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Schwules Kino

Auf Leben

und Tod



Bewertung:    



Zu Beginn des letzten Drittels dieser so schmerzvollen, erschreckenden, zutiefst berührenden, aber auch schönen 144 Minuten von 120 BPM wird das Liebespaar aus großer Entfernung am Meer gefilmt: Neben dem hochgewachsenen, kräftigen, gesunden und HIV-negativen Nathan (Arnaud Valois) der kleine, schmächtige, todkranke und HIV-positive Sean mit den großen traurigen Augen (Nahuel Pérez Biscayart), der gleichwohl kämpferisch und wild ist. Hier bricht Unerbittlichkeit und Schönheit zugleich der Natur in Gestalt des Meeres in einen Film ein, der zu großen Teilen in Innenräumen und da vor allem in einem Pariser Hörsaal Ende der 1990er Jahre oder auf den Straßen von Paris spielt. Die Ausbreitung von HIV und Aids hat einen Höhepunkt erreicht, aber noch gibt es keine Medikamente, die den Tod verhindern können, noch sind die Nebenwirkungen fatal.

ACT UP (Aids Coalition to Unleash Power), eine auch in anderen europäischen Städten arbeitende Aktivistengruppe, geht in die Offensive und gegen die fehlende Prävention des Staats vor, gegen die schleppende Entwicklung von neuen Medikamenten durch die Pharma-Industrie, gegen gesellschaftliche Ächtung und Ignoranz auch von anderen Minderheiten wie Prostituierten und Drogenabhängigen. Es wird – durchaus mit Humor – unter Leitung von Sophie (Adèl Haenel) und Thibault (Antoine Reinartz) um den richtigen Slogan gerungen; darum, ob eine Aktion, bei der ein Politiker einen (Kunst-)Blut-Beutel an den Kopf bekam, richtig oder falsch war. Wir werden Zeugen von diversen Demonstrationen auf der Straße und Aktionen in Schulen, wo Mitglieder von Act Up den Unterricht sprengen, um Aufklärung zu betreiben, oder in den Büros von Forschungseinrichtungen und Büros eines Pharma-Konzerns Blut an die Glaswände spritzen. Dazwischen bricht sich immer wieder die Verzweiflung der HIV-positiven Männer Bahn, die trotz aller Symptome und schlechter Blutwerte gegen die Krankheit und den Staat kämpfen. Manch ein Mann, der gerade noch leidenschaftlich im Hörsaal gestritten hat, ist plötzlich tot.

Wunderbar viel Zeit lässt sich Robin Campillo (Eastern Boys, 2015), der selbst intensive Erfahrungen bei ACT UP gemacht hat, in seinem mit einer ungemein lebendigen Kamera gedrehten und faszinierend genau im Schnitt rhythmisierten Film auch für ausgelassen lebensbejahende Szenen in der Disco und vor allem für die immer intensivere Beziehung und den bei aller Intensität ganz zurückhaltend gefilmten Sex zwischen den beiden so ungleichen Männer und begleitet sie bis zum Tod Seans, der zuletzt in einem Traum die Seine blutrot gefärbt sieht. Dieser Tod, bei dem Nathan dem Geliebten mehr, als er eigentlich dürfte, zur Seite steht, ist nicht das Ende von 120 battements par minute (wie der französische Originaltitel lautet), vielmehr folgt auf den Abschied der allmählich am Totenbett eintreffenden Freunde eine letzte spektakuläre Aktion, die mit einem intimen Akt verknüpft werden. Das ist die Krönung eines Film, der 2017 in Cannes unter anderem mit dem Großen Preis der Jury und der Queer Palm ausgezeichnet wurde, manchmal fast dokumentarisch wirkt und dann wieder mit großartigen, ungemein natürlich und spontan wirkenden Schauspielern die Qualitäten eines ganz großen Spielfilms besitzt.



120 BPM | (C) Céline Nieszawer

Klaus Kalchschmid - 29. November 2017
ID 10399
Weitere Infos siehe auch: http://www.120bpm-film.de


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