Austellungs-Tipps, Termine, Links

Andrea Staroske

sacra conversazione

Städtische Galerie Reutlingen
6. März – 25. April 2004


„Ebenso wie sich bei ihren vorangegangenen Projekten Zeit und Raum überlappen, wird bei Andrea Staroskes Arbeiten ständig die Frage evoziert: „Was bedeutet die Gegenwart?“ Die Gegen wart kann als andauernde Veränderung begriffen werden.

Das Ausstellungsprojekt sacra conversazione, das Andrea Staroske im Rahmen des HAP Grieshaber Stipendiums erstellt hat, scheint auf den ersten Blick wenig mit ihren bisherigen Arbeiten gemeinsam zu haben. Dennoch sind – bei näherer Betrachtungsweise - mehr Verbindungen zu erkennen als zuerst angenommen.



Im Rahmen dieses Projektes hat sich Andrea Staroske intensiv mit dem Untergeschoss der ehemaligen Metalltuchfabrik Wandel auseinandergesetzt, das die Städtische Galerie für Ausstellungen nutzt. Der weitgestreckte, rund 50 Meter lange Raum ist in der Mitte durch eine Reihe massiger Pfeiler gegliedert. Auf dem Fußboden sieht man die Spuren der schweren Maschinen aus der Zeit, als das ganze Gebäude als Fabrik genutzt wurde. Schmieröle sind dort versickert und reichern die Luft heute noch mit ihrem typischen Geruch an. Durch die gewölbte Decke entsteht eine Vielzahl kleiner Wandnischen. Ihnen gegenüber liegt eine Fensterfront. Dort rauschen in Augenhöhe die Autos auf einer der am meisten befahrenen Straßen Reutlingens vorbei.



Andrea Staroske erzählt, dass sie sofort fasziniert war von den hierzu beobachten den Gegensätzen. Auf der einen Seite die sakrale Ausstrahlung des ehemaligen Industrieraumes und auf der anderen Seite der hektische, nie versiegende Verkehrsfluss außerhalb des Gebäudes. Die sichtbare Verbindung zwischen Außenraum und Innenraum ist der Dreh- und Angelpunkt für das Projekt sacra conversazione.

Historisch gesehen ist die „Sacra Conversazione" die Bezeichnung für einen Bildtypus, der vor allem in der italienischen Renaissance in vielen Varianten anzutreffen war. Die Darstellung zeigt eine Madonna, die in andächtiger Versammlung von Heiligenfiguren umgeben ist. Bei Andrea Staroske allerdings mutiert dieser historische Typus zu insgesamt zwölf großformatigen Metallplatten, die monochrom mit Autolack überzogen sind und wie Andachtsbilder in die Wandnischen des Untergeschosses eingefügt sind. Alle Bilder beziehen sich in ihren Farbstellungen explizit auf drei berühmte Gemälde des 14. und 15. Jahrhunderts. Das erste ist Giovanni Bellinis Sacra Conversazione, die in Venedig beheimatet ist. Die zweite Vorlage bezieht sich auf die Evangelisten-Darstellung von Dürer und die dritte auf die Kreuzabnahme von Rogier van der Weyden im Madrider Prado. [...]“

Text: Astrid Schlupp-Melchinger, Ausschnitt aus dem Katalog zur Ausstellung,Reutlingen 2004
Fotos: (C) Andrea Staroske 2004

Siehe auch: Andrea Staroske: die von der fliegenden Schildkröte träumt...