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Rezension


Ein in jeder Hinsicht ungewöhnlicher deutscher Genre-Mix - Dr. Ketel




Der Arzt, der aus der Kälte kam

Nun endlich kommt eine unkonventionelle deutsche Low-Budget-Produktion in die Kinos, die vor ziemlich genau zwei Jahren bei einem der unkonventionellsten Filmfestivals Deutschlands, dem Filmfest im niedersächsischen Oldenburg, von der internationalen Jury unter Vorsitz des amerikanischen Stars Matthew Modine (Full Metal Jacket) zu Recht den so genannten „German Independence Award“ als bester Deutscher Low-Budget-Film erhalten hat: Dr. Ketel. Die Macher, das Paar Linus (Regie, Drehbuch) und Anna de Paoli (Produktion, Drehbuch), können von Glück sagen, dass die sozialkritische Story eines Idealisten, der sich angesichts des schleichenden Zusammenbruchs des deutschen Gesundheitssystems zu einem Robin Hood im weißen Kittel wandelt, inzwischen nicht überholt wirkt. Aber selbst im prosperierenden Land von Dr. Merkel wirkt ein Dr. Ketel nicht ganz abwegig – zumindest im Ghetto Neuköllns.



Szenenbild aus Dr. Ketel - Foto © dffb



In diesem sozial schwachen, polizeilichen Brennpunkt schlurft der geheimnisvolle Dr. Ketel des Nachts zwischen abgeratzten Hinterhöfen und Döner-Buden umher, um nach getaner Arbeit in seiner Praxis zusätzlich noch Arme, Obdachlose und Benachteiligte zu behandeln, die sich eine Behandlung eigentlich gar nicht leisten können. Derartig überlastet gerät Ketel – vom über zwei Meter großen Schauspieler Ketel Weber mit ambivalenter Aura versehen – nicht nur an den Rand seiner Leistungsfähigkeit, sondern auch noch in die Illegalität. Während Ketel selbst an einer mysteriösen Infektion erkrankt – Symptom ist ein fieser, parasitärer Kotz-Brocken – muss er auch noch befürchten, dass seine unkonventionellen Methoden der Umverteilung von Reich zu Arm von Mitarbeitern einer internationalen Security-Firma entdeckt werden. Doch ausgerechnet deren ausländische Chefin (die kanadische Schauspielerin Amanda Plummer aus Butterfly Kiss, Pulp Fiction und der Serie Law & Order als Gast) zeigt Herz für den Arzt, der den Hippokratischen Eid über alles stellt.

Bisweilen droht das Spielfilmdebüt des Absolventen der Berliner Filmhochschule Linus de Paoli dramaturgisch aus der Kurve zu fliegen, denn er hat das teils düstere Drama sowohl mit Elementen der Gesellschaftssatire, des Science-Fiction-Films, des Mystery-Thrillers und einer Prise Surrealismus angereichert. Da nicht alle Themen und Figuren gleichermaßen Substanz in die Geschichte einbringen, können sie auch nicht immer überzeugend miteinander verbunden werden. Mehr als der bunte Genre-Mix trägt die expressive, schwarz-weiß gehaltene Optik zum außergewöhnlichen Erlebnis bei. Nahezu jede einzelne Einstellung trägt den Stempel eines ausgeprägten Stilwillens mit sich, was bei einem deutschen Nachwuchsfilm zwar selten, aber fast schon wieder des Guten zu viel ist. Licht- und Schattenspiele, scharfe Kontraste, gekippte Kameraperspektiven – Kameramann Nikos Welter hat alle Register ziehen und Berlins typische Großstadtansichten atmosphärisch mit Expressionismus aufladen dürfen wie seine Kollegen seinerzeit während des Weimarer Kinos.



Amanda Plummer und Ketel Weber in dem Film Dr. Ketel - Foto © dffb



Mit seiner ausgeprägten Stilisierung ist Dr. Ketel das Komplementär zu jenem spröden Realismus, den man gemeinhin mit deutschen Nachwuchsfilmen verbindet. Dies verdient Respekt und lässt auf interessante Nachfolgeprojekte der beiden mutigen de Paolis hoffen.



Bewertung:    



Max-Peter Heyne - 20. August 2013 (2)
ID 7072
DR. KETEL (D 2011)
Regie: Linus de Paoli
Drehbuch: Anna de Paoli & Linus de Paoli
Mit: Ketel Weber, Amanda Plummer, Burak Yigit, Pit Bukowski, Franziska Rummel, Lou Castel, Hermann Beyer u.a.


Weitere Infos siehe auch: http://www.dffb.de


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= nicht zu toppen


= schon gut


= geht so


= na ja


= katastrophal

 


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