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Ausstellung

Noch bis zum 15. Juni 2014 - Hamburger Kunsthalle

FEUERBACHS MUSEN - LAGERFELDS MODELS



Karl Lagerfeld, Moderne Mythologie, 2013 © 2013 Karl Lagerfeld



Kunst, Kitsch, Mode – grenzenlos?

Auf den ersten Blick fragt man sich, was nur der Maler aus dem 19 Jahrhundert wohl mit dem Modeschöpfer aus dem 20. Jahrhundert zu tun haben mag. Wenn man sich das nach dem Besuch der Ausstellung Feuerbachs Musen – Lagerfelds Models noch immer fragt, hat man aber auch nichts falsch gemacht: Die Verbindung von Anselm Feuerbach und Karl Lagerfeld in einer Ausstellung ist durch die Kuratoren Hubertus Gaßner und Luisa Pauline Fink mit Bedacht als eine „Kontrastkoppelung“ konzipiert, die mehr dazu einladen will, mögliche Bezüge zwischen Lagerfeld und Feuerbach, zwischen Mode und Kunst zu erkunden, als diese aufzuzeigen.


Postmodernes anything goes oder doch bloß Kitsch? Lagerfelds Moderne Mythologie


Von Karl Lagerfeld, der seinen Teil der Ausstellung selbst gestaltet hat, ist unter dem Titel Moderne Mythologie (2013) ein Fotoroman zu sehen, der das berühmte Werk Daphnis und Chloe des antiken griechischen Dichters Longus umsetzt. Mit seinen Starmodels Baptiste Giabiconi als Daphnis und Bianca Balti in der Rolle der Chloe hat er einen aufwendig gestalteten Zyklus von Bildern inszeniert.

Künstlich wirken die photographierten Szenen vor allem – dank der einstudierten, antikisierenden Posen, der deutlich sichtbaren Verwendung von Schminke und der kunstvoll gesteckten Frisuren. All dies lässt eher an Modephotographien denn an Kunst erinnern. Die dramatische Überinszeniertheit der Bilder mag abstoßen, und für den einen oder anderen Betrachter mag das Urteil schnell gefällt sein: Moderne Mythologie ist Kitsch, nicht Kunst. Dennoch: Lagerfelds Bilderzyklus birgt Irritationen, steckt voller Anspielungen und Zitate. Und so bleibt die Frage bestehen, ob man es hier wirklich mit Kitsch zu tun hat oder ob hier doch eine ironische Brechung zu erkennen ist. Und wenn das so ist, ist es dann Kunst? Wenn sie vielleicht auch nicht gefällt: Lagerfelds Moderne Mythologie wirft Fragen auf. Und ist nicht das Gefallen auch doch eher die Domäne der Mode als die der Kunst? Zweifellos also regt dieser Teil der Ausstellung zum Nachdenken an.




Karl Lagerfeld, Moderne Mythologie, 2013 © 2013 Karl Lagerfeld



Nanna vervielfacht – Feuerbach und seine Modell Anna Risi


Der Anselm Feuerbach gewidmete Teil der Ausstellung lief zuvor in Wiesbaden unter dem Titel Nanna. Anselm Feuerbachs Elixier einer Leidenschaft. Fokus sind die Werke Feuerbachs aus der ersten Hälfte der 1860er Jahre, in denen er beinahe obsessiv sein Modell und seine Geliebte Anna Risi, genannt Nanna, malte. Nanna entsprach ganz dem klassischen, an der Antike orientierten Schönheitsideal der Zeit; vor allem natürlich entsprach sie Feuerbachs eigenem Schönheitsideal. Die ausgestellten Werke belegen eindrucksvoll, wie Feuerbach Nanna immer wieder anders und neu in Szene zu setzen weiß: im Portrait, als historische Gestalt, als mythologische Gestalt.

Zugleich zeigt die Ausstellung, dass Feuerbach nicht nur mit der Inszenierung seines Modells spielte. Besonders eindrucksvoll ist hier Das Urteil des Paris (1870), eines von Feuerbachs Meisterwerken. Tatsächlich ist hier nicht nur EIN goldener Apfel ins Bild gesetzt – den Paris in der Hand hält –, sondern mehrere: Mit den anderen spielen die Putti auf dem Boden. Für jede der drei Göttinnen wäre also ein Apfel vorhanden gewesen, was die Idee des Paris-Urteils konterkariert. Zudem diente für alle drei Göttinnen Feuerbach dasselbe Modell als Vorbild – und so wird die Wahl gänzlich ad absurdum geführt, indem Paris letztlich zwischen dreimal derselben Frau zu wählen hat. Feuerbach spielt also auch mit den antiken Gegenständen seiner Gemälde – und so gilt auch für diesen Teil der Ausstellung: Es gibt viel zu entdecken.




Anselm Feuerbach (1829–1880), Das Urteil des Paris, 1870, Öl auf Leinwand, 228 x 443 cm © Hamburger Kunsthalle / bpk Photo: Elke Walford



Vom Modell zu Model? Feuerbach und Lagerfeld als Kontrastprogramm



Ohne Zweifel ist es der Kunsthalle mit diesem Ausstellungskonzept gelungen, zum Nachdenken anzuregen – über Fragen wie: Wo sind die Grenzen zwischen Kunst und Mode, zwischen Kunst und Kitsch? Hat das Model der Modephotographie in einer kulturellen Sinnverschiebung das Modell des Malers und den sich darum rankenden Starkult abgelöst?

Manchmal wirken die im Begleitheft hergestellten Bezüge zwischen den beiden Künstlern vielleicht ein bißchen konstruiert – wie etwa die Idee, der unbeteiligte Ausdruck des Paris in Feuerbachs Gemälde schaffe darum eine Verbindung zu Lagerfeld, weil auch Feuerbachs Gemälde damit in einen Zustand zwischen Traum und Wirklichkeit gerückt werde, in dem Lagerfeld seine Photographie verortet sehe. Das Urteil über mögliche Verbindungen zwischen den Ausstellungsteilen aber bleibt den Betrachter überlassen – ebenso, wie es ihm überlassen bleibt, sich diesen Fragen zu entziehen: Er kann ebenso gut nur Feuerbach anschauen – oder eben nur Lagerfeld. Beide Teile sprechen für sich, doch in ihrer Kombination oder Kontrastierung liefern sie zusätzlichen Denkstoff. Darum funktioniert diese Ausstellungen auf vielen Ebenen und für verschiedene Zielgruppen – und das eben macht sie so außerordentlich sehenswert.



Bewertung:    


Ann-Kristin Iwersen - 21. Februar 2014
ID 7624
Die Ausstellung Feuerbachs Musen – Lagerfelds Models läuft vom 21. Februar bis 15. Juni 2014 in der Hamburger Kunsthalle. Ab dem 28. Februar ist ein günstiges Kombi-Ticket (18 €/ermäßigt 10 €) für diese Ausstellung in der Kunsthalle und die Ausstellung Mythos Chanel im Museum für Kunst und Gewerbe erhältlich. Beide Ausstellungen sind thematisch aufeinander abgestimmt.

Zur Ausstellung gibt es keinen gemeinsamen Katalog für beide Teile, es kann aber ein Katalog zu Anselm Feuerbach erworben werden, der gemeinsam mit dem Museum Wiesbaden publiziert wurde (29,80 €), ein Fotobuch mit der gezeigten Bildserie Karl Lagerfelds (48 €), ein bibliophiler Textband mit der Erzählung von Longus‘ Daphnis und Chloe mit Illustrationen von Karl Lagerfeld (15, 80 €) sowie ein kleines Booklet für Besucher (3,50 €).


Weitere Infos siehe auch: http://www.hamburger-kunsthalle.de/


Post an Dr. Ann-Kristin Iwersen



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