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Besprechung


Kino-Start

heimatklänge, vom Juchzen und anderen Gesängen

Regie: Stefan Schwietert

Der Groove der Melkmaschine

Trotz intensiver Berarbeitung kann ich weder meine österreichische, noch meine bayerische Freundin dazu bewegen, mit mir zu "Heimatklänge" zu gehen. So sehr vorbelastet ist das Jodeln als volksmusikalische Extremität. Ablehnung, die ich mir nicht leisten konnte. So sah ich "Heimatklänge", sie nicht. Deshalb kann ich jetzt begeistert sein. Was hat Babygeschrei mit dem Echo eines Jodlers im Gebirge gemeinsam, was der Kopfton eines tuvinischen Nomaden mit der Bühnenshow eines Vokalartisten?, fragt Stefan Schwietert, Regisseur des Films Heimatklänge, Klare Antwort: Die Stimme.

Der Titel seines Films mit dem schönen Untertitel, Vom Juchzen und anderen Gesängen, setzt sich aus Heimat und Klang zusammen, er spielt in der Schweiz.
In seinem neuen Werk stellt Stefan Schwietert, 45, die drei exzeptionelle Schweizer Stimm-ArtistInnen Erika Stucky, Christian Zender und Noldi Alder vor, die allesamt den „roots of communication" der Berge nachgehen: Dem Jodeln und Rufen, dem Schreien und Juchzen, der Arbeit mit dem Echo.
Sie spannen die herrliche Schweizer Landschaft als Kulisse ein, um Geräusche und Instrumente zur Geltung zu bringen. Erfrischend unorthodox gehen sie an ein traditionelles Schweizer Kulturgut, Jodeln, heran und benutzen ebenso frech konventionelle Instrumente dafür, wie das Alphorn.
Noldi Alder, 54, stammt aus der bekannten Volksmusik-Dynastie Alder. Als „Alder Bube“ reiste er bereits als Kind mit seinem Vater und den Brüdern um die ganze Welt. Die alpenländische Vokalkunst soll traditionell ausgeübt werden, sagt sein Vater heute noch. Was soll man da werden? Seine Musikalität ist ein Geschenk für Noldi Alder, aber auch ein Paket, an dem er schwer zu tragen hat. Er muss sich erst freischaufeln, bevor er sich, nach einem klassischen Violine-Studium, der zeitgenössischen Musik zuwenden kann. Den traditionelle Naturjodel, den er als „Sprache zwischen Mensch, Mensch und Natur“ beschreibt stellt er auf eine neue Ebene. Nach dem musikalischen Wandel seines Sohnes verstößt ihn der Vater nicht, beharrt dennoch auf dem Wert der traditionellen Form.
Die 45-jährige Amerikano-Schweizerin Erika Stucky, gelernte Jazz-Musikerin und zweite Protagonistin des Films ist ihrem Lebens-Motto „serious fun“ auch privat treu: Zu Hause spielt sie ihrer Tochter Lieder vor und übt mit ihr liebevoll ungebührliches Verhalten mittels eines Songs: Sie füllt den Mund mit trockenen Keksen, singt danach sehr akzentuiert einzelne Laute, spuckt das Lied förmlich aus sich heraus. Dann lacht sie. Nicht nur das „Volle-Mund-Lied“ ist der pubertierenden Tochter peinlich, „Gott sei Dank“ sagt diese, „singt meine Mutter viel in Russland.“
Trachtenvereins-Umzüge, Dirndl und Familienfeste mit Akkordeon- und Alphorn-Einsatz prägen das Schweizer Musikleben. Und wenn man mit James Last und Catharina Valente aufgewachsen ist, ist es ebenso so schwer, ein anderes Verhältnis zu Musik zu entwickeln. Der 46-jährige Züricher Christian Zehnder, dritter Protagonist studierte Gesang, brach sein Gitarrenstudium ab. In einer Krankheitsphase waren freie Artikulation, einfach „Töne-von-sich-geben“ sein einziges Kommunikationsmittel.

Heute arbeitet der Stimmakrobat unter anderem als Filmkomponist, tritt - sehr ernsthaft und doch irgendwie verschroben - mit dem Bläser Balthasar Streif als Stimmhorn Duo auf und ist Lehrbeauftragter für Obertongesang.
So darf sein Ausflug in die Mongolei nicht fehlen, um schräge Töne auch über die endlosen hügeligen grünen Weiten schweben zu lassen und gemeinsam mit Normaden den Kehlkopf-Gesang zu praktizieren.

Es ist eine Wonne Erika Stucky, Noldi Alder und Christian Zehnder in Heimatklänge 81 Minuten lang zuzusehen, wie sie artikulieren, schreien, phrasieren, wie Geräusch und Klang Mund, Gesicht und Körper einnimmt. Auch die Schweiz hypnotisiert mit ihrer Schönheit: der beruhigende Sound einer Kuhglocke, verschneite, oder grasgrüne Landschaften, die Reinheit des Klanges in den Bergen, das Echo von Appenzell und Emmental, das zurückjodelt.

Nach A Tickle in the Heart und Accordeon Tribe ist Heimatklänge wieder ein gelungener Film des Schweizer Filmemachers und Musikfilmspezialisten Stefan Schwietert, 45, der in Berlin und Basel lebt.
Im Film sagt der Musiker Noldi Alder, Protagonist der helvetischen Heimatklänge: „Wir können so frei sein. Wenn wir wüssten, wie frei wir sein könnten, würden wir zerplatzen.“ Das ist eine schöne Botschaft.
Der Film könnte durchaus länger sein.


Hilde Meier - red.-berlin / 11.Oktober 2007
ID 00000002976

heimatklänge
Länge: 81 min
Format: 35mm, Dolby Digital, OV: CH-deutsch
Kamera: Pio Corradi
Ton: Dieter Meyer
Montage: Stephan Krumbiegel, Calle Overweg
Mischung: Jörg Höhne
Ton Design: Oswald Schwander
Filmmusik: Knut Jensen
Produzentinnen: Cornelia Seitler, Brigitte Hofer
Koproduzent:Thomas Kufus
Weltvertrieb: www.autlookfilms.com
Deutschland: Ventura Film www.ventura-film.de


Noldi Alder
www.folkmusic.ch

Erika Stucky ist mit ihrem Lebens-Motto-Programm „serious fun“ unterwegs: www.erikastucky.com

Christian Zehnder und Erika Strucky sind am 11.10.2007 bei der Premiere von "Heimatklänge" im Delphi-Kino, Kanstraße, Berlin, zu hören und zu sehen.
www.stimmhorn.ch

Weitere Infos siehe auch: http://heimatklaenge.ch





 

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