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Schreiben, Schreiben, Schreiben



Foto: © Leonore Welzin 2002

Jugendliche im Literaturhaus

Die Hand spielt mit dem Stift, nur kurz, dann setzt sie wieder an, schreibt weiter. Den Kopf in die Hand gestützt - Richard Duraj, einer der jungen Autoren, ist völlig vertieft. Am runden Tisch ist nur das leise Nachziehen der Hand zu hören, die dem Kuli folgt. Alle Schüler schreiben und schreiben und schreiben, ohne aufzuschauen ...


Foto: © Leonore Welzin 2002

In der Schreibwerkstatt des Literaturhauses Stuttgart sitzen acht Jugendliche. Sie haben die Aufgabe, einen Text zu verfassen. In 30 Minuten, ohne sich Gedanken zu machen über Anfang und Ende, ohne abgeschlossene Sätze - das haben die Dozenten Ulrike Wörner und Boris Kerenski betont. Einfach nur schreiben, ohne den Stift abzusetzen, ohne Korrektur. Diese Methode heißt automatisches Schreiben, und wurde schon von den Surrealisten in den 20er Jahren angewandt.


Foto: © Leonore Welzin 2002

Die halbe Stunde ist um. Uli Schöberl lockert sein Handgelenk. Kurze Pause: Uli und seine Freunde gehen hinunter ins Erdgeschoss. Hier im eleganten Foyer wurde vor einem Jahr zur Eröffnung des Literaturhauses ein roter Teppich ausgerollt. Für Autoren aus allen Ecken Deutschlands. Und in der Buchhandlung am Eingang liegen die Bücher jener Schriftsteller aus, die im Grossen Saal Gastlesungen oder Vorträge halten.

Uli und seine Freunde lassen sich in dem einladenden Ledersofa neben dem signalroten Läufer nieder. Wirklich erschöpft vom Schreiben sind sie nicht, eher aufgedreht. Entsprechend lebhaft unterhalten sie sich. Warum Schreibwerkstatt? "Es ist interessant und kostenlos, und in der Schreibwerkstatt sind sehr nette Leute", antwortet Uli. Außerdem: "Literaturbegeisterte Jugendliche sind selten". Karin Deckner fehlt die Förderung von Gegenwartsliteratur in der Schule: "Der Expressionismus wird nur kurz angeschnitten", berichtet sie. Alle drei sind sich einig, dass der Kurs ihr Literaturwissen erweitert.


Foto: © Leonore Welzin 2002

Mit der Prosa-Werkstatt machen sie Exkursionen zu Lesungen, und zur Stuttgarter Zeitung. Und letzte Woche war Maximilian Dorner, Lektor für junge Lyrik vom Klett Cotta Verlag, als Gastdozent zu Besuch. Uli und Valentina Ahl sehen Schreiben als Hobby, sie wollen nicht Autoren werden. Aber die beiden wollen später einen Beruf ausüben, bei dem sie mit Sprache arbeiten können.


Prosadozent Boris Kerenski Foto: © Leonore Welzin 2002

Zurück im Robert-Bosch-Saal warten die Schaler und Schülerinnen gespannt auf die nächste Aufgabe. "Wir machen ein Wort-Cluster", sagt Wömer. Sie schreibt den Begriff Straße in die Mitte des Papiers. Drumherum notiert sie alle Wörter, die ihr zugerufen werden. Erst jetzt verraten die Dozenten, dass die Texte für einen Bildband bestimmt sind, der im August 2003 erscheint - im Rahmen eines internen Schreibwettbewerbs. Eine Chance für die Teilnehmer des Workshops, ihre Texte zu veröffentlichen. Das können kurze Fragmente sein, denn in dem Bildband gibt es keine lineare Abfolge. Darum eignen sich auch kurze, selbst unvollständige Texte. Die dritte Arbeitsphase beginnt mit Gesprächen. Einige lassen ihre Nachbarn Texte lesen, und reden darüber. "Die Schüler treffen sich auch untereinander und unterstützen sich ", erzählt Wörner. Es ist bereits die dritte Staffel der Schreibwerkstätte. Manche Teilnehmer interessieren sich auch für die Workshops in Poesie, Rap/Poetry oder Reportage, und belegen einen zweiten Kurs. In der Zeitschrift Literaturmachen wird eine Auswahl aus Texten der Workshops publiziert. Für viele ist das die erste Veröffentlichung und damit eine genommene Hürde. Das Magazin wird bundesweit und kostenlos verteilt. In Stuttgart ist es in den Kultureinrichtungen zu finden. Als Jugendzeitschrift hat Literaturmachen in ihrer Sparte die höchste Auflage. Seit kurzem ist sie auch im Internet präsent, wie die Schreibwerkst5tte, mitfinanziert von der Robert-Bosch-Stiftung.


Foto: © Leonore Welzin 2002

Der Kurs ist fast vorbei. "Hat jemand seinen Text fertig und will ihn vorlesen?" Valentina und Richard melden sich. Konzentriert hören die Kollegen zu. Dann geben die Dozenten die Termine der kommenden Wochen bekannt. Und alle machen sich auf den Heimweg - über den roten Teppich im Foyer.

s.t. - red / Januar 2003

siehe auch:
www.literaturmachen.de
www.literaturhaus-stuttgart.de
Der Artikel ist erschienen in der Zeitschrift:

LITlife
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online unter:
www.litlife-online.de

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