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Besprechung


Theater Bonn

Carlo Goldoni: "Krach in Chiozza"


Krach in Chiozza, das heißt in der Bonner Neuinszenierung des Goldoni-Stücks vor allem keifende Frauen. Stärker ist die Inszenierung von David Mouchtar-Samorai aber in den ruhigen Momenten.
Das Theater Bonn hat sich – wie schon bei „Weiße Teufel“ von John Webster – eine Neuübersetzung geleistet. Es hat sich bemüht, das Italienische zu erhalten – so fluchen die Figuren in lauter Zutaten, die man aus der Küche des Italieners an der Ecke kennt. Über den Abend gesehen ist das aber etwas anstrengend und der Witz läuft sich bald tot. Zudem wirkt die Melange aus den Eigenarten verschiedener Dialekte, die Frank Günther zu einer neuen Mundart verschmilzt, unausgegoren. Was dabei entsteht ist irgendwie nichts Halbes und nichts Ganzes, zumindest nicht in der Art und Weise, wie es auf der Bühne stattfindet, denn man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass nicht alle Schauspieler mit voller Lust an der etwas derben Sprache bei der Sache sind. Nach und nach scheinen sie im Laufe des Abends dann doch wieder zu einer verständlicheren Sprache zurückkehren. Lediglich Bernd Braun bleibt konsequent bei seiner Silbenverschlucker-Sprache, die nicht nur für den Koadjutor des Richters schwer verständlich ist. Aber freundlicherweise werden die wichtigen Kommentare dann doch von einer anderen Figur übersetzt.
Heinz Hauser hat für „Krach in Chiozza“ ein All-in-one-Bühnenbild gebaut, das auch noch schöne Bilder erlaubt. Es erinnert an eine Halfpipe, mit zwei eingelassenen Türen links und einer Tür rechts, im Bühnenhintergrund eine weitere Wölbung nach oben: das Meer.
Auf diese Bühne zaubert Mouchtar-Samorai ein ums andere Mal wunderbare Bilder. Am Ende des ersten Teils fährt ein Bühnenteil hinunter, das die Vorderbühne vom Rest der Bühne abtrennt, aber den Blick offen lässt. Es wird behauptet, dass sie den Zuschauer vom Gezänk der Beteiligten auf der Bühne abtrennt. Alle Streithähne stehen hinter dieser Konstruktion und sind nicht mehr zu hören, aber zu sehen – das ist so ein wunderbarer stiller Moment. Zu Beginn des zweiten Teils segelt ein kleines Segelboot am Horizont entlang, wozu hinter der Bühne ein kleines Liedchen gesungen wird, das von den Schauspielern und Musikern auf der Bühne aufgenommen wird. Später wird eine Schlägerei als Tanz choreographiert.
Insgesamt lässt sich sagen, dass der zweite Teil deutlich leichter und verträumter geraten ist als die 90 Minuten vor der Pause. Aber auch hier gilt, dass manches gelungen, anderes eher bemüht ist. Vor allem hätte ein bisschen Selbstironie dem Abend nicht geschadet. Alle nehmen sich zu ernst bei den immergleichen Diskussionen und Zänkereien in Chiozza. Wie komisch wäre es gewesen, wenn der Silbenschlucker Paron Fortunato vielleicht auch einmal deutlich gesprochen hätte (in Andreas Kriegenburgs Inszenierung des „Volksfeindes“ aus dem Jahr 1997 beispielsweise gab es einen Figur, die immer undeutlich sprach, es sei denn, sie hatte eine Zigarre oder Zigarette im Mund). Aber das ist Mouchtar-Samorais Sache nicht und so klafft eine Lücke zwischen den recht brav inszenierten Dialogszenen und den schönen poetischen Momenten, wie es beispielsweise das Schlussbild einer ist. Dass die Dialogszenen abfallen, liegt sicherlich zum einen an der Sprache, zum anderen aber auch daran, dass oftmals – gerade zu Beginn – das Timing in den Dialogen fehlt.
Die Darsteller des Abends sind über weite Strecken zu loben. Vorbildhaft und mit Spaß an der Sache zelebrieren Nicole Kersten als Lucietta und Yorck Dippe als Titta Nane ihre Beziehungskräche und ihre eigene Verstocktheit. Rolf Mautz gibt einen Koadjutor, der den schmalen Grat zwischen seiner Funktion als Ordnungsinstanz und seinen Schwächen (zu nennen sind hier seine Liebe zu weiblichem Frischfleisch und sein Hang zum übermäßigen Alkoholgenuss) überzeugend auszuloten vermag. Wolfgang Rüter gibt einen wortkargen Paron Toni. Highlight des Abends ist allerdings, wie Günter Alt als Momolo völlig zusammenhangslos ein Gedicht von James Krüss rezitiert, das mit den schönen Worten endet: „Dann entsteht zwar ein Gedicht, aber sinnvoll ist es nicht“.

Krach in Chiozza
Von Carlo Goldoni
In einer neuen Übersetzung für Theater Bonn von Frank Günther

Inszenierung: David Mouchtar-Samorai
Bühne: Heinz Hauser
Kostüme: Urte Eicker
Musik: Ernst Bechert
Dramaturgie: Stephanie Gräve

Besetzung: Wolfgang Rüter (Paron Toni, Besitzer eines Fischkutters), Anke Zillich (Donna Pasqua, dessen Frau), Nicole Kersten (Lucietta, dessen jüngere Schwester), Andreas Maier (Beppe, dessen jüngerer Bruder), Yorck Dippe (Titta Nane, ein junger Fischer), Bernd Braun (Paron Fortunato, ein Fischer), Tatjana Pasztor (Donna Libera, dessen Frau), Bettina Schmidt (Orsetta, deren jüngere Schwester), Maria Munkert (Checca, deren jüngere Schwester), Wolfgang Jaroschka (Paron Vincenzo, ein Fischer), Arne Lenk (Toffolo, Ruderboot-Besitzer), Rolf Mautz (Isidoro, Koadjutor des Richters), Hendrik Richter (Canocchia, Kürbisverkäufer u.a.), Günter Alt (Momolo)
Musiker: Martin Erdmann, Lothar van Staa, Thomas Wille

Premiere am 01.06.2007, Kammerspiele Bonn


Karoline Bendig - red. / 11. Juni 2007
ID 00000003283

Weitere Infos siehe auch: http://www.theater-bonn.de/index_1024.php?hd_id=5





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