Oslo,
Lebensqualität
am Wasser
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Aker Brygge, Kunst zwischen den Häusern | Foto: Zaubi M. Saubert
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Oslo ist nicht mehr die teuerste Stadt weit und breit, aber im europäischen Vergleich immer noch unter den Top Ten und absolut teuer genug. Dafür bietet die Stadt am Oslo-Fjord mit ihrer knapp dreiviertel Million Einwohnern eine Menge Lebensqualität. Für den, der das nötige Kleingeld besitzt. Das Geld und Lebensqualität zusammenhängen, sieht der Besucher an den Autos auf der Straße. Gefühlt jedes zweite Auto ist ein Tesla, dann kommt die deutsche Mittel- und Oberklasse.
Nähert man sich der norwegischen Hauptstadt, die auch Sitz des norwegischen Königshauses ist, vom Fjord aus, so ist da zunächst die alte Festung Akershus, die auf einem Felsen über dem Hafen thront und diesen seit dem 14. Jahrhundert bewacht. Inzwischen längst umgebaut zu einem Renaissanceschloss, dient es heute repräsentativen Zwecken, und sein Außenbereich lädt zum Spazieren ein und bietet schöne Ausblicke auf Oslo.
Links und rechts der Festung erstreckt sich am Wasser das neue moderne Oslo. An der östlich davon gelegenen Bucht Bjørvika ist auf ehemaligen Hafenareal das gleichnamige Viertel Bjørvika entstanden. Es glänzt mit moderner spektakulärer Architektur. Besonders imposant ist dabei das neue Opernhaus, der größte Kulturbau der norwegischen Nachkriegszeit. Das Architekturbüro Snøhetta setzte es einem Eisberg nachempfunden um. Mit großen Betonschrägen und viel Glas, direkt am Wasser gelegen, ist es weithin sichtbar. Weil es offenbar modern ist, hat man daneben ein großes Riesenrad ans Wasser gestellt.
Direkt nebenan erhebt sich seit 2020 der Neubau der Deichmanske bibliotek, der größten öffentlichen Bibliothek des Landes, ebenfalls von einem norwegischen Architekturbüro gebaut. Auffällig ist das einer umgekehrten Treppe gleichende weit auskragende wuchtige Obergeschoss der großen verglasten Fassade. Wenige Meter weiter schließen sich zwölf verschiedenen Hochhäuser an, die eng beisammenstehen und wegen ihrer unterschiedlichen Breite den Namen Barcode erhalten haben.
Nicht fehlen darf hier natürlich das 2021 fertiggestellte neue Munch Museum. Der gläserne 13-geschossige, in seiner Form dem Lambda Zeichen nachempfundene Bau präsentiert auf 26.000 Quadratmetern den Nachlass des norwegischen Malers und Grafikers Edward Munch, der von 1916 bis zu seinem Tod 1944 in Oslo gelebt und gearbeitet hat. Im obersten Geschoss befindet sich ein Restaurant und eine Bar, die einen wunderbaren Ausblick auf den Fjord und die Stadt Oslo bieten.
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Blick auf Oslo - vom Munch Museum aus | Foto: Zaubi M. Saubert
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Auf der westlichen Seite der alten Festung erhebt sich das Rathaus, ein gewaltiger Bau aus rotem Ziegel mit zwei wuchtigen Türmen. Es folgt das Nobel-Peace-Museum, das Museum des Friedensnobelpreises, der jedes Jahr in Oslo vergeben wird und hier, im ehemaligen Westbahnhof, seit 2005 untergebracht ist. Jeden Freitag steigt hier um 12 Uhr mittags eine Friedenstaube auf. Dahinter erhebt sich das gewaltige Nasjonalmuseet. Das größte Kunstmuseum Skandinaviens. Alle Gebäude befinden sich nur einen Steinwurf vom Oslofjord entfernt.
Folgt der Besucher der Promenade am Wasser erreicht er die neuen Stadtteile Aker Brygge und Tjuvholmen. Hier befinden sich in einer spannenden architektonischen Formenmischung aus Beton, Stahl und Glas ebenerdig zahllose Lokale, während sich darüber eine Mischung aus Büros und Wohnungen befinden. Durchzogen wird das Areal von Wasserläufen. Hier ist die Lebensqualität Oslos zum Greifen nah.
Die Altstadt von Oslo ist weniger spektakulär. In ihrem Zentrum befindet sich die Domkirke, die in der Mitte der Karl Jahans Gate liegt, der Haupteinkaufsstraße der Stadt. Diese läuft schnurgerade, vorbei am Historischen Museum und der Universität auf das Königliche Schloss zu. Dieses kann im Sommer besichtigt werden, oder man wohnt täglich um 13.30 Uhr dem Zeremoniell der Wachablösung vor dem Schloss bei.
Auf der südlich des Zentrums gelegen Halbinsel Bygdøy, die bequem mit einer Linienfähre zu erreichen ist, befindet sich das Naherholungsgebiet der Osloer und auch hier gibt es eine Menge zu sehen. Da sind das Norsk Folkmuseum mit 150 historischen Gebäuden aus ganz Norwegen, das Norsk Maritimt Museum das über die maritime Vergangenheit Norwegens informiert und das Vikingskipshuset in dem drei Wikingerschiffe aus dem 9. Jahrhundert ausgestellt sind. Hauptziel der Besucherströme ist das direkt am Fähranleger befindliche Frammuseet mit dem berühmten Polarschiff Fram mit dem Fritjof Nansen und Roald Amundsen zwischen 1893 und 1912 den Nord- und Südpol erkundeten. Das Original kann in einer dreigeschossigen Ausstellungshalle besichtigt werden, und der Besucher kann das ganze Schiff sogar von innen besichtigen. Ein ganz besonderes Erlebnis, wenn einen alte Schiffe interessieren.
Nicht weniger spektakulär ist gleich nebenan das Gebäude des Kon-Tiki-Museet, in dem die Balsaholz- und Schilfflösse von Thor Heyerdahl ausgestellt sind, in denen Heyerdahl 1947 den Pazifik und 1970 den Atlantik überquerte.
Für den Kunstinteressierten ist der Vigelandspark ein Muss. Den weitläufigen Park hat der norwegische Künstler Gustav Vigeland in seinen letzten 22 Lebensjahren mit über 200 Skulpturen zu einem Gesamtkunstwerk gestaltet. Der Mensch ist das Thema seiner Arbeiten und zeigt diesen immer nackt, in all seinen Facetten.
Nicht umsonst ist Oslo fester Stopp der Kreuzfahrschiffe. Immerhin dominieren sie hier in der großen Stadt nicht das Stadtbild, sie liegen eher am Rand, und die Massen der Reisenden verlaufen sich hier eher als in kleinen Städten wie Bergen oder Stavanger.
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Oslo ist nicht nur eine Kulturstadt, sondern auch ein Sportzentrum. 1952 wurden hier die Olympischen Winterspiele ausgetragen. Berühmt ist die älteste Sprungschanze der Welt, die 1892 errichtete Schanze am Holmenkollen. Heute besticht ein weithin sichtbarer, 2008 errichteter Neubau. Im Sommer können sich hier wagemutige im Flying Fox, am Karabinerhaken hängend, in die Tiefe stürzen. Weniger wagemutige belassen es bei einem Besuch des Skimuseums in dem man sich in einem Skisimulator erproben kann.
Nicht erst bei der Fahrt mit dem Auto hinauf zum Holmenkollen bemerkt man den Wohlstand der Stadt. Es geht eigentlich nur durch kleinteilige Wohnviertel mit überwiegend Ein- und Zweifamilienhäusern. Gepflegte Vorgärten und hübsche Häuser. Norwegen ist allein schon wegen seiner Öl- und Gasvorkommen eines der reichsten Länder der Welt. Der norwegische Staat lässt einen großen Teil dieser Einnahmen in einen Staatsfonds fließen, der seinen Bürgern zugutekommt. Liegt es daran, dass die Norweger alle einen so entspannten Eindruck machen? Und das trotz der Preise, die manchem Besucher die Tränen in die Augen treiben.
Vielleicht ist in dem Reichtum des Landes die Tatsache begründet, dass Norwegen nicht Mitglied der EU ist. In zwei Volksabstimmungen hat sich das Volk (1974 und 1994) gegen einen Beitritt ausgesprochen. Folglich wird hier auch nicht mit Euro, sondern mit norwegischen Kronen bezahlt.
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Moderne Architektur in Oslo | Foto: Zaubi M. Saubert
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Stadtbesichtigung und Kultur machen hungrig und durstig. Dem kann problemlos abgeholfen werden. Allerdings zahlt man im Lokal leicht mal 8- 9 Euro für ein alkoholfreies Getränk; wen es zum Bier zieht, der überlegt es sich bei Preisen im zweistelligen Bereich. Mit dem Essen sieht es ähnlich aus. Typischerweise isst man in Oslo, wie auch im ganzen Land Pizza, Hamburger oder Döner. Wie das? Natürlich liegt Fisch, allein schon geografisch gesehen, deutlich näher. Besieht man sich allerdings die Speisekarte eines Fischrestaurants, hier vor allem die Seite mit den Preisen, versteht der Tourist, warum es an jeder Ecke eines der oben genannten Fastfood-Gerichte gibt. Wobei auch die Pizza schon mal die 25 Euro Marke überschreitet.
Gewöhnungsbedürftig und meiner Meinung nach unschön ist oft der Bestellvorgang im Lokal. Mittels QR-Codes lade ich mir die Speisekarte aufs Handy, wähle aus und bestelle online. Zum Bezahlen wird es dann doch persönlich, denn das Kartenlesegerät kommt noch nicht selbstständig an den Tisch. Bezahlt wird beim Bestellen, und wer noch etwas nachbestellt, zahlt dieses dann separat.
Ja, Norwegen ist ein technisiertes Land, wo man Faxgeräte wahrscheinlich nur noch im Museum findet. Zieht man sich in Deutschland sein Parkticket noch als Papierstreifen am Zahlautomaten, so bedarf es in Norwegen schon einer der diversen Parking Apps, die papierfrei arbeiten. Auch im Bus sind haptische Fahrscheine out. Immerhin nimmt der Busfahrer zur Not noch Bargeld, wenn auch nur kleine Scheine. Der Tourist ist nicht gut beraten sich einen Vorrat an Landeswährung einzustecken, denn damit bekommt er Mühe diese auszugeben. Da relativiert sich das alte Sprichwort „Ohne Moos nichts los“. Es geht doch nichts über eine strapazierfähige Kreditkarte.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass Oslo eine sehr schöne Stadt ist, die neben Kultur, Sport, Landschaft und Architektur noch eine Menge Lebensgefühl vermittelt und unbedingt eine Reise lohnt.
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Eines der vorzeigbarsten Oslo-Highlights: das neue Opernhaus | Foto: Zaubi M. Saubert
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Zaubi M. Saubert - 20. August 2025 ID 15421
Weitere Infos siehe auch: https://www.visitoslo.com
Post an Zaubi M. Saubert
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