Literatur - spezial

Halloween in Afghanistan
Warum der Tod in Kabul wieder Spaß macht

:: „Der Vorwurf der Leichenschändung ging mir durch Mark und Bein, das kann ich ihnen sagen.“

Noch leicht kürbisfarben im Gesicht am Tag nach der gelungenen Halloween-Feier durch die Bundeswehr in Afghanistan, sucht Verteidigungsminister Franz Josef Jung nach Worten. Worte, die seine Dankbarkeit gegenüber den Soldaten ausdrücken sollen, die echt deutsches Brauchtum in den entlegensten Winkel der Erde tragen –

auch gegen Widerstände der Zivilbevölkerung.

„Missverständnisse kommen doch überall auf der Welt vor, wo die Leute nicht anständig Deutsch sprechen“, gibt sich Jung nachsichtig. „Aber die Afghanen haben jetzt kapiert, dass Leichenschändung auch Laune machen kann.“

Dass der gefährliche Einsatz auf dem Totenfeld bei Kabul, bei dem sich „Jungs Jungs“ leicht bis auf die Knochen hätten blamieren können, doch noch ein voller Erfolg wurde, sei vor allem der Panzer-Brigade 18 zu verdanken:

Mit echten Totenschädeln ausstaffiert, seien die Artilleristen mutig in die Vorgärten der einheimischen Bevölkerung vorgedrungen und hätten beinhart „Süßes oder Saures“ gefordert. 120 Kilogramm sichergestellten Konfekts sprächen für den Sinn dieses Einsatzes. Dass darunter einige Landminen gemischt worden seien, hält Jung für ein Zeichen, dass der Zivilisationsprozess in Afghanistan noch nicht abgeschlossen sei.

„Aber was meinen Sie, wie panisch die nächsten Hausbesitzer ihren Süßigkeitenschrank geplündert haben, als unsere Männer mit echt abgerissenen Armen vor ihnen standen?“, schmunzelt der joviale Hesse.

Mit der Einrichtung einer Totenkopf-Staffel sei es der Bundeswehr-Führung zudem gelungen, mit den Deutschen assoziierte Klischees auf spielerische Weise zu brechen:

„Viele Afghanen freuen sich schon auf unseren guten alten Weihnachtsmann“, weiß der Verteidigungsminister. „Allerdings soll Osama bin Laden mit anderen Spukgestalten an Halloween über die Grenze entkommen sein. Also, wenn so ein Typ mit langem Bart an Ihrer Haustür klingelt, machen Sie dieses Jahr vielleicht lieber doch nicht auf.“

Sebastian Andrae © Allerheiligen 2006
Biografie Sebastian Andrae
Online-Anthologie: wisssen was weh tut

siehe auch:
http://www.sebastian-andrae.de/
SebAn1410@aol.com

 

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