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KÜNSTLERPORTRÄTS:
PETER HUTTER

Peter Hutter

"The Art of The Absurd"

Text zusammengefasst und übersetzt nach: Peter Blake
"The Art of The Absurd", in: Interior Design, September 1988, S.300f.
Übersetzung: Christel Winkler / Susanne Parth

Peter Hutter, Hoffnung, Öl/Holz, 1989, 100 x 70 cm

Junge Künstler in Europa und anderswo haben einen neuen Weg entdeckt, ihre Arbeiten der Öffentlichkeit zu präsentieren: Sie lassen Reproduktionen ihrer Malerei auf Postkarten drucken und verkaufen diese dann in Galerien, Buchhandlungen und anderen Geschäften. In keinem Fall - so sagen sie - deckt der Verkauf die Investition. Die Hoffnung ist jedoch, dass der Name und die Adresse des Künstlers auf den Rückseiten der Postkarten potentielle Sammler und Galeriebesitzer auf die Werke aufmerksam gemacht werden.

Peter Hutter, Hommage á Schlüter, Öl/Holz, 1994, 60 x 80 cm Peter Hutter, Anhalter Bahnhof Berlin, Öl/Holz, 1999, 120 x 90 cm

Nun, ich weiß nicht, ob dieser Trick immer funktioniert, aber die Idee, den Postdienst als eine Galerie zu verwenden, gefällt mir - und bei mir hat er jedenfalls gewirkt. Auf diese Weise begegnete ich Peter Hutter.

Peter Hutter, Postmoderne Visionen, Öl/Holz, 1988, 100 x 70 cm

Zur Erklärung: Dr. Peter Hutter ist ein Kunsthistoriker der Architektur, der sich in seiner Dissertation mit verschiedenen Aspekten der monumentalen Architektur des 19. Jahrhunderts und der Beziehung dieser Monumentalkunst zu jüngeren Werken in Deutschland beschäftigte. Peter Hutter stammt aus einer Kleinstadt südwestlich von München, wo sein Vater und Großvater als Metzger arbeiteten. Er ist ziemlich weit gereist - Naher Osten, Indien usw. - und zog um 1983 nach West-Berlin.

Peter Hutter, Seitentriebe, Öl/Holz, 2000

Er finanzierte sich durch Jobben bei der Berliner Post. Schließlich ergab sich die Gelegenheit, und er verkaufte eines seiner außergewöhnlichen Gemälde.

Diese Bilder sind für mich aus verschiedenen Gründen beeindruckend:

Sie gehören zu den einfühlsamsten und amüsantesten Kommentaren zur zeitgenössischen Architekturszene, denen ich bisher begegnet bin - eine Mischung aus Surrealismus, Karikatur und visuellem Kritizismus. Einige seiner Themen mögen vielleicht etwas schwer verständlich sein, wenn man nicht mit der heutigen Architektur in West- (und auch Ost-) Berlin vertraut ist; aber die meisten Bilder sind kristallklar und ein gestochen scharfer Fokus für jeden, der das Kommen und Gehen der architektonischen Modeerscheinungen verfolgt.

Peter Hutter, Blütenzauber, Öl/Holz, 1990/2000, 70 x 100 cm

Ich stieß zufällig auf ein paar von Peter Hutters Postkarten in einer kleinen Galerie in West-Berlin und konnte es kaum fassen: Ich war in Berlin, um gemeinsam mit anderen im Rahmen der "International Building Exposition" an einem Gebäude für eines der noch verbliebenen Trümmergrundstücke aus dem Zweiten Weltkrieg zu arbeiten; und ich kämpfte mit einigen der üblichen konzeptionellen Probleme ... und mit der Frage, was ich mit meinem so "modernen" Gebäude in einem neo-klassischen Umfeld tun sollte.

Peter Hutter, Ohne Titel, Mischtechnik, 1990

Und hier auf dieser Postkartenreproduktion eines frischen, eigentlich frechen Bildes wie aus einem Süßigkeiten-Katalog, geschmückt mit verschiedenen neo-klassischen Fragmenten, hatte ein Maler etwas getroffen, das ich in meinem humorlosen, architektonischen Stil gezeichnet hatte! Das war ermutigend und peinlich zugleich.

Peter Hutter, ohne Titel, Öl/Holz, 1999, 120 x 90 cm

Auf der Rückseite der Karte stand ein Name und eine Adresse, und so schrieb ich an Herrn Dr. Hutter, als ich wieder in den USA war. Es kam zu einer ausführlichen Korrespondenz. Schließlich trafen wir uns, und ich sah seine beeindruckenden Gemälde. Er ist eher Autodidakt, hatte nie eine große Ausstellung und denkt, dass er wohl auch nie eine haben wird, weil seine Arbeiten nicht der Mode entsprächen.

Peter Hutter, Never meet each other, Öl/Holz, 1999, 120 x 80 cm

Die meisten seiner Bilder sind Ölgemälde und etwas flach poliert - wahrscheinlich ein wenig zu sehr; aber er ist von Magritte begeistert und strebt nach dessen Transparenz. Obwohl die meisten seiner Architektur-"Zitate" auf den Postmodernismus abzielen (mit dessen Versuchen, moderne Massenproduktions-Ästhetik mit sogenannten historischen "Bezügen" zu kombinieren), zeigen die Bilder auch faszinierende Ansichten der modernen Städte:

Das Bild einer Nachkriegsstadt (wahrscheinlich Frankfurt, wo Hutter gelebt hat), bestehend aus endlosen Büroblocks mit ihren nicht endenden Fensterbändern, die gelegentlich ihren Respekt einer überlebten historischen Landschaft zollen; oder den Reflektionen auf den Glaswänden, in denen Architektur und Landschaft, oder Realität und Fantasie austauschbar werden, so dass schwer zu sagen ist, was nun was ist.

Peter Hutter, Stadtpark, Öl/Holz, 1984, 40 x 50 cm

Und schließlich gibt es da ein Bild vom Brandenburger Tor, wo die Berliner Mauer die Stadt teilt und wo die Teilung wie ein Spiegel ist, der das Bild des Westens in den Osten projiziert (oder umgekehrt? Hutter verrät es nicht).

Peter Hutter, lin - West - Ost- Ber, Brandenburger Tor (2. Version), Tempera, 1987, 45 x 65 cm

Diese Bilder, weitaus komplexer als eine Collage aus Vergangenheit und Gegenwart, die auch den Widerspruch zwischen Politik und Idee beschwören, sind geheimnisvoll surreal, nicht zu weit entfernt von Magrittes eindringlichen Visionen.
"All art deals with the absurd", hatte Iris Murdoch einst geschrieben "and aims the simple." Peter Hutters Kunst handelt von der Architektur des Absurden und spricht zu uns vielsagend und einfach.


Text zusammengefasst und übersetzt nach: Peter Blake
"The Art of The Absurd", in: Interior Design, September 1988, S.300f.
Übersetzung: Christel Winkler / Susanne Parth

 

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