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Theater- Feuilleton
SALOME

Oscar Wilde

Holz Theaterproduktion in der Probebühne Cuvrystrasse, Berlin

Armin Holz genießt einen merkwürdigen Kultstatus. Nur alle paar Jahre tritt er als Regisseur ans Licht der Öffentlichkeit und wird dennoch vom deutschen Feuilleton niemals vergessen. Diesmal also Oscar Wildes SALOME in eigener Übersetzung und mit einem bemerkenswerten Star-Ensemble. Wenn namhafte Schauspieler/innen wie Hans Michael Rehberg, Ingrid Andree, Dieter Laser, Jeannette Hain, Stephan Szász und Sabine Wegner sich in einer freien Produktion zusammen finden, dann ist dem Produzenten die Aufmerksamkeit des Kritikers, wie des Theaterfreunds gewiss.

Doch zunächst wartet man vor den Räumen der Probebühne, es ist unbequem und irgendetwas ist nicht gut organisiert, die Käufer der für freie Szene überaus teuren Karten (22.-/14.- EURO) werden ein wenig unwillig. Als diese dann auch noch auf sardinenbüchsenenge Stuhlreihen gequetscht werden, ist die Gutwilligkeit gegenüber bescheidenen Produktionsbedingungen beinahe aufgebraucht. Immerhin nimmt man ja an etwas besonderem Teil, man hat viel darüber gehört, gelesen, möchte vielleicht auch einfach nur mal einen Theaterstar aus der Nähe sehen.

Auf einer schmalen Bühne, die vor allem von einer Treppe beherrscht wird, entwickelt sich dann das Geschehen. Eine der Figuren wird aus unerfüllter Liebe in den Freitod gehen, eine andere wird aus ähnlichen Gründen ermordet. Im Zentrum der Begierden Salome. Zunächst aber sehen wir mit einem leicht mulmigen Gefühl dabei zu, wie Stephan Szász und Sabine Wegner formalistische Übungen in Gestik und Sprache vorführen. Aha, hier ist große Kunst am Werk. Die Bewegungen sind Tanz, die Sprache Musik. Dieter Laser als Jochanahan toppt das noch bis in Performance-ähnliche Höhen. Seine Sätze umschiffen lautmalerisch ihren eigenen Inhalt, illustrieren ihn später am Abend mitunter in pantomimischen Anwandlungen.

Und dann tritt Salome auf, Jeanette Hain, ohne das geringste Klischee zu bedienen, überzeugend in ihrer Formensprache und es schleicht sich eine Ahnung heran, was diese Inszenierung noch werden könnte. Aber das Spiel bleibt kalt, die Choreographien halb kryptisch, halb platt, die Lichtregie taucht die weiße Bühne immer wieder in Blau, Grün oder Variationen von Weiß, am Ende natürlich Rot, wie das Blut des geköpften Propheten. Wahrscheinlich haben die Lichtstimmungen System, ist aber nicht beim ersten sehen erkennbar.

Und dann kommt Hans Michael Rehberg als Herodes, ein bisschen senil, ein bisschen Nero, gläubig trotzdem, an Cäsar und vorsichtshalber auch an das, was der Prophet so von sich gibt. Er schert aus aus dem statischen Spiel der Inszenierung, seine Form der Figur orientiert sich an deren Psychologie und so findet der Zuschauer endlich einen Anker, ein Schicksal, an dem er teilhaben darf. Ingrid Andree bleibt häufig als Bild im Bild stumm zurück, dabei hätte ihre Figur Herodias soviel mehr zu zeigen gehabt.

Wo die Regie in Form von Ideen in Erscheinung tritt, da tut sie es kurz und unentschieden. Im Kopf bleiben: Eine Bootsfahrt, theatermagisch mit einem Stück Stoff, das über die Bühne gezogen wird hergestellt. Schön, aber warum? Salomes Tanz, ein kleines Wackeln mit den Füßen, dramaturgisch durchaus sinnvoll, inszenatorisch aber bei der Idee belassen, ohne sie auszuführen, zu gestalten. Auf den immer unbequemer werdenden Stühlen regt sich Missmut. Und das soll nun so toll sein? Warum lässt es uns dann so unwillig zurück?

Ja, warum? Viele junge Regisseure verlieren sich in ihren ersten Inszenierungen in Formspielereien, deren Willkür alle hehren dramaturgischen Konzepte vereitelt. Holz´ SALOME sieht dem verblüffend und erschreckend ähnlich. Aber die hervorragenden Schauspieler verhindern den Absturz ins sichtbar Unvermochte. So bleibt ein Bluff übrig: Wir habens nicht wirklich verstanden, aber/also es muss wohl gut gewesen sein, denn sonst hätten diese berühmten Schauspieler das doch nicht gemacht. Dieser Bluff hat sich bis ins deutsche Feuilleton hochgedient. Kaum ein Kritiker, der ganz offen ausspricht, was wir Zuschauer am Ende des Abends denken: Langweilig.

S.L. - red. / September 2003
Spielzeit 80 Minuten ohne Pause

Mit: Jeanette Hain, Hans Michael Rehberg, Ingrid Andree, Dieter Laser, Sabine Wegner, Stephan Szász; Regie Armin Holz


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