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Filmbesprechung


Starttermin: 27.04.2006

Das geheime Leben der Worte – La vida secreta de las palabras

(Spanien 2005)
Regie und Drehbuch: Isabel Coixet


Der lebenslustige Josef (Tim Robbins) hat auf einer Bohrinsel einen Unfall mit schweren Verbrennungen erlitten und ist vorübergehend erblindet. Durch fortwährendes Reden versucht er, dieses Manko wieder wett zu machen. Die verschlossene Krankenschwester Hanna (Sally Polley) pflegt ihn vorübergehend und ist ganz anders geartet. Sie ist ertaubt und kann nur mit technischer Hilfe hören. Aber sie stellt ihr Hörgerät gerne mal ab und will den Verlust des Sinnesorgans gar nicht ausgleichen. Im Laufe des Films erfährt der Zuschauer, dass beides Reaktionen auf Ereignisse in der Vergangenheit sind und viel mehr wird über die Vorgeschichte der Protagonisten lieber nicht verraten.


Hanna (Sally Polley) und Josef (Tim Robbins)


Hanna arbeitet eigentlich in einer Fabrik und hat mit ihrem Leben irgendwie abgeschlossen. Sie lebt asketisch und nach immer wiederkehrenden Mustern. Ihre Kolleginnen mögen sie nicht. Sie hat in vier Jahren nicht einen Tag Urlaub genommen und ist an keinen sozialen Kontakten interessiert. Ihr Chef schickt sie eines Tages in eine Art Zwangsurlaub. Da Hanna die Untätigkeit nicht ertragen kann, ist sie gerne bereit, die private Krankenpflege für Josef, den transportunfähigen Patienten auf der Bohrinsel, zu übernehmen. So ganz nebenbei erfährt der Zuschauer also, dass Hanna eine ausgebildete Krankenschwester ist. Das ist eines von vielen Puzzle-Teilen ihrer Vergangenheit. Josef, der nicht sehen kann, hat nur die Möglichkeit über das gesprochene Wort mit ihr zu kommunizieren. Und das ist ein ziemlich einseitiger Dialog, da er nur knappe und ausweichende Antworten erhält. Während sich Hanna durch Schweigen vorm Leben schützt, versucht Josef das durch Reden. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, mehr von seiner Pflegerin heraus zu bekommen, bekommt aber die Erfolge seiner Bemühungen nicht immer mit. Durch seine genussvolle Einstellung zum Essen lässt sich auch Hanna dazu verleiten, ihre sonst gleichförmige Ernährung zu ändern. Da die Crew der Bohrinsel einen phantasievollen Koch hat, bekommt sie Gelegenheit dazu. Sie isst aber nur heimlich. Mit den Gaumenfreuden entwickelt sie auch langsam wieder Geschmack am Leben, beharrt nicht mehr auf die Gleichförmigkeit, in die sie sich geflüchtet hat.


Koch Simon (Daniel Mays) und Hanna (Sally Polley)


Die Menschen auf der Bohrinsel sind auf sich selbst zurückgeworfen. In diesem von der Welt abgeschnittenen Mikrokosmos gewöhnt sich Hanna langsam wieder an menschliche Gemeinschaft. Da ist der begnadete Koch Simon (Javier Cámara), dessen Gourmet-Küche längst nicht von allen geschätzt wird. Der sensible Meeresbiologe Martin (Daniel Mays) rührt sie durch seine Sorge um die Umwelt. Den intensivsten Kontakt pflegt Hanna aber mit Josef. Die Regisseurin Isabel Coixet erklärt: „Die Begegnung der beiden und der unvermeidliche körperliche Kontakt, den die tägliche Arbeit der Krankenschwester mit ihrem Patienten mit sich bringt, führt ihnen das andere Gesicht der Realität vor Augen. Das Einfühlungsvermögen, jene geheimnisvolle Fähigkeit, die Probleme der anderen Personen als die eigenen zu empfinden, wird die Mauern, die zwischen ihnen stehen – das Schweigen und den Zynismus – niederreißen“.

Hanna und die Crew in der Kantine


Am Tag vor Josefs Abtransport in ein Krankenhaus enthüllen Hanna und Josef voreinander ihre Geheimnisse. Diese Szene ist von einer Intensität und Intimität, wie sie ihresgleichen sucht. Durch ihre zurückhaltende Spielweise lassen Polley und Robbins dem Zuschauer genug eigene „Arbeit“, um die Geschichten zu verkraften. Bis zu diesem Zeitpunkt im Film ging es um persönliche Erlebnisse und Individuen.

Als sich Josef nach seiner Genesung auf die Suche nach Hanna macht, gerät er an Hannas ehemalige Psychologin (Julie Christie). Mit ihr steht er in einem Raum mit einer riesigen Videosammlung: Alles Videos von Menschen mit einem ähnlichen Schicksal wie Hannas. Diese Sequenzen stehen in Kontrast zur bisherigen Herangehensweise der katalanischen Regisseurin, macht aber Coixets Anliegen um so deutlicher. Die Figur der Therapeutin ist der dänischen Neurologin Inge Genefke nachempfunden, die 1986 ein Rehabilitationszentrum für Menschen mit Hannas Erfahrungen gegründet hat. Damit entindividualisiert Coixet die Geschichte zwar, macht sie aber um so allgemeingültiger. Coixet dazu: „Wörter schwärmen durch unsere Köpfe, sammeln sich vor unseren Stimmbändern und kämpfen darum, heraus kommen zu können und von anderen gehört zu werden. Manchmal gehen sie auf dem Weg vom Kopf zum Hals verloren. Der Film handelt von diesen verlorenen Wörtern, die lange Zeit in der stillen Vergessenheit, in Missverständnissen, Irrtümern und Schmerzen herumwandern und dann eines Tages herausbrechen. Wenn das passiert, kann nichts sie aufhalten“.



Die äußere Realität steht im krassen Gegensatz zur inneren Befindlichkeit der Protagonisten.


helga fitzner - red. / 4. Mai 2006
ID 2379
„Das geheime Leben der Worte – La vida secreta de las palabras“
(Spanien 2005)
Regie und Drehbuch: Isabel Coixet
Starttermin: 27.04.2006

Weitere Infos siehe auch:






 

FILM Inhalt:

Rothschilds Kolumnen

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DVD

EUROPÄISCHES JUDENTUM IM FILM
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Bewertungsmaßstäbe:


= nicht zu toppen


= schon gut


= geht so


= na ja


= katastrophal

 


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