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Feuilleton

Bilanz des Kinojahres 2013 und eine persönliche Hitliste



Eine Klasse für sich: Laurence Anyways (CDN) von Xavier Dolan



Was ich vor einem Jahr für 2012 formuliert hatte, gilt für 2013 in noch größerem Maße: nämlich dass das Kinojahr „besonders abwechslungsreich“, aber eben auch mit Hunderten Filmen „viel zu voll gestopft“ war. Die Situation hatte sich im Herbst sogar noch einmal verschärft und mittlerweile ein groteskes Ausmaß angenommen: In den Oktober- und Novemberwochen starteten bis zu 15 neue Produktionen durch einen deutschen Verleih. Da grenzt es an ein Wunder, dass die "kleinen" Filme überhaupt noch Spielstätten und –zeiten in der Republik finden. Keine Überraschung, dass zahlreiche sehenswerte Filme, die wenig Werbebudget haben oder ein Thema, das nicht viel Aufmerksamkeit auf sich lenkt, dabei gnadenlos untergehen. Auch hervorragende Kritiken oder eine große PR-Premiere helfen oft nicht mehr, aus dem Getümmel herauszuragen.

So liefen denn etliche Filme, die auf Festivals noch zu den Publikumsfavoriten gezählt hatten, als reguläres Angebot vielfach weit unter ihrem Potential und den Erwartungen der Verleiher - so wie im Falle des gefühlvollen belgischen Musikdramas The Broken Circle, des britischen Politthrillers Shadow Dancers, der europäischen Koproduktionen Into The White, Il Futuro, The Best Offer, Das Große Heft und The Congress, der deutschen Dramen 2 Leben, Draußen ist Sommer, Die schönen Tage oder Grenzgänger. Selbst solide amerikanische Kost mit bekannten Schauspielern wie etwa The Master, Der Dieb der Worte, Don Jon, Runner Runner, Malavita oder Um jeden Preis liefen eher schwach. Dass so ein humorvoller Dokumentarfilm wie Mein Weg nach Olympia, ein bewegendes Multikulti-Drama wie Der Stein der Geduld, der BERLINALE-Silber-Bären-Gewinner Aus dem Leben eines Schrottsammlers oder eine schräge Tragikomödie wie Tango Libre trotz allen Lobes und aller Bemühungen zu Flops wurden, ist die bittere Seite des Überangebotes.

Wie auch in den Vorjahren geht die Erfolgszahl von beinahe einer Milliarde an Kinoticket-Umsatz in 2013 nicht auf die Masse zurück, sondern auf vergleichsweise wenige Filme, auf die sich die Masse der Kinogänger konzentriert, darunter erwartbare Titel wie die vielen animierten Familienfilme, Horror à la World War Z und Bestseller-Verfilmungen wie Der Medicus, aber auch Überraschungserfolge wie Gravity oder Nachtzug nach Lissabon. Erstaunlich: Einstmals klangvolle Namen wie der von Regisseur Brian de Palma (mit seinem lesbischen Krimi Passion) oder der von Bernardo Bertolucci (mit seinem neuen Kammerspiel Ich und Du) wurden vom Publikum ignoriert. Ansonsten aber war auf die Altgedienten Verlass, die meistens künstlerisch überzeugten und ein treues Publikum anzogen, also in Zahlen gemessen glimpflich bis gut davonkamen: Polanski mit Venus im Pelz, Tarantino mit Django Unchained, Linklater mit Before Midnight, die Coen-Brüder mit Inside Llewyn Davis und vor allem Woody Allen mit Blue Jasmine.

Die deutsche Filmszene hat mit über 23 Prozent Marktanteil deutscher Filme am Gesamtumsatz (allerdings inklusive der vielen Koproduktionen) eigentlich wenig Grund zu klagen, sieht man auch hier von den unverdienten Flops wie Silvi oder Kohlhaas oder Die Verhältnismäßigkeit der Mittel ab. Ansonsten wurde die Sehnsucht vieler deutscher Regisseure und Produzenten nach kommerzieller Anziehungskraft oft belohnt: allen voran DER Millionenhit Fuck ju Göte, aber auch die gute Bilanz von Feuchtgebiete, Nachtzug nach Lissabon, 3096 Tage, Sein letztes Rennen, Exit Marrakesch und Das Leben ist nichts für Feiglinge. Sehenswerte Filme wie Staub auf unseren Herzen, Heute bin ich blond, Ummah oder Ich fühl mich Disco feierten in der Rubrik "deutscher Film" Achtungserfolge, auf denen eine weitere erfolgreiche Auswertung aufgebaut werden kann. Und dass ein vom Salzgeber-Verleih eher klein – also mit wenigen Kopien – gestartetes Homosexuellen-Drama, Freier Fall, (hochverdient!) die Nische verlassen konnte und sich zum Dauerbrenner des Arthauskinos entwickelte, zählt zu den schönsten und überraschendsten Phänomen 2014.

Der Berliner Salzgeber-Verleih beschritt übrigens auch neue Wege und bot das US-Drama Albert Nobbs zeitgleich zum Kinostart auch als DVD und Video on Demand an. Ich muss gestehen, dass ich früher gegen solche verengten Auswertungszeiträume war, um Kinobesitzern, die nur über einen Kinosaal oder wenige kleine Kinosäle verfügen und ihre Defizite nur mühsam ausgleichen können. Doch angesichts des Überangebotes wäre es noch törichter, die langen Verwertungszeiten beizubehalten, denn die Filme müssen die Aufmerksamkeit des Kinostarts und des damit verbundenen Medienechos schnell nutzen, wenn sie außerhalb der Großstädte, also auf den anderen Plattformen, noch ein nennenswertes Publikum erreichen wollen. Dass einige, besonders fleißige Produktionsfirmen wie Filmtank und Gebrüder Beetz verstärkt zu ihren TV- und Kinofilmen nunmehr auch Hybrid-Formate für portable Bildschirme entwickeln, ist sicherlich DER Fingerzeig Richtung Zukunft im Kinojahr 2013.


* * *

Lauter Höhepunkte – 30 Favoriten aus über vierhundert Kinostarts (eine Hitliste)



Eine Klasse für sich: Laurence Anyways (CDN) von Xavier Dolan / The End Of Time (Dokfilm, CH/CDN) von Peter Mettler / The Act Of Killing (Dokfilm, DK, NOR/GB) von Joshua Oppenheimer und Christine Cynn

Drama: Lincoln (USA) / Hannah Arendt (FR/CDN/IL/L/D) / Saiten des Lebens (USA) / The East (USA) / Blue Jasmine (USA) / Captain Phillips (USA) / Inside Llewyn Davis (USA) / My Beautiful Country (D, SRB) / Blau ist eine warme Farbe (F, B, ES)

Komödie / Tragikomödie: Die Croods (USA) / Before Midnight (USA) / Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel (D) / Venus im Pelz (F) / Feuchtgebiete (D)

Dokumentar- und Essayfilme: Max Beckmann – Departure (D) / Jaurès (F) / Room 237 (USA) / Mein Weg nach Olympia (D) / Video Vertov (D) / Master Of The Universe (D)

Schön schräg: Spring Breakers (USA) / Prince Avalanche (USA) / Liberace (USA) / Der Schaum der Tage (F) / Sputnik (D) / Ich fühl mich Disco (D) / Workers (MX, D)

Vom Rest das Beste: Silver Linings (USA) / Der Geschmack von Rost und Knochen (F) / Staub auf unseren Herzen (D) / Das Leben ist nichts für Feiglinge (D) / The Best Offer (I) / Tango Libre (B) / Der Dieb der Worte (F) / Il Futuro (E, I, RCH, D) / Sein letztes Rennen (D) / Die andere Heimat (D) / Das Große Heft (D, A, HU) / Computer Chess (USA) / Blancanieves (ES) / Houston (D) / Eltern (D) / Alois Nebel (CZ, D)

Nicht zu berücksichtigen – weil ich sie verpasst habe – waren unter anderem folgende Filme: Django Unchained / The Master / 3096 Tage / Heute bin ich blond / Passion / The Broken Circle / Freier Fall / Ummah / Zum Geburtstag / The Place Beyond the Pines / The Congress / World War Z / His & Hers / Slow Food Story / La Grande Bellezza / Michael Kohlhaas / 2 Leben / Das ist das Ende / Don Jon / The World’s End / Albert Nobbs / Geld her oder Autsch’n / Der Butler / Drecksau / Gravity / Rush / 00 Schneider – Im Wendekreis der Eidechse / König von Deutschland / Die schönen Tage / Stein der Geduld / Runner Runner / Thor 2 / Um jeden Preis / Frau Ella / Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen 2 / Exit Marrakesch / Vive la France / Inside WikiLeaks / Die Nonne / Ich und Du / Escape Plan / Last Vegas / Tage am Strand / The Counselor / Malavita / Am Hang / Schwestern / Oldboy (2013) / Die Eiskönigin – völlig unverfroren

Erspart habe ich mir absichtlich: Der Schlussmacher / Kokowääh 2 / Im Weißen Rössl – Wehe Du singst / Der Teufelsgeiger / Buddy / Der Medicus und etliches mehr.


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Und jetzt geht’s ins Filmjahr 2014 – und es sieht nicht so aus, als wenn weniger zu gucken wäre…
Max-Peter Heyne - 12. Januar 2014
ID 7498

Post an Max-Peter Heyne



 

FILM Inhalt:

Rothschilds Kolumnen

BERLINALE

DOKUMENTARFILME

DVD

EUROPÄISCHES JUDENTUM IM FILM
Reihe von Helga Fitzner

FERNSEHFILME

HEIMKINO

INTERVIEWS

NEUES DEUTSCHES KINO

SPIELFILME

TATORT IM ERSTEN
Gesehen von Bobby King

UNSERE NEUE GESCHICHTE


Bewertungsmaßstäbe:


= nicht zu toppen


= schon gut


= geht so


= na ja


= katastrophal

 


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