Feminine
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DON GIOVANNI am Theater Erfurt
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Alessio Fortune als Don Giovanni und Antonia Schuchardt (als Zerlina) - am Theater Erfurt | Foto (Detail): Lutz Edelhoff
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Bewertung:
Am Sonntag war ich zum ersten Mal im THEATER ERFURT - sein schöner Neubau wurde 2003 mit der Uraufführung der Oper Luther von Peter Aderhold eingeweiht; und eigentlich spricht man mehr oder weniger (statt vom Theater) von der OPER ERFURT; sie erhielt 2004 den Thüringer Staatspreis für Architektur und Städtebau; ihr Großer Saal ist in einem königlichen Dunkelrot gehalten, 560 Personen fasst das amphitheatermäßig ansteigende Parkett, 240 der Rang, die Akustik ist warm und satt, im Orchestergraben ist ausreichend Platz, die Bühne misst 16,75x13,70x15,50 Meter. Bei Wikipedia konnte oder musste man zudem auch das hier lesen:
"Die Glasfassade der Neubau-Frontseite erlitt in der Silvesternacht auf 2023 Sachschäden von rund 50.000 Euro. Mehr als fünfzig Einschläge von Silvesterraketen stellten die Polizeiermittler fest, die nun überprüft, ob nicht nur fahrlässige, sondern vorsätzlich verursachte Sachbeschädigung nachweisbar ist. Zahlreiche Menschen hatten sich zum Jahresreinfeiern auf dem Theatervorplatz versammelt."
Nein, hält man es für möglich?!
Interessant ist, dass das Haus - seit dieser begonnen Saison 2025/26 - keine Intendantin oder keinen Intendanten ausweist, sondern "nur" einen künstlerischen Direktor (Malte Wasem). Doch es gibt freilich einen Generalmusikdirektor; seit September d.J. ist das der noch ziemlich junge und sportive Hermes Helfricht (33), der dann auch die erste Premiere der neuen Spielzeit einstudierte: Mozarts Don Giovanni in einer durchaus zeitgemäßen Inszenierung von Alexandra Pape und der Ausstattung von Tamara Stotz (fürs Bühnenbild) und Yeon-Sung Monz (fürs Kostümdesign):
"Ein Frauenheld, ein Wüstling, vor allem ein Getriebener ist Don Giovanni. Skrupellos ist ihm jedes Mittel recht, um seine Liebesabenteuer möglichst ungestört fortsetzen zu können. Lügen, Ausflüchte, Gewalt … Als Donna Anna sich ihm nicht wehrlos hingibt und ihr Vater, der Komtur, ihn zum Duell fordert, bringt Don Giovanni ihn kurzerhand um. Schnell wird die nächste Eroberung anvisiert – da taucht seine Verflossene, Donna Elvira, auf, um andere Frauen vor ihm zu warnen. Das System beginnt zu bröckeln: Don Giovanni verstrickt sich siegesgewiss immer weiter in Schwierigkeiten – zu den Klängen von Mozarts unsterblicher Musik." (Quelle: theater-erfurt.de)
Gut, gut - aber das wissen wir wohl alle zur Genüge.
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Die drei Frauenrollen (Anna, Elvira, Zerlina) schienen mir am optimalsten besetzt. Liudmila Lokaichuk, Alexandra Yangel und Antonia Schuchardt überzeugten gesanglich wie auch darstellerisch, und zwar durch und durch.
Bei den Männern konnte ich mich lediglich für einen Favoriten entscheiden, nämlich Johannes Schwarz als unbeschwert und über alle Maßen sauber singenden Masetto. Demgegenüber vermisste ich bei Alessio Fortune eine irgendwie testosterongesteuerte "Durchschlagskraft", sein Giovanni wollte da mehr den feminineneren Teil der männlichsten aller männlichen Paraderollen einer stimmlichen wie darstellerischen Belastungsprobe unterziehen, was nicht unbedingt zu überzeugen vermochte. Rainer Zaun als gänzlich verbraucht und gealtert wirkender Leporello punktete mit vielerlei Slapstick-Einlagen, und Kakhaber Shavidze als Komtur lieferte halt ab, mehr nicht. Deutliche Kritik muss an der Gesangstechnik von Tristan Blanchet (als Ottavio) geübt werden: Wie kann ein junger Tenor wie er (und eigentlich hat er ja eine wunderschöne Stimme) nur so stark vibrieren wie von mir gehört? Hatte bzw. hat er derart schlechte Gesangslehrer, die ihm dieses entnervende Vibrieren entweder durchgehen ließen oder es, was noch viel schlimmer wäre, gar nicht erst bemerkten? Anders ausgedrückt: Dieses wohl mehr alternden Opernsängerinnen und -sängern vorbehaltene Phänomen ließe sich beizeiten also rechtzeitig noch abändern; nur zu!
Der Opernchor des Theaters Erfurt (Einstudierung: Markus Baisch) musste außer zu singen auch tanzen; das war vor der Pause beim Hochzeitsfests von Zerlina & Masetto, und die Choreografie hierzu besorgte Sabine Arthold.
Das Philharmonische Orchester Erfurt musizierte seinen Mozart leicht und locker, zart und zügig; und der Helfricht weiß halt, wie man so was dirigiert.
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V.l.n.r.: Paula Rieck (Zofe der Elvira), Liudmila Lokaichuk (Donna Anna), Tristan Blanchet (Don Ottavio) und Alexandra Yangel (Donna Elvira) in Mozarts Don Giovanni am Theater Erfurt | Foto (C) Lutz Edelhoff
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Andre Sokolowski - 4. November 2025 ID 15544
DON GIOVANNI (Theater Erfurt, 02.11.2025)
Musikalische Leitung: Hermes Helfricht
Inszenierung: Alexandra Pape
Bühne: Tamara Stotz
Kostüme: Yeon-Sung Monz
Choreographie: Sabine Arthold
Intimitätskoordinatorin: Magz Barrawasser
Dramaturgie: Anna Nolte
Choreinstudierung: Markus Baisch
Besetzung:
Don Giovanni ... Alessio Fortune
Il Commendatore ... Kakhaber Shavidze
Donna Anna ... Liudmila Lokaichuk
Donna Elvira ... Alexandra Yangel
Leporello ... Rainer Zaun
Don Ottavio ... Tristan Blanchet
Masetto ... Johannes Schwarz
Zerlina ... Antonia Schuchardt
Zofe der Elvira ... Paula Rieck
Opernchor des Theater Erfurt
Philharmonisches Orchester Erfurt
Premiere war am 25. Oktober 2025.
Weitere Termine: 08., 21., 30.11./ 21., 27.12.2025// 14.01./ 08.03./ 25.04.2026
Weitere Infos siehe auch: https://www.theater-erfurt.de
https://www.andre-sokolowski.de
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