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Gottfried Wilhelm von Leibniz


Gemälde von Bernhard Christoph Francke, Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum, um 1700


Vielleicht dachte, las und schrieb niemand mehr als Leibniz
Viele Handschriften des Universalgelehrten sind noch unveröffentlicht

von Ernst Probst

Hannover - Von den rund 200.000 mehr oder minder großen Blättern, die von dem berühmten deutschen Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Freiherr von Leibniz (1646-1716) zum größten Teil eigenhändig beschriftet wurden und heute im Tresor der Handschriftenabteilung der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek - Niedersächsischen Landesbibliothek in Hannover liegen, sind erst etwa 60 Prozent (gut 40 Prozent in der Akademieausgabe) publiziert. Dies erklärte der im Leibniz-Archiv der Bibliothek arbeitende Dr. Siegmund Probst. Er ist einer von insgesamt 20 Wissenschaftlern, die in Hannover, Münster, Berlin und Potsdam seit vielen Jahren sämtliche Schriften und Briefe von Leibniz edieren.

Im Leibniz-Archiv füllen die persönlichen Handschriften von Leibniz insgesamt 440 hellblaue Kartons, die auf rund 72 Regalmetern stehen. Teilweise handelt es sich nur um 2 Zentimeter hohe Papierstreifen, teilweise aber auch um Großfolioformat.

Die Lektüre der Leibniz-Handschriften gestaltet sich für die damit befassten Wissenschaftler sehr schwierig. Zum einen sind Deutsch, Latein und Französisch des 17. Jahrhunderts keine leichte Lektüre, zum anderen ist die Handschrift von Leibniz nur mit Mühe entzifferbar. Hinzu kommt, dass Leibniz einige seiner mathematischen Schreibweisen oft innerhalb weniger Wochen änderte und seine Korrekturen nicht immer sofort verständlich sind.

Außerdem verwendete der Vielschreiber Leibniz oft nur billiges Papier und preisgünstige eisenhaltige Tinte, die sich heute allmählich durch die alten Blätter frisst. Irgendwann werde sich das Papier ganz auflösen, befürchtet Dr. Siegmund Probst.

Die Handschriften des Universalgenies Leibniz sollen trotzdem der Nachwelt erhalten bleiben. Man plant, möglichst viele Blätter zu scannen, zu digitalisieren oder in gedruckter Form zu veröffentlichen.

"Vielleicht hat niemals ein Mensch so viel gelesen, so viel gedacht, so viel geschrieben wie er", rühmte der französische Schriftsteller und Philosoph Denis Diderot (1713-1784) seinen deutschen Zeitgenossen Leibniz. "Leibniz muss ständig geschrieben haben", vermutet Dr. Siegmund Probst. Sogar wenn er sich bei Tisch unterhielt, machte er sich Notizen und bewahrte diese alle auf. Den Leibniz-Nachlass zu bearbeiten sei so, als wolle man einen Ozean mit einem Fingerhut ausschöpfen, seufzt ein anderer Experte. Professor Dr. Herbert Breger, der Leiter des Leibniz-Archivs, stellt fest: "Wenn man alles lesen wollte, bräuchte man dafür allein 20 Jahre".

Schon 1901 versuchte man erstmals, sämtliche Werke von Leibniz in einer Gesamtausgabe zu veröffentlichen, doch erst 1985 seit der Übernahme dieser gewaltigen Aufgabe in das Akademieprojekt des Bundes und der Länder erzielte man dabei wesentliche Fortschritte. Bis heute sind 42 Bände der so genannten Akademie-Ausgabe mit durchschnittlich je 800 Seiten veröffentlicht. Bis 2055 soll der letzte der insgesamt 100 geplanten Bände mit den Briefen und Schriften von Leibniz erscheinen, wenn die Geldmittel von Bund und Ländern weiterhin zur Verfügung stehen.

Ende Juli 2005 wurden von der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Gesellschaft aus Hannover in der niedersächsischen Landesvertretung in Berlin drei neue Bände der Leibniz-Reihe vorgestellt. Sie enthalten politische Schriften von Leibniz, die dieser zwischen 1692 und 1694 verfasste, seine Briefwechsel zu mathematischen, naturwissenschaftlichen und technischen Fragen aus dem Jahren 1694 bis 1696 sowie seine Briefe zu politischen und historischen Themen aus den ersten acht Monaten des Jahres 1700. Präsentiert wurden die Bände von den an der Herausgabe maßgeblich beteiligten Wissenschaftlern Dr. Hartmut Rudolph aus Potsdam, Dr. Heinz-Jürgen Heß aus Hannover und Dr. Malte-Ludolf Babin aus Hannover.

Der unglaublich belesene und fleißige Gottfried Wilhelm Leibniz arbeitete in fast allen bekannten Wissenschaftsdisziplinen seiner Zeit. Man bezeichnet ihn deswegen als Universalgenie und als den wahrscheinlich letzten Menschen, der noch fähig war, das Wissen der Menschen zu überblicken. Seine Erkenntnisse in der Mathematik und der analytischen Philosophie sind selbst heute noch - mehr als 300 Jahre nach seinem Tod - relevant.

Leibniz fand nach seinem Tod im Dezember 1716 in Hannover seine letzte Ruhestätte. Die Stadt Hannover errichtete 1787 für ihn ein Denkmal - es war das erste Denkmal, das in Deutschland einem Bürgerlichen gewidmet wurde. An den Universalgelehrten erinnert auch der Leibniz-Keks - diese Ehrung geht auf Hermann Bahlsen, den Begründer des bekannten Backunternehmens aus Hannover, zurück.

Ernst Probst, 2. August 2005
ID 00000001981


Siehe auch:
http://www.kultura-extra.de/literatur/literatur/verlagportrait/ernst_probst.html




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