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Feuilleton

Zum Start der Filmbiografie über den legendären Modeschöpfer Yves Saint Laurent

Aus einem Gespräch mit Regisseur Jalil Lespert



Elegant, aber etwas altmodisch

„Es ist uns gelungen, die intensivsten, emotionalsten Ereignisse aus dem Leben Yves Saint Laurents zu bündeln“, sagt Jalil Lespert, der die erste Filmbiografie über den 2008 im Alter von beinahe 72 Jahren verstorbenen Modedesigner gedreht hat. In der Tat verdichtet Lesperts Film das Leben Saint Laurents auch für Modelaien auf einsichtsvolle und begreifbare Weise. Dennoch bleibt ausgerechnet vieles von dem, was Saint Laurent in seinem professionellen Leben an äußerer Wirkung erzielte, im Film eine Behauptung, weil sich der Blick von Drehbuch und Regie kaum auf die Welt außerhalb der Laurentschen Klüngels wendet. „Die Mode fungiert nur als Background, im Mittelpunkt sollte Yves Saint Laurent als kreatives Genie und seine lebenslange Liebesgeschichte stehen“, bekennt der Schauspieler Jalil Lespert, dessen dritte Arbeit als Regisseur in Frankreich ein großes Publikumserfolg wurde und der entsprechend selbstbewusst den deutschen Journalisten entgegentritt.



Yves Saint Laurent - Foto (C) Universum Film Verleih


Lespert erzählt die Lebensbiografie chronologisch und entlang der wichtigsten Erfolge Saint Laurents, was nicht sonderlich originell, vor allem aber per se wenig dramatisch ist. Ob Saint Laurent, der im zarten Alter von 21 Jahren wegen des überraschenden Todes seines Mentors Christian Dior als aufstrebender Designer in dessen Fußstapfen steigen musste, tatsächlich kaum ernstzunehmende Widerstände erleben musste, sei dahingestellt. Jalil Lespert braucht jedenfalls eine ganze Weile, bis er in die Geschichte eines scheinbar unaufhaltbaren Aufstiegs endlich Hürden aufbaut. Es sind Probleme, die sich Saint Laurent tatsächlich selber schuf, der an manischen Depressionen litt und zu ungezügeltem Drogenkonsum und phasenweiser Selbstzerstörung litt. Doch Lespert behandelt auch diese Schattenseiten des Genies mit vornehmem Respekt und teils als der Hippieära geschuldet. „Es ging mir um den heroischen Aspekt im Leben dieses Mannes, der trotz seiner schweren psychischen Erkrankung die Kreativität nie verloren hat und sich nicht in die Dunkelheit hat reißen lassen“, so Lespert.

Immerhin zeigt Lespert relativ ungeschminkt, dass neben der Schaffenskraft Saint Laurents mehrfach auch dessen Beziehung zu seinem Lebens- und Geschäftspartner Pierre Bergé zur Disposition stand, der den Modekonzern trotz aller Streitereien mit seinem Partner wirtschaftlich stets erfolgreich leitete. „Es berührte mich sehr, dass Saint Laurent eine großartige Liebesgeschichte mit Pierre Bergé verband, die ein Leben lang hielt“, sagt Lespert, der Bergé als zweite Hauptfigur behandelt, der er im wirklichen Leben auch war. „Ohne Pierres Einverständnis hätte ich den Film niemals gedreht“, bekannt der Regisseur. „Nur über seine Beratung konnte ich Zugang bekommen zu Informationen, die nur er mir geben konnte. Außerdem wollte ich die 'YSL'-Familie kennenlernen, jene Stiftung, in der alle Männer und Frauen versammelt sind, die Yves bei seiner Arbeit als Designer begleitet haben.“



Yves Saint Laurent - Foto (C) Universum Film Verleih


Bergé habe konstruktiv bei den Dreharbeiten geholfen, damit das Team z.B. die Originalkleidungsstücke aus drei Jahrzehnten erhalten konnte, die sonst hinter verschlossenen Türen oder Museen lagern, erläutert Lespert. Auch sei es Bergé zu verdanken, dass an vielen Originalschauplätzen gedreht werden konnte - darunter dem Atelier, in dem Saint Laurent seit 1974 designt hatte und seiner ehemaligen Villa in Marokko. Lespert versichert, dass Pierre Bergé zwar die letzte Drehbuchfassung lesen durfte, aber klar war, dass er das einmal angeschobene Projekt nicht mehr würde beeinflussen oder gar zensieren können: „Das wir auch die negativen Seiten seines früheren Lebens- und Geschäftspartners zeigen, war ihm in seinem hohen Alter ziemlich egal. Er hat ohnehin eine leichte Beziehung zu den Dingen des Lebens und hielt eine gesunde Distanz zu unserem Team“, berichtet Lespert, der sich die Freiheit nahm, gewisse Aspekte zu fiktionalisieren, abzuschwächen oder zu überhöhen.

„Dazu braucht man immer ein gewisses Maß an Freiheit“, so Lespert, aber auch einen Rahmen und Regeln, damit nicht alles zur Karikatur verzerrt wird. Diese Begrenzungen habe aber nicht etwa Pierre Bergé gesetzt, sondern (wie auch in der Welt der Mode) die Zeitvorgaben und kommerziellen Erwartungen: „Ich habe den Film für ein möglichst großes Publikum konzipiert“, gesteht Lespert, der sich mit seiner eingängigen Dramaturgie auch „vom typischen Pariser Snobismus“ absetzen wollte. Dass er dabei im Gegensatz zu seinem Porträtierten zu sehr die Konventionen bedient hat, nimmt er gelassen in Kauf, zumal er „nicht Masochist sei und keine Kritiken lese“, so Lespert. Yves Saint Laurent nennt er einen klassischen „Avantgardisten“: „Er wusste genau, welche Bedeutung Kleidung in unserem Leben hat. ER verstand es, die Garderobe der modernen Frau an ihre Zeit anzupassen, und das zu einer Epoche, als Frauen noch in einem Korsett gefangen waren“, erläutert Lespert. „Er wagte es, Frauen Männerkleidung tragen zu lassen – zum Beispiel den Smoking –, ohne ihre Weiblichkeit je in Frage zu stellen.“



Yves Saint Laurent - Foto (C) Universum Film Verleih


*

Neben der Kurzweil, den Jalil Lesperts Film ohne Zweifel auszeichnet, und den besonderen schauspielerischen Leistungen von Pierre Niney als Titelfigur und Guillaume Gallienne als Pierre Bergé muss man ihm noch etwas anderes zu Gute halten: Geradeheraus und mit großer Offenheit thematisiert Lespert ein homosexuelles Leben, das sich – wenn auch im geschützten Raum der Modeszene – um etwaige Verwicklungen scheinbar wenig scherte. Ganz so selbstverständlich ist das im katholischen Frankreich ja nun nicht, wenn man an die vielen Großdemonstrationen gegen eine homosexuelle Eheschließung per Gesetz im vergangenen Jahr denkt (von der von oben verantworteten schwulenfeindlichen Hetze in Russland und etlichen afrikanischen Ländern ganz abgesehen, denen der Film deswegen anempfohlen sei).


Bewertung:    


Max-Peter Heyne - 18. April 2014
ID 7759
Weitere Infos siehe auch: http://www.ysl-film.de


Post an Max-Peter Heyne



 

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