdings nicht bekannt, welche. Sie wurde dann erstmals 1986 ausgestellt und das mit wachsendem Interesse. Vorher war sie mit ihrer Spiritualität und Magie in der Kunst- und Männerwelt nicht integrierbar. Sie zog sich ja auch zurück, verzichtete auf Heirat und Familie, malte weiter am Göttlichen und an Tempelbildern, allein in einem großzügigen Atelierhaus. Doch war sie wirklich unabhängig von der Meinung anderer? Wenn ja, ist das wirklich beeindruckend.

Und ihr Oeuvre ist gigantisch, bestand aus etwa 1.000 Zeichnungen, vielen Notizbüchern mit 23.000 Seiten, dazu die großformatigen Bilder. In einem Jahr malte sie 111 Bilder! Dabei setzte sie sich auseinander mit der jenseitigen Welt, mit den Schwingungen von Form und Farbe. Künstler denken nicht linear, wie man es in der Wissenschaft tut. Bei Hilma af Klint begegnen sich Mikro- und Makrokosmos und ganz andere Zusammenhänge, sie wollte die Welt verstehen. Als Künstlerin ließ sie ihre Intuition und ihren Körper sprechen, war ein offener Kanal für äußere Schwingung, konnte Chaos und Nichtwissen zulassen, war aber auch im höchsten Sinne geistig interessiert, zudem der Esoterik zugetan, der Telepathie, Magnetismus, Elektrizität und allgemein Kräften, die man nicht sehen kann. Sie war sich sicher, Geist kann die Materie verändern, denn sie hatte gelernt, Wunder der Natur beobachten, das Übersinnliche zu verstehen. Sie malt Muster des Lebens und Seelenzustände; im Zentrum ihrer Bilder ist oft die Spirale, links- und auch rechtsdrehend, Blütenblätter, abstrakte Evolutionen und Schriftsymbolik. Trotz der 100 Jahre, die dazwischen liegen, haben ihre Bilder nach heutigen Verhältnisse eine sehr poppige Anmutung, und der Film kommt zur rechten Zeit.



Hilma af Klint, Die zehn Größten, Nr. 2, Kindheit, Gruppe IV, 1907;
Öl und Tempera auf Papier, auf Pappe montiert, 328 x 240 cm
(C) Moderna Museet, Stockholm


In ihrem Testament verfügte sie, dass das ganze Konvolut zusammengehalten werden sollte und erst 20 Jahre nach ihrem Tod veröffentlicht werden dürfte. Sie wusste, warum.

In den späten 1960er Jahren war es der damalige Direktor des Stockholmer Modernen Museums, der wiederum ihre Kunst ablehnte, sie hätte ja noch nie ausgestellt, und außerdem ist sie eine Frau.

1986 dann die Ausstellung in Los Angeles mit dem Titel Das Geistige in der Kunst. Nun, da gab es auch Jahrzehnte später den Besucherrekord im Guggenheim Museum - es war 2019 und die meistbesuchte Ausstellung aller Zeiten. Der Grund ist, es ist eine Frau, ihre Bilder strahlen in den schönsten Farben, man kann sie fühlen, sie sind riesengroß. Es gibt auch eine Serie über die Weltreligionen. Und warum wurden sie bisher abgelehnt? Für das Publikum ist es vielleicht ein anziehendes und zu lösendes Geheimnis.

Paintings for the Future.

Hier in Deutschland kennt sie immer noch kaum jemand, zu unangepasst ließ sie sich für nichts auf der Welt vereinnahmen. Frauen sollen reproduzieren, sollen dekorativ malen. Doch sie folgte ihren eigenen Visionen, betrat einen Kosmos des Unsichtbaren. Immer noch traut man der männlichen Kunstwelt mehr, da ist das Zugeständnis von Kompetenz und Durchsetzungsfähigkeit.

Dieser Film nun zeigt ihre Bilder, und es sind wahrlich viele, unterlegt mit schöner Musik (Damian Scholl „Beuys“), dazu äußern sich streitbare Frauen und Kuratorinnen wie Iris Müller-Westermann und Julia Voss, Kunstkritikerin, Wissenschaftshistorikerin und Journalistin.

Das Schlusswort hat allerdings ein Mann, der sich offensichtlich mit Quantenphysik und der Relativitätstheorie auskennt und schlaue Statements gibt.

Liane Kampeter - 5. März 2020
ID 12051
Infos zum Film Jenseits des Sichtbaren - Hilma af Klint


Post an Liane Kampeter

https://www.liane-kampeter.de

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