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Feuilleton

Busfahrt zur Frankfurter Buchmesse

Ein unprofessioneller Bericht

Sieben Uhr Abfahrt ist zwar ungewöhnlich früh für eine Rentnerin wie mich - aber was tue ich nicht für die Buchmesse! Seit Jahren nutze ich die Gelegenheit, bequem mit einem von der Tübinger Buchhandlung Osiander gecharterten Bus zu diesem Riesenspektakel nach Frankfurt zu fahren. Da ist einmal dieses gigantische Messegelände mit seinen futuristischen Gebäuden - und dann sind da natürlich die vielen, vielen Bücher, die Lesungen und Extras und all das geschäftige Drumherum der Ausstellung. Und weiter ist da noch die Frankfurter Innenstadt, die ich per S-Bahn besuchen kann, wenn mir der Buchmessetrubel auf die Nerven geht.

Nach weitgehend verdöster Fahrt gelangen wir durch den Galleria-Eingang ins Messegelände, wobei Handtaschen etc. wie am Flughafen durchleuchtet werden. Überhaupt ist viel Polizei im und um das Messegelände präsent.

Natürlich habe ich nicht den Anspruch, alles zu sehen. Ich begnüge mich mit Halle 3 - Belletristik, Sachbücher, Kinderbücher, Religion/Esoterik - und lasse mich an den Verlagsständen entlang durch die beiden Etagen treiben, ohne etwas Bestimmtes zu suchen. Mit jeder Stunde wird das Gedränge größer. Hier treffe ich auf all die bekannten Verlage: S. Fischer, Heyne, Luchterhand, Piper, Bertelsmann, Beltz, Goldmann, Knaur, Rowohlt ... und ihre Neuerscheinungen. Am Rowohlt-Stand hängt ein großes Plakat mit dem Konterfei von Elfriede Jelinek, der frischgebackenen Nobelpreisträgerin für Literatur. An vielen Ständen gibt es als kleine „Lockmittel“ Knabberzeug, Bonbons, Pralinen, Gummibärchen, Äpfel, so dass man auch dann nicht verhungern muss, wenn einem die Messe-Bistros und Cafés zu teuer sind.

Danach gehe ich zum Luftschnappen nach draußen und in Richtung Lesezelt, das niedlich und bunt wie ein Zirkuszelt auf der Freifläche zwischen den modernen Messegebäuden steht und mit dem Aufschrieb „Anno 1908“ über dem Eingang tatsächlich aus einer anderen Welt stammt. Vorher durchquere ich eine wohl provisorisch neu errichtete Halle mit einer Ausstellung arabischer Bilder und Kinderbuch-Illustrationen sowie einem orientalischen Basar. Vor dem Lesezelt drängen sich die AnwärterInnen für die nächste der stündlich stattfindenden Lesungen, doch zuerst müssen die vorherigen ZuhörerInnen das Zelt verlassen haben. Immer drei AutorInnen stellen ihre neu erschienenen Bücher vor, lesen ein kurzes Stück daraus und dürfen ein wenig von sich und ihrer Schreiberei erzählen. Die zwei Autorinnen und den Autor, die jetzt auf dem Programm stehen, kenne ich nicht: Jakob Arjouni („Hausaufgaben“), Juli Zeh („Spieltrieb“), Mirjam Pressler („Rosengift“). Ich finde noch ein Plätzchen auf einer Bank ganz hinten und kann zwar nichts sehen, aber ganz gut zuhören.

Eine Stunde später stehe ich wieder draußen. Eigentlich reicht mir der Messetrubel - doch ich habe noch fünf Stunden bis zur Heimfahrt. Also entschließe ich mich zu einem Besuch in der Frankfurter City. Ich nehme einen der ununterbrochen auf dem Messegelände hin- und herfahrenden kleinen Busse und lasse mich zum S-Bahn-Ausgang bringen. Von meinem kleinen Frankfurter Stadt- und S-Bahn-Plan kann ich ablesen, welche Linien in Richtung Zentrum fahren. An der Haltestelle „Hauptwache“ steige ich aus und mische mich unter die vielen Menschen, die hier rund um diesen markanten Platz am Samstagnachmittag einkaufen und bummeln. Während ich vor einer Bäckerei einen Steh-Kaffee trinke und eine Brezel knabbere, spielt auf einem Podium am Eingang zum S-Bahnhof eine Band aus Palästina heiße Rhythmen. Die Sonne scheint mir ins Gesicht und ich vermisse meine Sonnenbrille, die ich bei dem Reutlinger Regen für unnötig hielt. Hier in Frankfurt ist den ganzen Tag gutes Wetter.

Die Angst, nicht rechtzeitig den richtigen Parkplatz und meinen Bus zu finden, treibt mich bald wieder zurück zum Messegelände. Vorher hatte ich mich vergewissert, dass ich mit meiner Tageskarte nochmals „einchecken“ darf. Von „innen“ finde ich das Parkgelände an der „Galleria“ mühelos - von „außen“ bin ich mir nicht so sicher. Der Posten am Eingang lässt mich auch problemlos durch - natürlich muss ich nochmals zur Taschenkontrolle. Nach dem langen Weg per Laufband durch die Galleria lande ich zu meiner Freude in der reichhaltigen Kalenderausstellung und blättere mich entzückt durch ein paar bezaubernde Katzen-Kalender.

Inzwischen bin ich zwar hundemüde, habe aber immer noch viel zuviel Zeit. So werfe ich einen Blick in Halle 6 mit den Internationalen Verlagen. Hier werde ich gleich an der Tür gestoppt und muss meine Tasche und die Plastiktüte mit den gesammelten Prospekten und Materialien öffnen - eine zusätzliche Vorsichtsmaßnahme. Meine Konzentration hat schon schwer nachgelassen und ich nehme nicht mehr viel wahr, während ich durch die Gänge trotte. Deshalb mache ich's kurz und verfüge mich wieder an die frische Luft. Ach ja, die Stände mit Kunstgewerbe und Schmuck an der „Straße“ habe ich mir noch nicht angeschaut! Teilweise sehr schöne Sachen, die ich aber weder brauche noch bezahlen kann. Zum Schluss leiste ich mir einen sündhaft teuren 0,3-Liter-Becher Bier für 3 Euro (= 6 DM, hämmert es in meinem Kopf!). Aber ich habe Durst - und Billigeres gibt es höchstens im Waschraum bei den Toiletten.

So, jetzt kann ich mich langsam in Richtung Busparkplatz begeben. Mit dem nächsten Messebus fahre ich bis Halle 8 und verlasse das Messegelände exakt dort, wo ich es fast acht Stunden vorher betreten habe. Als letzte Hürde bleibt mir noch, in der langen Doppelreihe wartender Busse den richtigen zu finden. Es gelingt mir - und erleichtert sinke ich in den weichen Sitz. Auf der fast dreistündigen Heimfahrt wird der Bus zum „Schlafwagen“ für all die erschöpften Buchmesse-BesucherInnen.





a. d. - red. / 10. Oktober 2004
ID 1278





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