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Bundesbanker im Glück: Jürgen Peters übernimmt Luxusvillen

IG-Metall-Chef will Klassenfeind aus der Klemme helfen

:: „Wir sind alle sehr glücklich, dass wir hier wohnen bleiben dürfen“, strahlt Hans Tietmeyer. „Der neue Vermieter ist ein Schatz, auch wenn er immer so grimmig guckt.“

Ortstermin in Königsstein im Taunus. Dienstvillen schmiegen sich an sanfte Hügel. Prachtvolle Azaleen leuchten in der Morgensonne. Ein wohlgenährtes Rotkehlchen lässt sich auf dem „Manufactum“-Spaten des Ex-Bundesbank-Chefs nieder, zupft zutraulich an seiner zugenähten Tasche.

„Und vorbestraft ist Herr Peters auch nicht“, ergänzt Tietmeyers Nachbar und Amtsvorgänger Karl Otto Pöhl eifrig. „Jedenfalls noch nicht.“

Im November hatte die Staatsanwaltschaft Hannover das Verfahren wegen „strafbarer Untreue“ gegen Jürgen Peters abgelehnt und ermittelt nun lediglich wegen „Tragen eines Betonkopfes in der Öffentlichkeit“. Peters hatte für 690.000 Euro zwei Villen im Nobel-Stadtteil Herrenhausen erstanden, in denen er alle verbliebenen Mitglieder der IG Metall unterbringen wollte.

Jetzt wird der Immobilienprofi zum Retter der fast Enterbten: Peters übernimmt die umstrittenen Dienstvillen, in denen die Bundesbank ihre Ex-Vorstandsmitglieder zu günstigen Konditionen hatte wohnen lassen – auch nach ihrer Amtszeit.

Die Bank hatte behauptet, es seien nur Häuser erworben worden, wenn bei Amtsantritt kein geeignetes Wohnobjekt zur Verfügung stand, „und Versailles war zu der Zeit nun mal leider vermietet.“

Für die jeweiligen Amts-Nachfolger wurden neue Häuser gebaut. „Das ist wie bei Raucherhäusern“, so ein Sprecher. „Das Ding kann noch so viele Pools haben - ein Bundesbankerhaus werden Sie einfach nicht los.“

Auch bei den festgelegten Kaufpreisen sei alles mit rechten Dingen zugegangen: Sie seien durch einen Sachverständigen festgelegt worden, der inzwischen ebenfalls in einer Bundesbank-Villa wohnt.

Die leidige Affäre scheint nun beigelegt – zur Zufriedenheit aller. „Bei der Gartenarbeit hat uns Herr Peters die 40-Stunden-Woche aufgedrückt“, jammert zwar Tietmeyer. „Er hat gesagt, wenn wir uns beschweren, können wir ja zu Siemens gehen.“

Insgesamt zeigen sich die Mieter aber zufrieden mit dem neuen Hausherrn. „Die Hausordnung ist okay“, so Pöhl. „Kein lautes Triumphgeschrei bei guten Börsenkursen im Treppenhaus … und Headhunterbesuch nach 22 Uhr ist ebenfalls untersagt. Aber uns will ja eh keiner mehr.“

Peters selbst hielt sich in der Bewertung des neuen Mietverhältnisses zurück. „Einige meiner angenehmsten Mieter sind Klassenfeinde“, sagte der Gewerkschaftsboss während einer Schweigeminute für die Arbeitslosen in Jena. „Unsere Gesellschaft ist so kalt geworden. Ich finde, Alte und Unzurechnungsfähige dürfen nicht einfach gefeuert werden. Nicht aus dem Vorstand der IG Metall, und auch nicht aus meinen Häusern.“

Sebastian Andrae 28.06.2004
siehe auch:
Biografie Sebastian Andrae
http://www.sebastian-andrae.de/
SebAn1410@aol.com

 

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