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China Keitetsi

Sie nahmen mir die Mutter und gaben mir ein Gewehr. Mein Leben als Kindersoldatin


336 Seiten - Ullstein Buchverlage / Ullstein Taschenbuchverlag 2002 ISBN: 3550075561
EUR 39,90


China Keitetsi aus Uganda gehörte zu den 300 000 Kindersoldaten, die nach Schätzungen des Kinderhilfswerkes der Vereinten Nationen weltweit in Kriegen eingesetzt werden. Aber nicht Zahlen zählen, sondern Schicksale. Sie ist die erste, die in schonungsloser und offener Weise ihre Erfahrungen und Erlebnisse in einem Buch veröffentlicht hat. Ursprünglich waren die Aufzeichnungen dazu gedacht, die eigenen psychischen Verletzungen und Traumata zu verarbeiten, d.h. sich zu erlauben, verbotene Gefühle wahrzunehmen. Zum Glück hatte sie den Mut, diese Aufzeichnungen einer Öffentlichkeit zugänglich zu machen, denn - seien wir doch einmal ehrlich - bisher war dieses Leiden weit weg, nicht europäisch, uns vielleicht nicht bewußt, scheinbar außerhalb unseres Verantwortungsbereichs.

Keitetsi ist neun Jahre alt, als sie von Rebellenführern der National Resistance Army (NRA) aufgegriffen wird und nach kurzem Militärtraining mit anderen Kindersoldaten an die Front geschickt wird. Bereits von heftigsten körperlichen Mißhandlungen durch ihren Vater und der Stiefmutter geprägt, begleitet sie der Grundsatz:"....wer die Macht hat, kann über andere bestimmen. Und wer über andere bestimmt, bekommt von allem stets das Beste." In dem Glauben, daß der damalige Rebellenführer Museveni für die Befreiung des Landes von einer korrupten, gesetzlosen Regierung kämpft und für die Vision einer gerechteren und wohlhabenderen Zukunft eintritt, sind die Kinder bereit, ihr Leben zu opfern. Die Kindersoldaten gelten als gefährlich, charakterisiert durch eine hohe Loyalität gegenüber den Befehlshabern, stets bereit ihr Gewehr - dessen Gewicht sie beim Gehen fast erdrückt - zum Töten einzusetzen. Keitetsi berichtet von erlebter Gewalt, die den Leser in seiner Vorstellungskraft überfordert. Sie schildert wie ihre Identität zunehmend auf den Gesetzen und Regeln des Militärs aufbaut. Auch nach Beendigung des Krieges bedeutet es Aufwertung und Sicherheit eine Uniform zu tragen, während der Zivilist schutzlos den Launen des Militärs ausgesetzt ist. Keitetsi übernimmt nach Kriegsende Tätigkeiten als Leibwächter oder bei der Militärpolizei. Sie lernt die Bestechlichkeit der anderen für sich zu nutzen. Ausgeklügelte Lügen und ihre Bereitschaft, ihre Waffe zu nutzen, schützen sie und begleiten ihren fortlaufenden Kampf ums Überleben und den Kampf nach individueller Freiheit. Demütigungen in Form von erniedrigenden Bestrafungen und Vergewaltigungen sowie das Gebären und Zurücklassen ihrer Kinder sind weitere Erfahrungen, die sie an den Rand des Erträglichen führen. Sie selbst nennt sich eine Kämpfernatur, jemand, der nicht aufgibt, trotz aller Widrigkeiten immer wieder versucht, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Schließlich gelingt ihr die Flucht über Nairobi, Tansania, Sambia nach Johannesburg. Dort erfährt sie über die Mitarbeiter der "United Nations High Commissioner for Refugees" nachhaltig Hilfe.

Ein neuer beschwerlicher Weg beginnt: Der Kampf, das eigene "Gedankengefängnis" zu verlassen, das Wagnis, anderen Menschen wieder zu vertrauen, der Versuch, trotz dieser Vergangenheit, eine optimistische Zukunft zu finden.

China Keitetsi ist inzwischen 26 Jahre alt, lebt in Dänemark, macht eine Ausbildung zur Sozialarbeiterin und arbeitet im Kindergarten. Ihr Anliegen ist es, auf die Menschenrechtsverletzungen aufmerksam zu machen, die den Kindern widerfährt, die in ihren Ländern für den Krieg mißbraucht werden. In ihrem Buch ist der mutigen Frau ein wesentlicher Schritt in diese Richtung gelungen.

i.k. - red / 01. Dezember 2002


Zusätzliche Informationen über das Schicksal der Kindersoldaten sind zu finden unter www.unicef.de.

 
siehe auch / Literatur:
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© 2002 Kultura (alle Beiträge unterliegen dem Copyright der jeweiligen Autoren, Künstler und Institutionen. Widerrechtliche Weiterverbreitung ist strafbar.)
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