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Isländisches Kino

Das Brodeln

hinterm

Gartenzaun



Bewertung:    



„Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt“, heißt es schon in Friedrich Schillers Wilhelm Tell, aber selbst der Stürmer und Dränger würde vermutlich erstaunt sein über die Auswüchse eines Nachbarschaftsstreits in der bitterbösen Filmsatire Under the Tree des isländischen Regisseurs Hafsteinn Gunnar Sigurðsson. Die Kontrahenten leben zwar in einer tristen Vorstadtstraße, in der alle Häuser gleich aussehen, haben aber sehr unterschiedliche Lebenskonzepte. Konráð (Torsteinn Bachmann) hat mit Eybjörg (Selma Björnsdóttir) eine jüngere Frau geheiratet und will noch mal von vorne anfangen. Mit medizinischer Unterstützung versuchen die beiden Nachwuchs zu bekommen. Eybjörg ist relativ jung, sportlich und sonnt sich gerne im Garten, wenn da bloß der große Baum auf dem Nachbargrundstück nicht wäre, der ihr die Sonne nimmt. Die Nachbarn Baldvin (Sigurður Sigurjónsson) und Inga (Edda Björgvinsdóttir) kommen dem Wunsch nach einer Beschneidung des Baumes nicht nach, weil sie andere Sorgen haben – und durchaus auch aus Neid.

Insbesondere Inga hat mit ihrem Leben ein Stück weit abgeschlossen, nachdem vor Jahren ihr Lieblingssohn verschwunden ist und nie gefunden wurde. Nun taucht ausgerechnet der ungeliebte Sohn Atli (Steintór Hróar Steintórsson) auf und wohnt wieder zu Hause, weil er von seiner Frau rausgeschmissen wurde. Allmählich beginnt ein Reigen aus Provokationen und Fehleinschätzungen, der zu einer horrenden Eskalation führt.



Die Nachbarn Baldvin (Sigurður Sigurjónsson) und Konráð (Torsteinn Bachmann) befinden sich auf Konfrontationskurs | © Bac Films


Eines Tages wird Konráð mit einer elektrischen Säge gesehen, womit er sofort den Verdacht erregt, es auf den Baum abgesehen zu haben. Dann verschwindet sein Hund auf einmal. Die geliebte Katze seiner Nachbarin Inga ist auch eines Tages fort. Klar, dass der jeweilige Nachbar Schuld daran tragen soll. Überprüft wird das nicht, und so kommt es zu einigen Trugschlüssen. Das trifft nicht nur auf die Nachbarn zu, auch in Atlis Kampf um seine Frau und Tochter wird von Annahmen und Behauptungen ausgegangen. Regisseur Sigurðsson hat mit Huldar Breidfjord das Drehbuch geschrieben, in dem die gefühlten Wahrheiten im postfaktischen Zeitalter eine Katastrophe heraufbeschwören: das Ganze mit der wunderbaren Ironie und dem trockenen Humor, für den die Isländer bekannt sind.

*

Es ist schon gekonnt, wie witzig Umstände inszeniert werden können, die eigentlich traurig sind. Die Nachbarn wissen kaum etwas voneinander, man geht nicht vom Guten, sondern vom Schlechten im Menschen aus, es herrschen Vorurteile, die eigenen Ansichten werden nicht mehr hinterfragt. Im Grunde genommen wird nichts mehr überprüft oder in Frage gestellt. Man springt von einer Annahme zur anderen. Manchmal lässt Sigurðsson andere, wirklichkeitsnähere Möglichkeiten aufblitzen, aber die werden durch mangelnde Vernunft vertan. Mit ein bisschen Verstand und Logik hätte sich vieles vermeiden lassen, doch das Ende wird dann genau so überzogen und irrational wie die Protagonisten. Dabei schafft der Regisseur es immer wieder Kino vom Feinsten zu inszenieren, wobei Under the Tree erst sein dritter abendfüllender Spielfilm ist. Der Film beginnt als behäbige Vorstadtsatire, nimmt dann aber richtig Fahrt auf und entwickelt sich zum Thriller, deshalb wird auch nicht so viel auf den Inhalt und schon gar nicht auf den fulminanten Schluss eingegangen. Das müsste der interessierte Kinofan dann schon selber überprüfen.
Helga Fitzner - 15. Mai 2019
ID 11412
Weitere Infos siehe auch: http://www.underthetree-derfilm.de/


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