ASHMANIA

Sehnsucht nach Geschichte - director's cut





Um Missverständnissen vorzubeugen, sollte man wissen, ein Verfasser wie dieser, seines Zeichens anerkannter Pessimist und tageslichtuntauglicher Schattenläufer konnte durch den jahrelangen Genuss von Meskalin-Joghurt dieses fiktive Textgewebe in einer milchstraßenähnlichen Hemisphäre endlich vervollständigen. Die durch Unschärferelation hervorgerufene Annahme, dass zufällige Erleuchtung in ihrer reinen Form äußerst selten vorkommt und Buddha eine Mailbox haben muss, um auch für assoziationsschwache, welche unfreiwillig im Exil leben, erreichbar zu sein, bewogen ihn, das Folgende und zwar oberflächlich ohne gesellschaftliche Relevanz zur Entschleunigung seiner innerbetrieblichen Schwebeteilchen chronisch absichtslos niederzuschreiben. Was will man da erwarten?


Im nordöstlichen Teil von Hamburg, (einer vom Inzest durchfluteten Einöde im schleswig-holsteinischen Grenzgebiet) kam Arthur als unfreiwilliger Spross von einer, links und rechts, zur Fortpflanzungspflicht gedrängten Generation mittels verrosteter Rohrzangengeburt zur Welt. Viel schlimmer hätte diese Art degenerierter Wildecker-Herzbub-Mutation in Kniestrümpfen mit kosmetisch nicht einwandfreien Erbanlagen kaum kommen können. Na ja, das nächste Mal vielleicht!

Arthur Fischel, genannt ARTY, strotzte ganz nebenbei nur so vor Schein-Intelligenz durch die er sich in einem System von symbolischer Bedeutungsproduktion seine eigene Ozonschicht aus Zurückgezogenheit konstruierte.
(sonst gerne mit Klebstoff bestückt zwischen dem dunklen Schmutz des Stadtgemäuers, mittels Stoffball jonglierend auf dem Weg zum Putzer; welcher westseitig des Häusermischwaldes, - durch die kein Zug ohne Halt fuhr - voll von funktionierenden Buchhandlungen und Seifenprobenverteilern wütete; nur diese Möglichkeit für ihn, wahrscheinlich beobachtet von Zahlreichen; über frisch geschotterte Nebenstrassen laufend, die überraschenden Raumrichtungen des SPIN-VEKTORS nicht bemerkend während Sauerstoffkonzentrationen gepumpt und blutend aus Wut gegen Litfasssäulen getreten wurde - zumindest solange bis die Geschäftszeiten nichts mehr einzuwenden hatten oder die Sommermücken anfingen zu Singen - wie man sagt)

Nun sollte man glauben, es könnte schon reichen, wenn jemand mehrmals täglich in Selbstgespräche verstrickt Corega-Tabs-Cocktails gegen paralysierenden Mundgeruch schlabberte und nebenbei noch über den Tellerrand grinste.
Das Einzigste allerdings, worauf man sich verlassen konnte, war seine gutmütige Schizophrenie. Ob es sich dabei tatsächliche um fehlende Realitätskompatibilität handelte oder nur um eine parallel Existenz konnte nie geklärt werden.

Einige unter den Mitlesern kommen jetzt natürlich zu dem gleichen Schluss wie seine lieben Verwandten; eindeutig ein Fall für die Panzerfaust. Recht hatten Sie. Das Leben war eindeutig nicht das richtige Umfeld für ihn.

Wenig später, als übergewichtiger Hobby-Legastheniker von der örtlichen Schulbehörde wortlos zum Unterricht gebeten, teilte er sich halb in die Luft gespannt, mit sporenbildenden Wanderamöben der Gattung ENDZEIT den vorletzten Platz der Beliebtheitsskala unter den Schulkameraden. Es war ein Sitzen mittendrin und fremde Gespräche belauschen wurde zu seiner Stärke. Jedes Mal bevor er die mütterliche Behausung verließ schraubte Arty den Türspion heraus und steckte einen Gynäkologenspiegel hindurch, um zu sehen ob die Luft rein ist. Wo dann passieren kann dass die schmutzige Körpermasse kontrolliert unbeweglich verharrte, während Ablagerungen unter Fingernagelplantagen entsorgt wurden.
Irgendwann, zwischen dreizehn und sechzehn Jahren, als er noch Nagellack als Haarfestiger benutzte und Clearasil-Gutscheine gegen abgelutschte Pornoheftchen tauschte so er nicht gerade versuchte, den Osterhasen auszupeitschen, wurden trotz elterlicher Lebensgestaltungsappelle the anarchist cookbook sowie Die 120 Jahre von Stammheim seine Standartlektüre. Da stand was von BND-Fisting, Wir stricken uns eine Atombombe oder megatoxischen Geheim-Substanzen zum Bau für weibliche Genwaffen. Gerade in den Zeiten globalen Terrors, wo nicht mal die Relativitätstheorie fester Bestandteil des Lebens war, war es wichtig, sich nicht verschlucken zu lassen von volksverblödenden Parteibonzen und heuchlerischen Megakapitalisten, welche galant mit ihrem festgeklebten - nach außen hin alles bestens - Lächeln daherkamen. Er konnte sie nicht leiden. Nicht einmal im Sommer auf einem Nebenschauplatz.

Ein Traum, in dem er MAOAM kaute und imaginären Wirtschaftskapitänen mittels Kalaschnikow so lange in den Kopf ballerte, bis Gehirnflüssigkeit, Blut und Eiter die Zeichen von Hammer und Sichel auf dem speckiggetretenen Boden eines Terrassenstriplokals formten; ein frisch gekiester Raum mit Triebwerken an den Wänden und an den Enden, als ob man da wäre, musste per Tätowiernadel unterschrieben werden: Die rotblonde Sextouristin, halb Mensch halb Schlange – nicht als Lolita zu missbrauchen. 'Da oben in der Politik, wo die Ordnung einer Willkürlichkeit unterlag und das Zauberwort DINHEIRO heißt, herrscht sie, die legitimierte Korruption', dachte Arty dabei leise und zwar Rückwärts, nachdem er sich, wie üblich, seine klobigen Hoden bei dem Masturbationsmarathon ausgewrungen hatte.

Wie immer kamen dabei, nicht nur retrospektiv, die Erinnerungen an seinen unvorsichtigen Fliegenpilzversuch und den vom ihm herbeigeführten Defekt einer nahen Kernkraftanlage nebst der Frage: Wie gehe ich in die Geschichte ein?
Selbst mit einer Glaubenskraft von 150 Ohm ahnte er, als Badewannentaucher oder Vizeprospektverteiler seiner Lieblingspartei würde er nicht über die vorsintflutliche Grundstücksgrenze des im Familienbesitz befindlichen Schrebergartens hinaus von sich Reden machen. Diese Erkenntnis bewog ihn Abschied vom Sonnenlicht zu nehmen. So tastete er sich durch einen Sprung aus der Dachluke in eine Dunkelheit, die zwar kurzfristig ein Bein kostete, jedoch nicht sein substandsloses Leben.
Mittlerweile waren drei Stunden vergangen und er wusste immer noch nicht, was er mit den Tränen der Enttäuschung machen sollte, die die Eiterkruste seiner freak-a-dellen-förmigen Wangenknochen streichelten.

Endlich, an einem Montag oder Freitag mittlerer Güte und der Frage ob er beschnitten sei, wurde fast alles ganz schön anders. Anna L. Egrande hieß seine Zukunft, eine 18 Jahre ältere und 34 Kilo schwerere gilletterasierte Ersatz-Blondine, welche mit Schleifchen im Haar stilistisch den Heider Bekleidungswerken die Treue hielt und nebenbei als Klofrau ihr Geld, auf einem legendären Rastplatz erwirtschaftete.
In ihrer prächtig verspiegelten 14-Quadratmeter-Höhle mit Trockenholztermiten als Untermieter und künstlerischen Schimmelmustern an der Decke, gab sie ihm unterstützt durch die Gleitfähigkeit von nativem Olivenöl experimentell geprägte Jumbo-Schwellkörper-Massagen. Eine halbgroße Zucchini von der Aldi-Gemüsetheke, welche schon seit Stunden seinen unelastischen Schließmuskel garnierte, war auch mit von der Party.
Er wollte schon gar nicht zu denen gehören, die in mittleren Jahren als Frühstücksgymnastik ihre kraftlose Vorsteherdrüse tretmühlenartig, mit angehaltenem Atem, massieren müssen oder warten bis die getrockneten Pflaumen wirken.

Mit zittrigen Händen wie ein Fernseh-Koch schmierte er zielgerichtet auf quietschenden Federkernen seiner tabulosen Göttin den Cellulitehintern mit Antifaltencreme ein. Danach besuchte er innovativ die unabschätzbaren Weiten ihrer schmatzenden Blume, die wie ein Sommerloch tief und endlos zu sein schien. Anna konnte das: mit Schweißgeruch eine einzige Situation so feinnervig und dabei so intensiv durchleben, dass Wahrheiten darin aufschimmerten, die beim Atmen einen ganzen Grundbetäubungsmittelrausch auslösen konnten. Dabei sprachen sie nicht viel, da sie sich mochten und es passierte auch nichts Besonderes. Sie lagen einfach nur da und leckten sich kontinuierlich, so das Stauchungen im Lendenwirbelbereich unvermeidlich blieben. Insgesamt jedoch mehr als nur eine preisgekrönte Holsteiner-Geschlechtssymbiose inmitten von Feinstaubbelastungen, die einem die Lunge aushusten ließen.

Hier: Dem Erektionstod dicht auf der Spur und völlig überfordert von sinnerzeugenden Prostata-Tangos, tolerierte er den Zustand des Vergessens seiner Guerilla-Pläne, mit denen er die Schreckensherrschaft von lebensfeindlichen Staatsoberhäuptern beenden wollte.
Schon wieder ein klares Indiz für eine sich anbahnende Geisteskrankheit – gesteckte Ziele dürfen sich nicht abnutzen!

Folgende Frage mag jetzt für den unter Schädeldruck leidenden Buchstabenakrobaten angebracht sein: Ist das etwa ein interner Kabelbrand im Biorhythmus eines low-budget-orientierten Kritzlers mit einem Ruf als Vortrinker, dessen geistige Abschürfungen sich aus Vorurteilen und Meinungen bilden und dessen effizient abgebremstes Tun sich aufs Schreiben beschränkt?

Wie dem auch sei. Früh am Morgen, nach unerschütterlichem Aufwachen, stand Arty vor dem Resophal-Einbau-Küchenelement und nahm einen kalten Mokka gewaltsam zu sich, noch den Geruch vom nächtlichen Natursektumtrunk auf der Nasenschleimhaut, erfreut darüber, dass dieser nicht in Annas mit plastifiziertem Plüsch überzogene Sperrmüllgarnitur gezogen war, schwebten manche Gedanken über sein berufliches Glück. Als Wickert-Nachfolger bei der Tagesschau wollte er kräftesparend von sich reden machen, die ABM-Stelle jedoch als Leichenwäscher im staatlichen Krematorium kam seinem Berufswunsch auch verdammt nahe. Dort konnte man reihenweise - ja warum denn nicht? - in freigelegte Geschlechtsmerkmale hineinspähen - wofür üblicherweise die Kreditkarte unerhört abgenutzt wurde. Wenn nur die duckmäuserischen Kollegen nicht immer so spießige Blicke werfen würden und sich nicht schon diverse Male beschwert hätten, könnte er noch ganz andere Serviceleistungen anbieten.

Es geschah eine Unzahl kaum nennenswerter Ereignisse, bis alle Kollegen während einer Generalpause seine Mischung aus 4-HYDROXYBUTTERSÄURE, Eigenurin und Zweikomponenten-Kleber verrührt mit Blasentee würdevoll schlürften. 'Die paratoxologischen Feldstudien hatten sich ausgezahlt', schrie er wie ein Britney-Spears-Fan, und meinte der Tod ist bescheiden, er lässt einen meist über Jahrzehnte in Ruhe, um dann doch zu zuschlagen, als die Wirkung von dem Gemisch einsetzte. Wie der Einblick ins Privatarchiv von gnadenlosen Selbstmordkandidaten so ätzend friedlich lagen sie da. Na Endlich. Ein Herrliches Kollektivschicksal!
Abseitige Freudentaumel stürzten ihn in wilde Phantasmagorien.
'Wahnsinn', zischelte er, 'töten ballert besser als jede Droge'.

Bevor nun sein schrittmachender Vorgesetzter banal den Inhalt der Betriebsblasenteekasse in die Futterluke bekam, zog Arty ihm die Buntfaltenhose herunter, um zu überprüfen, ob dieser nun wirklich unter 3 Hoden litt, dann verschwand seine Gestalt nickend hinter einer ausgeblichenen Eisentür. Halb voll und ganz damit beschäftigt an einem frisch gelieferten Unfallopfer wie ein Schönheitschirurg zu testen, ob sich Air-Brushing als künstlicher Haarersatz im Scham- und Kopfbereich eignen würden.

Unstabil unter Streiflichtern und noch zu sehr in seinem Element gefangen, noch immer Teil dessen, was er tat, wollte er nichts ordnen und nichts relativieren. So wurden leicht verwackelt, nicht ohne Gefühl, Stücke seiner Wahl herausgerissen und sich dabei köstlich vergangen an dieser taufrischen Leiche und zwar ganz ohne an die Genfer Konventionen zu denken.
Was besonders auffiel: Das darauffolgende Ich-Erleben schien dadurch besonders ergiebig.
Ab und zu nahm Arty auch mal ein Stück Rückenfilet oder Nierengoulasch mit Heim, um mit Anna, die ihm half so gut sie konnte, indem sie versuchte, ihm nicht im Weg zu stehen, in der guten Stube kulinarische Feste gepflegt zu zelebrieren. Nicht auf das deutsche Laden-Schlussgesetz angewiesen zu sein und sich nicht mehr um die besten Bissen zu streiten war ihnen schon immer ein anliegen.
So wurde schließlich der Einstieg in den Fleischgroßhandel besiegelt. Feierlich verabschiedete man sich von jedem Korpus per Handschlag - richtige Umgangsformen gehörten mittlerweile bei ihm einfach zum guten Ton. Dann kamen Tage, an denen er wusste, dass er handverlesene Kameraden, welche schon mit Manitu Skat gedroschen hatten, direkt ins Leben hätte zurückführen können - wenn bloß mehr Zeit zum Basteln wäre.
ALLES ANDERE WIRD SCHON NOCH GESCHICHTE.

John Ashman / November 2007
ID 00000003545


Siehe auch:
http://www.kultura-extra.de/literatur/literatur/portrait/ashman_portrait.php