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Rezension


Filmstart: 12. September 2013

Il Futuro (E/I/RCH/D 2013)

Drehbuch und Regie: Alicia Scherson




Das Mädchen und der Melancholiker

Alter Mann und kaum erwachsenes Mädchen – gleich mehrfach kommt diese durchaus pikante Kombination in den kommenden Wochen in unsere Kinos. Doch sowohl bei dem von der jungen chilenischen Regisseurin Alicia Scherson inszenierten Il Futuro als auch bei dem vom schwulen Franzosen Francois Ozon gedrehten Jeune et jolie (Jung und schön) handelt es sich nicht um fiese Altherren-Fantasien, sondern zwei weibliche Coming-of-Age-Geschichten, in denen der Sex mit Grauhaarigen der Umweg zu mehr Selbstbestimmung und Souveränität bedeutet. In beiden Filmen gehen die jungen Frauen ganz bewusst diesen nicht unheikeln Weg, auch wenn sie nicht genau abschätzen können, in welche Situationen sie geraten werden. Aber eben das macht für sie – und für uns Kinobesucher – den Reiz der Geschichten aus.



Il Futuro - Foto (C) RealFiction Filmverleih



In Il Futuro muss die 18-jährige Bianca für sich und ihren minderjährigen Bruder Tomás die Verantwortung übernehmen, nachdem die Eltern bei einem Verkehrsunfall verstorben sind. Angesichts der sich schon bald einstellenden Finanznöte schlagen die neuen Freunde von Tomás – zwei halbgebildete Trainer aus einem Bodybuilding-Studio – einen Einbruch in der Villa eines reichen, geheimnisvollen Ex-Filmstars vor. Bianca soll diesen ehemaligen „Maciste“, den Herkules aus den billigen italienischen Sandalenfilmen der 70er Jahre, verführen und herausbekommen, wo er seinen Tresor verborgen hat. Doch Bianca findet Gefallen an dem psychisch gebrochenen Ex-Mister Universum, der zwar sein Augenlicht, nicht aber sein Charisma verloren hat. Euro-Hollywood-Star Rutger Hauer spielt diesen abgewirtschafteten Helden, der sich wie ein waidwunder Löwe hinter die Mauern seiner mächtigen Höhle zurückgezogen hat, ganz dezent nur anhand feiner Nuancen.





Rutger Hauer in Il Futuro - Foto (C) RealFiction Filmverleih



Die eigentliche Sensation ist indes die junge Italienerin Manuela Martelli, deren Name man sich merken muss. Die von ihr authentisch verkörperte Mixtur aus Trotz und Verletzlichkeit, die hinter ihrer scheinbar undurchdringlichen Mine immer wieder aufscheint, verleiht dem artifiziellen, bisweilen surreal wirkenden Ambiente des Films das nötige Gegengewicht: die Erdung. Drehbuchautorin und Regisseurin Alicia Scherson beherrscht nämlich auch die Kunst der Verführung: Sie inszeniert die Dialog- und Liebesszenen zwischen Bianca und Maciste weichgezeichnet und sepiafarben, als handele es sich um einen leicht schwülstigen, erotischen Tagtraum Biancas – und eventuell ist das auch der Fall. Zugleich lässt sie über Macistes Anekdoten und Filmausschnitte immer wieder ironische Bezüge auf die Populärkultur vergangener Tage einfließen, die zwar kitschiger, in ihrer Unbefangenheit aber auch oft amüsanter wirkte als die durchkalkulierten Filme von heute.
Ironischerweise evoziert Alicia Schersons Stil etliche Momente eines magischen (Kino-)Realismus südamerikanischer und spanischer Prägung – also genau jene literarische Stilrichtung, die der chilenische Schriftsteller Roberto Bolaño (der nach einer bewegten Vita 2003 im Alter von nur 50 Jahren starb) für sich ablehnte und die er auch mit der Vorlage für Il Futuro angestrebt hat. Seine „Lumpennovelle“ ist raffiniert, aber sprachlich eher knapp und spröde gehalten, in denen sich die Leidenschaften allenfalls imaginieren lassen. So ist Scherson der Vorlage inhaltlich treu geblieben, hat sie aber stilistisch transformiert. Leider lässt die begabte Regisseurin im Zuge der ungewöhnlichen Liaison zwischen Mann und Kindfrau den Spannungsbogen außer Acht, sodass die Geschichte zwar träumerisch aussieht, aber teils auch arg behäbig vor sich dümpelt. Auch der Gegensatz zwischen den Liebenden hätte dramaturgisch mehr Funken sprühen lassen müssen. Davon abgesehen bietet diese stilbewusste Koproduktion viel von dem, was heutzutage nicht mehr selbstverständlich ist: Originalität.



Manuela Martelli in Il Futuro - Foto (C) RealFiction Filmverleih



Bewertung:    


Max-Peter Heyne - 14. September 2013
ID 7146

Weitere Infos siehe auch: http://www.realfictionfilme.de/filme/il-futuro/index.php


Post an Max-Peter Heyne



 

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= schon gut


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= na ja


= katastrophal

 


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