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Theater- Feuilleton
Carmen, rau und ungeschminkt
siehe auch: Zur Premiere der Oper von Georges Bizet im Saalbau Neukölln am 30.10.03

Ein Projekt von Franziska Waldmann unter der Regie von Nelly Danker und der musikalischen Leitung von Friedrich Suckel

Interview mit Yun-Hwan Cho ( Don Jose), Janka Voigt (Produktionsleitung) und Franziska Waldmann (Bühne und Kostüm)


YUN-Hwan CHO

Guten Abend, Herr Yun-Hwan Cho, in einer Stunde beginnt die Aufführung, müssen Sie nicht noch proben?

Yun-Hwan Cho: Nein, eigentlich nicht, nur vorher ein bisschen singen wegen der Stimme.

Wie sind Sie in diese Produktion, zu diesem Ensemble gekommen?

Yun-Hwan Cho: Sie suchten im April einen Don Jose. Ich habe einfach vorgespielt. Die Chance kam überraschend. Dann hatte ich Abschlusskonzert. Sie sind dorthin gekommen um noch mal meine Stimme zu hören. Dann habe ich es irgendwie geschafft.

Sie kommen direkt von der Hochschule für Musik, Berlin?

Yun-Hwan Cho: Wie meinen Sie das?

Sie haben noch dieses Jahr an der Hochschule für Musik studiert?

Yun-Hwan Cho: Ja, Zauberflöte, das war das Abschlusskonzert, wovon ich gerade gesprochen hatte.
Vorher habe ich in Wien studiert, Abteilung Gesang und Opernschule, dann in Berlin Aufbaustudium Gesang mit Konzertexamen bei Heinz Reeh, Kammersänger.

Ist es so, dass diese Art von Musik ein Studium in Europa verlangt? Ist das in Südkorea nicht möglich?

Yun-Hwan Cho: Das ist eine sehr gute Frage. Ich habe in Korea Kirchenmusik studiert, genauer europäische Kirchenmusik. Wenn ich den Ursprung der Musik genauer studieren möchte, muss ich hierher kommen. Deutsches Kunstlied gefällt mir sehr, auch Oratorium. Leider kann ich Oratorium nicht so gut singen. Die europäische Musik kann ich aber sehr gut verstehen, die Akkorde sind mir nicht fremd, ich kann diese Musik gut verstehen und sie für mich akzeptieren.

Welches sind die Hauptunterschiede europäischer und koreanischer Musik?

Yun-Hwan Cho: Das ist aber eine sehr schwierige Frage. Wir benutzen zum Beispiel nur ganze Töne, keine halben. Asiatische Musik in Europa klingt manchmal ganz modern. Gustav Mahler zum Beispiel im Lied der Erde, für Europäer klingt das sehr modern, für uns muss es so sein.

Wäre eine solche Inszenierung von Carmen in Südkorea möglich?

Yun-Hwan Cho: Ja, schon, einiges müsste anders sein, weil die Kultur ganz anders ist.

Zum Beispiel?

Yun-Hwan Cho: Sollte ich das wirklich erklären?

Ja, ein Beispiel vielleicht.

Yun-Hwan Cho: Einmal die „Hure“ vielleicht. Es ist gesetzlich verboten. Es gibt nur sehr wenige Plätze für Huren. Es gibt auch keine Gipsies, da müsste man etwas anders finden.

Don Jose, mögen Sie ihn gern?

Yun-Hwan Cho: Also mein Typ ist es nicht so. Aber ich kann ihn ganz gut verstehen. Er ist ein asiatischer Typ, das ist meine Meinung. Wenn er eine Frau mag, dann sagt er es nicht sofort, er überlegt zuviel. Wenn man zu lange zu viel überlegt, dann ist die Chance vorbei. Aber direkt zu sein ist auch unhöflich.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg.


Franziska Waldmann / Janka Voigt

Frau Waldmann, danke, dass Sie so spontan noch ein paar Minuten vor der Aufführung Zeit gefunden haben. Was war für Sie das wichtigste bei der Inszenierung?

Franziska Waldmann: Carmen mit ihren vielen Facetten, dass sie keine Kompromisse schliesst, das macht, was sie gerne möchte. Sie kann zum Beispiel nicht nur singen, tanzen, sondern auch malen. Sie fragt nicht darf ich das, sondern sie nimmt sich das, was sie möchte. Wir haben auch eine Carmendarstellerin gefunden, die das bedingungslos darstellt, Kinga Dobay.

Ein bisschen Ihr eigenes Spiegelbild?

Franziska Waldmann: Nein, eigentlich nicht, bei mir ist es so, dass ich Kompromisse schliesse , was man als Bühnenbildnerin sowieso machen muss, weil man ja nicht allein arbeitet, sondern wie in diesem Fall mit einer Regisseurin zusammen. Man entwickelt was zusammen und findet Wege. Was zum Beispiel sind diese Frauen, die in der Fabrik arbeiten?. Jeder weiss, Carmen ist eine Fabrikarbeiterin. Dann haben wir die Musik angehört und die ist sehr sehr impressionistisch. In meinen Augen waren dann violett und grün, plötzlich waren wir in einer Schwimmhalle, in einer wunderbar impressionistischen Stimmung und da war klar, es ist einfach so, die Frauen sind für die Männer in Sevilla nur eine Fata Morgana. Sie sind nicht real. So entwickelt sich das stück für stück. Zum Beispiel auch wichtig, dass es Soldaten gibt, das militärische dadrin. Was passiert denn zwischen Männern in Sevilla, in der schwülen, heissen Stimmung. Es gibt Schattenplätze und Sonnenplätze. Die höher gestellten kriegen einen Schattenplatz und alle sind erpicht auf diese Wassertropfen, die von der Decke tropfen. Diese Rang – und Hackordnung, das war wichtig. Die ja die Schmuggler genauso haben.

Janka Voigt: Carmen hatte immer Wasser, ein Bild für ihre Kompromisslosigkeit.

Nochmal zu dem Wasser, wieso immer wieder dieses Thema Wasser und Wasserknappheit?

Franziska Waldmann: Erstmal, in Sevilla ist es heiss, das Wasser ist knapp. War ja auch jetzt ganz aktuell bei uns. Was ist Schmuggelgut, was brauchen die Leute, Drogen, Alkohol? Nein, Wasser, etwas Existenzielles, Lebensnotwendiges.

Noch eine letzte Frage: war es schwierig, dieses neue moderne andere Bühnenbild zu schaffen zu einem alten Klassiker?

Franziska Waldmann: Nein, es gibt ja die Kontraste, die Rangordnungen, die Spannungsmomente. Zum Beispiel die letzte Szene spielt im Privatbereich von Carmen und Escamillo, im Intimbereich Küche, wo die Konflikte ausgetragen werden, als alltägliche Arena, Kampfplatz, im Hintergrund die Stierkampfarena als Kontrast, Spannungsmoment. Wie stellt man sich Escamillo, den Stierkämpfer vor. Der Held ist zu Hause auch nicht anders, der Lack ist ab. Er ist ein Held, weil er jeden Tag zur Arbeit geht, das ist auch ein Kampf, früh aufstehen , seinen Job machen. Deswegen Escamillo mit Anzug und Aktenkoffer.

Woran arbeiten Sie gerade aktuell?

Franziska Waldmann: Im Schauspielhaus ein Janacek und Ullmann –Abend zum Thema Abschiede .

Frau Voigt und Frau Waldmann, ich danke Ihnen für das Gespräch.

w.p. - red / 8. November 2003
Carmen, rau und ungeschminkt
siehe auch: Zur Premiere der Oper von Georges Bizet im Saalbau Neukölln am 30.10.03

Ein Projekt von Franziska Waldmann unter der Regie von Nelly Danker und der musikalischen Leitung von Friedrich Suckel
siehe auch / Theater
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