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Kulturspaziergang

Mit der eisernen

Karawane entlang

der Seidenstraße

durch Zentralasien



Minarett in Chiva | Foto: Zaubi M. Saubert



Der Begriff "Seidenstraße" weckt Assoziationen an alte Handelswege, Seide und Gewürze, die auf endlosen Kamelkarawanen durch die Steppen Asiens transportiert wurden. Kamele gibt es heute praktisch keine mehr, und doch ist die Seidenstraße aktueller denn je. China ist es, das das Projekt der neuen Seidenstraße ausgerufen hat, um seine Waren, jetzt mit eisernen Karawanen auf dem Schienenweg, schneller nach Europa zu bringen.

Mit dem Oriental Silk Road Express ist das Erlebnis Seidenstraße auch für Touristen buchbar. Ein spektakuläres Erlebnis. Die zweiwöchige Reise findet in kleinen Gruppen von etwa zwanzig Personen statt und teilt sich in sieben Hotel- und sieben Übernachtungen in verschiedenen Abteilkategorien des Sonderzuges auf. Insgesamt geht die Fahrt über knapp 4.600 Kilometer Schiene.

Wir starten in Almaty, dem früheren Alma-Ata im Süden Kasachstans. Hier ist die sowjetische Prägung der bedeutendsten Stadt Kasachstan noch deutlich spürbar. Nach Stadtbesichtigung und Kennenlernen der Gruppenteilnehmer geht es am nächsten Tag abends auf die Schiene, und das Abenteuer beginnt. Es beginnt schon damit, dass unser Zweierabteil sehr klein, aber liebevoll hergerichtet ist. Die beiden Betten sind mit je 67 cm Breite und knappen 1,90 m Länge nicht unbedingt kuschelig. Dafür sorgt auch ein kleines trennendes Tischchen am Kopfende. Der Fußraum zwischen den Betten ist ebenfalls sehr schmal. Bis man sich und sein Gepäck in der Enge einsortiert hat dauert es eine Weile. Aber es ist total aufregend in dem ratternden und rumpelnden alten Zug.

Ein Zugwaggon bietet acht Zweierabteile, zwei Toiletten und einen Waschraum mit Dusche. Die Dusche ist allerdings nur während der Fahrt zu benutzen, da sonst der Wasserdruck nicht ausreicht. Wer hat schon einmal im fahrenden Zug geduscht? Ich nicht, und ich habe es auch nicht versucht, da es doch eine gewisse Trittsicherheit verlangt. Man muss auch nicht jeden Tag duschen.



In einem der Zweierabteile des Oriental Silk Road Express | Foto: Zaubi M. Saubert


Zu unserem Waggon gehört auch ein eigener Speisewagen, wo wir während der Fahrt hervorragend bewirtet werden. Das Essen umfasst drei Gänge, liegt als Menükarte aus, und man staunt, was die beengte Küche des Zuges an Leckereien so zaubert. Dazu wird einheimisches Bier, italienischer Wein, Wodka und noch so einiges mehr gereicht. Im Rahmen der Reise findet auch eine Wodka-Probe statt.

Die erste Nacht ist die aufregendste. Nicht nur, dass es dauert bis sich auch ein Mensch normalen Formats auf der schmalen Pritsche liegender Weise eingerichtet hat und sich durch ungleichmäßiges Rattern und Ruckeln in den Schlaf hat schaukeln lassen. Nein, mitten in der Nacht erfolgt etwas, dass wir Mitteleuropäer nicht mehr kennen: die Grenzkontrolle. Unsere Reisepässe haben wir wohlweislich schon bereitgelegt, als gegen 3.30 Uhr der kasachische Grenzer im Kampfanzug im Türrahmen erscheint. Bitte einmal Lächeln fürs Foto. Anschließend steckt der Drogenhund noch kurz seine Nase ins Abteil und läuft dann geschäftig weiter. Kaum fährt der Zug wieder, steht er auch schon erneut. Nun naht der kirgisische Grenzer, und das Spiel wiederholt sich.

Das Frühstück entschädigt für die unruhige Nacht. Der Blick aus dem Zugfenster fällt auf staubige gelbliche Steppe, durchsetzt mit einzelnen Bäumen in bunten Herbstfarben und hohen Bergketten am Horizont. Richtige Berge. Zwischen vier- und fünftausend Meter hoch, gekrönt mit schneebedeckten Gipfeln. Ein erhebender Anblick. Auf der längsten Fahretappe, von Bischkek nach Samarkand, haben wir ausreichend Zeit dies zu bewundern, denn wir fahren über tausend Kilometer am Stück.



Blick aus dem Zugfenster des Oriental Silk Road Express | Foto: Zaubi M. Saubert


Vorher besucht die Karawane aber noch den uns gänzlich unbekannten Yssykkol See, sowie die kirgisische Hauptstadt Bischkek. Den Yssykkol See erreicht der Zug durch eine spannende Schlucht und befindet sich kurz darauf an der kirgisischen Adria, zumindest sehen die Ufer teilweise so aus. Es handelt sich um den zweithöchsten Gebirgssee der Welt, auf 1.600 m Höhe gelegen. Zehnmal so groß wie der Bodensee. Das gegenüberliegende Ufer ist nicht zu erkennen. In Bischkek stoßen wir im Stadtbild noch auf ganz viel sowjetischen Charme und am Unabhängigkeitsplatz auf eine Orgie in weißem Marmor, errichtet noch vor der Unabhängigkeit. Die einhundert Meter hohe Fahne wird von zwei Soldaten bewacht, deren Wachwechsel der Tourist jede volle Stunde erleben kann. Mit Stechschritt und aufgepflanztem Bajonett. Die Hotelübernachtung in Bischkek steht im ziemlichen Gegensatz zum Zugabteil Das Zimmer in dem Vier-Sterne-Hotel ist riesig, das Bett fast noch größer.

Ein absolutes Highlight der Reise ist Samarkand in Usbekistan, das wir am siebten Tag erreichen. Waren Kasachstan und Kirgisistan noch ziemlich sowjetisch geprägt und aus alten Nomadenvölkern hervorgegangen, so empfängt uns hier der Orient. Anders als Amaty und Bischkek, die aus Ansammlungen von Jurten (so heißen die kreisrunden Zelte dort) entstanden sind, ist Samarkand 2.500 Jahre alt. Auch wenn nach Dschingis Khans Mongolensturm im 13. Jahrhundert kaum noch ein Stein auf dem anderen geblieben ist. Der Hauptplatz von Samarkand, der Registan, ist eine Augenweide islamischer Architektur und zwischen dem 15. Und 17. Jahrhundert errichtet worden. Drei gewaltige Koranschulen umgeben ihn und schaffen dazwischen Platz für Gläubige und ungläubig staunende Touristen. Hier spürt man, dass diese Stadt lange das Zentrum islamischen Wissens in Zentralasiens gewesen ist.



In Samarkand | Foto: Zaubi M. Saubert


Unser Sonderzug ist eher alt aber gemütlich. Auf einem Bahnhof treffen wir auf die Zukunft. Der neue aus Spanien erworbene Hochgeschwindigkeitszug Afrosiyob, von dem Usbekistan gleich etliche gekauft hat, steht auf dem Nachbargleis. Die Neue Seidenstraße lässt grüßen. Auch der Abstecher ins tadschikische Duschanbe offenbart Unerwartetes. Es ist nicht die Bauwut, die sich mit Ansammlungen fünfzehngeschossiger Wohntürme niederschlägt, die treffen wir auch in den anderen besuchten Ländern, sondern es ist die Pracht der offiziellen Bauten. Hier wurden die Zeugnisse sowjetischer Repräsentationsbauten abgerissen, um sie dann doppelt so groß und noch prächtiger neu entstehen zu lassen.

Wieder zurück in Usbekistan erwartet die eiserne Karawane Märchen, wie aus Tausendundeiner Nacht. Nächstes Ziel ist das in der Wüste gelegene Buchara mit seinen eintausend Baudenkmälern, das sich wie ein großes orientalisches Museum präsentiert. Dazu gehört mit dem Mausoleum der Samaniden eines der wertvollsten Bauwerke Zentralasiens.

Nächste Station ist Chiwa, endgültig ein orientalisches Märchen. Umgeben von einer gewaltigen Stadtmauer, kommt sich der Besucher wie in einem Freiluftmuseum aus einer anderen Welt vor. Chiwa ist eines der besterhaltenen Ensembles mittelalterlicher orientalischer Baukunst in Zentralasien.

Wenn die Reisegruppe den Zug verlässt, wird sie auf dem Bahnhof bereits von einer Folkloregruppe empfangen, bevor alles in den bereits wartenden Bus einsteigt. Das Tagesprogramm ist prall gefüllt mit Besichtigungen, und die kompetente deutschsprachige Reiseleitung hält hierzu alle Informationen und vieles mehr bereit. Wir erleben alte handwerkliche Traditionen und lernen in den vierzehn Tagen allein fünf UNESCO Welterbe-Stätten kennen.

*

Die Reise mit dem Oriental Silk Road Express, die ein Berliner Reisebüro anbietet, ist ein einzigartiges Erlebnis, das Einblick in vier zentralasiatische Staaten und ihre Kultur gewährt. Die Fahrt mit dem alten Sonderzug ist etwas ganz Besonderes. Der Ausblick auf die asiatische Steppe und die schneebedeckten Berggipfel im Hintergrund haben sich für immer im Kopf festgesetzt.

Die Anreise erfolgt von Frankfurt via Istanbul nach Almaty. Visa sind für die Reise nicht nötig. Einziger Nachteil der Zugreise ist ihr Preis. Sie ist nicht ganz billig.


Zaubi M. Saubert - 13. Dezember 2025
ID 15606
https://orient-silkroad-express.com


Post an Zaubi M. Saubert

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