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Filmkritik

Die im Retro-Design gestaltete Blancanieves ist eine liebevolle Hommage an den melodramatischen Stummfilm





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Die Vorbereitungen für den ersten spanischen Stummfilm seit vielen Jahrzehnten liefen bereits seit mehreren Jahren, als die französische Tragikomödie The Artist von Michel Hazanavicius im Frühjahr 2012 satte fünf Oscars, darunter für den Besten Film und die Beste Regie, einheimste. Eine gewisse Schützenhilfe durch den überraschenden Erfolg der französischen Kollegen war also vorhanden und sicher auch hilfreich, obgleich Blancanieves – die spanische Bezeichnung für Schneewittchen – ganz eigenständige Qualitäten hat und sich hinter The Artist nicht zu verstecken braucht. Auch Blancanieves, der im Spanien der 20er Jahre und damit etwas früher als die Story von The Artist spielt, imitiert die optische Gestaltung und szenische Aufbereitung der Stummfilmmelodramen sehr sorgfältig und mischt sie auf überzeugende Weise mit modernen erzählerischen Elementen (z.B. ein augenzwinkernder Hinweis auf die Sado-Maso-Subkultur).




Blancanieves © Arcadia Motion Pictures



Doch es gibt auch einige markante Unterschiede: Blancanieves erzählt keine ganz und gar realistische Geschichte, sondern ist eine südeuropäisch-temperamentvolle Variante des berühmten, von den Gebrüder Grimm überlieferten Märchens von der feinen Prinzessin, deren böse Stiefmutter, die neue Königin, ihr die moralische Reinheit und Schönheit neidet und zu ermorden trachtet. Pablo Berger überträgt die Fabel in einen urspanischen Kontext: Ein berühmter Matador wird bei einem Stierkampf in Sevilla schwer verletzt, muss fortan im Rollstuhl sitzen und wird von seiner neuen Ehefrau gegenüber allen, auch seiner leiblichen Tochter, abgeschottet.

Die kleine Carmencita wächst zunächst bei ihrer Großmutter auf, gelangt aber nach deren Tod in die große Villa des Vaters und der gehässigen Stiefmutter, die es nur auf das Geld des gelähmten Ehemannes abgesehen hat. Ein Mordanschlag auf ihn gelingt, die Tochter kann entkommen und findet bei Kleinwüchsigen Unterschlupf, die mit einer lustigen Stierkampfshow durch die Lande ziehen. Sie werden der unter Gedächtnisverlust leidenden jungen Frau dazu verhelfen, in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten – womit Blancanieves erneut die Aufmerksamkeit der bösen Stiefmutter auf sich zieht, die sich um die Erbfolge sorgen und entsprechend handeln muss…




Blancanieves © Arcadia Motion Pictures



Die sieben Zwerge einmal nicht hinter den sieben Bergen, sondern als kleine Stars des Jahrmarkts-Tingeltangel – das ist eine der vielen originellen Ideen, mit denen Pablo Berger das Volksmärchen auffrischt. Zugleich belebt er auch das Genre des Stummfilms neu, indem er die Retro-Optik nicht als Selbstzweck nutzt, sondern dazu, Interesse für die gestalterischen Details zu erzeugen. Dass insbesondere die böse Stiefmutter eine Karikatur der klassischen Erbschleicherin ist, aber auch alle anderen Charaktere etwas holzschnittartig bleiben, sei Berger mit Hinweis auf den Märchencharakter der Vorlage verziehen. Der deutsche Untertitel Blancanieves - Ein Märchen aus Schwarz und Weiß trifft sowohl auf den optischen wie dramaturgischen Stil von Bergers Hommage zu.

Wie präzise Berger die Gestaltung des Films durchdachte, wurde auf dem Münchner Filmfest deutlich, auf dem der Regisseur sein umfangreiches Storyboard (also die Skizzenfolge, anhand derer im Vorhinein die Einstellungsgrößen, das bildliche Arrangement der Figuren und Objekte sowie die Kameraperspektiven festgelegt werden) als handgefertigtes Buch präsentierte. Zahlreiche, vor allem spanische Filmpreise hat der amüsante, bisweilen auch bissig-satirische Untertöne nutzende Stummfilm bereits erhalten. Nun geht er wie weiland The Artist als Spaniens Kandidat in den Wettbewerb um die Oscars – als „Bester fremdsprachiger (!) Film“. Dass Berger dann vor Glück wie seine Filmhelden sprachlos würde, gönnte ich ihm von Herzen.




Blancanieves © Arcadia Motion Pictures



Bewertung:    


Max-Peter Heyne - 1. Dezember 2013
ID 7412
Weitere Infos siehe auch: http://www.blancanieves-derfilm.de/


Post an Max-Peter Heyne



 

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