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Feuilleton

Anlässlich des Lebens von Christopher Reeve



Ende der 80er Jahre stellt sich das Public Theatre in New York einer gigantischen Aufgabe. Innerhalb von sechs Jahren wollen sie die insgesamt 36 Stücke von William Shakespeare auf die Bühne zaubern. Zum Glück haben sie prominente Unterstützung, Superman Christopher Reeve ist mit von der Partie: In „The Winter’s Tale“ („Das Wintermärchen“) spielt er den König Polixenes. In einer temporeichen, aber etwas zu fahrig geratenen Inszenierung ist er der ruhende Pol und zeichnet sich durch eine souveräne Performance und eine auffallende Sicherheit aus. Er fühlt sich mit der Verssprache Shakespeares sichtlich wohl und trägt die phantasiereichen Kostüme wie eine zweite Haut. Er ist damals 37 Jahre jung und hat bereits bleibenden Weltruhm erlangt.

Mit 15 Jahren steht er zum ersten Mal auf einer Bühne. Während seines letzten Schuljahres an der Cornell University gehört er zu den nur zwei Studenten dort, die für eine Ausbildung an der New Yorker Juilliard School of Performing Arts ausgewählt werden. Der zweite Student ist Robin Williams, mit dem er sich das Studentenzimmer teilt und zu dem sich eine lebenslange Freundschaft entwickelt. Bald werden auch die Filmleute auf den hochgeschossenen und gutaussehenden Schauspieler aufmerksam. Die Superman-Filme verhelfen ihm zum internationalen Durchbruch. Viele Zuschauer unterschätzen lange sein Können und seine Ambitionen, weil sie ihn nur als Superman wahrnehmen. Dabei spielt er Theater und ist auch politisch aktiv. Da es in den USA kein Subventionierungssystem gibt, beteiligt sich Reeve an Kampagnen zur Finanzierung der Künste. Diese Art von Lobby-Arbeit soll eines Tages seine bedeutendste Rolle im wirklichen Leben werden, zwar nicht mehr im kulturellen Bereich, aber im medizinischen.

1995 erleidet der erfahrene Reiter während eines Turniers einen tragischen Unfall. Zwar kann sein Leben gerettet werden, aber er ist von der Halswirbelsäule an abwärts querschnittgelähmt. In den Folgejahren wird der Superman-Darsteller ein Held im wirklichen Leben. Sein ungebrochener Glaube an die Heilungsmöglichkeit einer Querschnittlähmung gibt Tausenden von Betroffenen ein Beispiel und neue Hoffnung. Denn muss man nicht erst etwas für möglich halten, bevor es letztendlich eintreten kann? Diese Ansicht vertritt er vor allem politisch. 1999 ist er daran beteiligt, das der Work Incentives Improvement Act verabschiedet wird, der Behinderte bei der Wiedereingliederung in einen Beruf unterstützt. Dazu muss die Regierung die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen. Mit der Stiftung CRPF, der Christopher Reeve Paralysis Foundation, leistet er grundlegende Arbeit (www.apacure.com) . Er unterstützt vor allem die Stammzellenforschung, weil er sich davon verspricht, dass eines Tages auch die zerstörten Nervenzellen Querschnittgelähmter ersetzt werden können. Sein Einsatz für die medizinische Forschung schließt auch Behandlungsmöglichkeiten für Parkinson, Alzheimer, Multiple Sklerose und andere Krankheiten ein.

Aber so ganz kann er die Finger nicht von der Schauspielerei lassen. In einer Fernsehfassung von Hitchcocks „Das Fenster zum Hof“ spielt er 1998 die Rolle eines Mannes, der von seinem Fenster aus einen Mord beobachtet. Als der Mörder ihn umbringen will, braucht er bloß den Beatmungsschlauch zu ziehen. Christopher Reeve, der nur einige Sekunden eigenständig atmen kann, lässt seinen echten Schlauch ziehen. Das Ringen nach Luft ist entsprechend überzeugend. Im Jahr 2001 taucht er in insgesamt zwei Folgen der amerikanischen Kultserie „Smallville“ auf, die vom Leben des pubertären Superman handelt, der erst lernen muss, mit seinen Kräften umzugehen. Im Anschluss wirbt er zusammen mit dem Jung-Superman Tom Welling für die Christopher-Reeve-Stiftung.

Auch mit seinem Debüt als Regisseur erregt er Aufsehen. 1997dreht er „In den Gloaming“, „In der Abenddämmerung“ und beweist damit, dass auch ein Behinderter zu solchen Leistungen in der Lage ist. Seine neueste Regie-Arbeit „The Brook Ellison Story“ über eine querschnittgelähmte Frau hat er 2004 gerade noch fertiggestellt.

Für Christopher Reeve war es noch zu früh, von den möglichen Behandlungserfolgen der Querschnittlähmung zu profitieren, aber durch seine Popularität und seinen Einsatz hat er ein Bewusstsein für diese Arbeit geschaffen und durch seine Kampagnen rund 22 Millionen Dollar aufgetrieben. Doch es gibt etwas, was er bereits zu Lebzeiten erreicht hat: Ihm ist es gelungen, die Querschnittlähmung gesellschaftsfähig zu machen. Wenn er bei festlichen Gelegenheiten und Galen auftrat, fühlten sich die Organisatoren geehrt durch ihn. Ein Schwerstbehinderter im Rollstuhl und mit Atemgerät war auf einmal ein gern gesehener Anblick bei den Reichen und Schönen.

Neun Jahre seines Lebens verbrachte Reeve im Rollstuhl. Es war ihm nur für wenige Minuten vergönnt, eigenständig zu atmen. Er war vollständig auf die Hilfe anderer angewiesen. In keinem seiner öffentlichen Auftritte erschien er jedoch verbittert, im Gegenteil. Immer wieder betonte er, eines Tages wieder laufen zu können. Nie war von Aufgeben und Resignation die Rede. Doch eines Tages war eine Infektion stärker als er. Er starb an Herzversagen, weil seinem geschwächten Organismus die Widerstandskraft fehlte. Nun liegt es an anderen, den Funken am Leben zu erhalten und eine Heilungsmöglichkeit für die Querschnittlähmung zu finden. Mit seiner Stiftung hat Christopher Reeve einen wichtigen Grundstein dafür gelegt.

Shakespeare „The Winter’s Tale“
Akt 1, Szene 1

Polixenes
„Bedrängt mich nicht, ich fleh’ Euch an...
Der Bestimmung Ruf zieht heimwärts mich ...
Zwäng’ Eure Lieb’ mich, hier zu bleiben
brächt’ Last und Unruh dies für Euch.
All dies zu meiden, sag ich
Leb wohl!“



helga fitzner - red / 21. Oktober 2004
ID 00000001343
Christopher Reeve starb am 10. Oktober 2004
Weitere Infos siehe auch: http://www.apacure.com/






 

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