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Noch bis zum 12. Januar 2014 - Bucerius Kunst Forum in Hamburg

DIONYSOS. RAUSCH UND EKSTASE



Annibale Carracci (1560-1609): Bacchus, um 1590, Neapel, Galleria Nazionale di Capodimonte



Gänzlich dionysisch

Das Dionysische – und die von Nietzsche popularisierte Dichotomie apollinisch versus dionysisch – ist derzeit überall: Kaum eine Theateraufführung, die ohne Anspielungen auf das Rauschhafte, das Exzessive auskommt – zuletzt war dies in Hamburg etwa in der Inszenierung von Was ihr wollt im Ernst Deutsch Theater zu sehen. Nun zeigt das Bucerius Kunst Forum eine ganze Ausstellung zum antiken Weingott unter dem Titel Dionysos. Rausch und Ekstase.




Andrea Mantegna (1431-1506): Bacchanal vor der Weinkufe, um 1470, Berlin, Staatliche Museen, Kupferstichkabinett


Das Bucerius Kunst Forum hat sich mit dieser ersten Ausstellung, die durch die Epochen der Kunstgeschichte hindurch die Bearbeitung des Themas „Dionysos“ zeigt, redlich Mühe gegeben. Gut 90 Exponate zeigt die Ausstellung; sie deckt das historische Spektrum vom 5. vorchristlichen Jahrhundert bis in die Moderne hinein ab und bezieht verschiedenste künstlerische Medien ein: Marmor- und Elfenbeinreliefs, Vasenmalerei, Zeichnungen, Gemälde, Kupferstiche. Kern der Ausstellung sind dreißig Werke aus der Kunstsammlung Dresden – bekannte Werke wie die sogenannte Dresdner Mänade – eine antike Skulptur einer tanzenden Mänade (wörtlich: „die Rasende“ – mythische Gefährtinnen von Dionysos) – aber auch Gemälde von Peter Paul Rubens oder Anthonis van Dyck. Diese schon sehr schöne Dresdner Sammlung wird hier noch um Leihgaben aus den Vatikanischen Museen, der National Gallery in London, dem Kunsthistorischen Museum Wien und zahlreichen anderen bedeutenden Kunstmuseen ergänzt. Die Ausstellung ist, mit anderen Worten, eine nicht anders als beeindruckend zu nennende Zusammenführung bedeutender Werke, die Dionysos bzw. sein Gefolge zeigen.




Römisch, Tanzende Mänade (Dresdener Mänade), zweite Hälfte 1. Jahrhundert v. Chr., Skulpturensammlung, Staatliche Kunstsammlungen Dresden



Die Ausstellung ist nicht historisch aufgebaut, sondern vereint jeweils Kunstwerke, die bestimmte Figuren und Figurenkonstellationen bzw. Symbole und Symbolkonstellationen zeigen, z.B. unter dem Thema „Unter Nymphen. Die Kindheit des Dionysos“ oder „Die Gabe der Trauben. Dionysos und der Wein“. Das ist im Prinzip eine gute Idee, wenn man sie erst einmal verstanden hat – zunächst fragt man sich eher, was denn nun wohl die offenkundig antike Vase neben einem Gemälde aus dem 18. Jahrhundert zu suchen hat, da auch die Wandtexte nur bedingt diesen Zusammenhang erläutern – man kann ihn dann nur aus den Titeln in den jeweiligen Sälen bzw. Saalabschnitten erschließen. Das ist aber vielleicht schon eher eine Kleinigkeit.

Viel stärker ins Gewicht fällt, dass die Beschriftungen der Gemälde – die übrigens ärgerlicherweise oftmals das Material und die Technik nicht nennen – Auskunft darüber geben, dass man auf diesem oder jenen Stück eine Mänade sehe, einen Satyr oder ein Nebris – dem Fachpublikum und in griechischer Sprache und Mythologie bewanderten sind solche Begriffe natürlich geläufig – doch richten sich Ausstellungen nicht auch an ein breiteres Publikum? Ist der ein Ignorant, der sich da fragt, wer oder was wohl „Nebris“ ist? (Ein Hirschkalbfell, das als Kleidungsstück getragen wird.) Wer das nicht weiß, dem bleibt nicht viel übrig als vielsagend „Aaaah“ zu machen und weiterzuziehen. Rückt er dann bis in den zweiten Stock vor, findet er dort dann auch tatsächlich an einer Wand bunte Kacheln mit Abbildungen von Exponaten bzw. Ausschnitten von diesen, die einige wesentliche Begriffe, optisch schön präsentiert, erklären. Einmal abgesehen von der Gültigkeitsfrage des Tickets – läuft der Besucher dann noch einmal zurück? Nein. Sinnvoller wäre es gewesen, hätte er – wie in vielen Museen üblich – einfach einen Zettel mit Erklärungen in Schwarzweißkopie bekommen.

Wer Erklärungen sucht, findet diese, und dies sehr umfassend und gründlich, auch im Ausstellungskatalog, der wirklich gelungen ist, weil er neben den Abbildungen hochwertige, interessant geschriebene Beiträge vereint – und das noch zu einem durchaus bezahlbaren Preis (29 €). Nur kauft man den Katalog üblicherweise nach dem Ausstellungsbesuch und nicht vorher. Dem Besucher hilft das also im ersten Zugriff erstmal wenig.




Ausstellungsansicht "Dionysos. Rausch und Ektase". Photo: Ulrich Perrey



Wie immer sind das Problem im Bucerius Kunst Forum zunächst einmal die wunderschönen, aber eher unpraktischen Räumlichkeiten, die zumindest für so ambitionierte Projekte wie die Ausstellung Dionysos. Rausch und Ekstase eigentlich auch zu klein sind. Diese Ausstellung hat aber auch zudem das Problem, dass sie, gewissermaßen, allzu sehr dem Dionysischen verpflichtet ist: Rauschhaft viele schöne Exponate auf zu wenig Raum, optisch wunderbar aufbereitete Erklärungstafeln, hier ist alles vom Feinsten – doch von allem etwas weniger hätte der Ausstellung gut getan. Sie wäre dann auch ein echter Gewinn für Laien. Mag sein, dass die es auch gar nicht unbedingt genauer wissen möchten; die Möglichkeit aber muss gegeben sein. Hier kann sich der weniger Kunst(vor)gebildete eigentlich nur noch daran erfreuen, dass es auf den Bildern so hübsch wild und bunt zugeht – am Dionysischen, eben. Das ist vielleicht etwas wenig. Aber vielleicht ist diese Kritik auch zu apollinisch gedacht.



Bewertung:    



Ann-Kristin Iwersen - 20. Oktober 2013
ID 7280

Weitere Infos siehe auch: http://www.buceriuskunstforum.de/


Post an Dr. Ann-Kristin Iwersen



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