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Feuilleton


Köln, 6. bis 10. Juni 2007

31. Evangelischer Kirchentag



Es wurde viel geredet und appelliert. Das ist auf Veranstaltungen, wie dem 31. Evangelischen Kirchentag vom 6. bis 10. Juni 2007 so üblich. Es wurden keine oder nur marginale Ergebnisse erzielt. Auch das war zu erwarten. Trotzdem sind die Veranstalter mit Recht zufrieden. Mit Köln als katholischer Hochburg waren die Protestanten in hohem Maße auf katholische Gastgeber angewiesen. Sei dies bei den 10.000 Privatquartieren, die von der Kölner Bevölkerung bereit gestellt worden waren, oder bei den katholischen Kirchen, die als zusätzliche Veranstaltungsorte dienten. Allein aus diesem Grund hat sich der Kirchentag schon gelohnt. Bei dem Abschlussgottesdienst stellte Kirchentagspräsident Reinhard Höppner fest: „Wir haben ökumenische Weite erlebt“.




Zeitgleich mit dem Beginn des Kirchentags fand in Heiligendamm der G8-Gipfel statt. Mit Diskussionen und Gebeten verbanden sich die Teilnehmenden mit den friedlichen (!) Demonstranten in Rostock und Heiligendamm. An den Themen Globalisierung und Klimawandel kamen weder G8-Gipfel noch Kirchentag vorbei. Höppner forderte: „Die Frage der menschlichen Würde könne und müsse zum Gestaltungskriterium im Prozess der Globalisierung werden.“ Er machte auch einen Vorschlag, wie das bewältigt werden könne. „Es ist notwendig, dass die Politik wieder den Primat über die Wirtschaft und ihre Märkte gewinnt. Denn der Markt hat kein Gewissen und verletzt oft die Würde der Menschen“. Kanzlerin Angela Merkel kam unmittelbar nach dem G8-Gipfel nach Köln. Dort gab sie zu, dass in Heiligendamm nur kleine Schritte erzielt worden seien. Es gäbe keine erlösenden Ereignisse, die die Welt auf einen Schlag besser machten, war ihr Resümee. Sie war Gast in einer Podiumsdiskussion, an der auch der Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus aus Bangladesch teilnahm. Der Ökonom Yunus ist der Gründer der „Grameen Bank“, die Kleinstkredite für Mittellose bereit stellt. Die verarmten Familien erhalten einen kleinen Kredit, mit dem sie Anschaffungen von Produktionsmaterial machen können, mit dem sie Geld verdienen. Wenn sie dann, mit geflochtenen Körben zum Beispiel, Einnahmen erzielen, können sie sich fortan ernähren und irgendwann sogar den Kredit zurückzahlen, der dann wieder anderen zu Gute kommt. Yunus wurde 2006 dafür mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Angela Merkel gab zu, dass diese Variante der Armutsbekämpfung bislang zu wenig Aufmerksamkeit zuteil geworden wäre. Sie zeigte sich ernsthaft interessiert an einer Unterstützungsmöglichkeit, die kein Almosen ist und die Würde der Empfänger nicht angreift, sondern unterstützt. Nach den Erfahrungen von Prof. Yunus werden 99 % solcher Kredite zurückbezahlt. Er erzielte einen Lacher mit der Bemerkung, dass das weit mehr ist als bei herkömmlichen Banken. Damit stichelte er gegen ein Bankensystem, das Mittellosen den Zugang zu Krediten verweigert und somit künstlich Armut herstellt. - Ein weiterer Gast auf diesem Podium war der afrikanische Bischof Dr. H. Mvume Dandala aus Nairobi/Kenia. Er gehört zur jungen, politisch fordernden Generation von afrikanischen Geistlichen, die mit Selbstbewusstsein für ihr Land und ihren Kontinent eintreten: „Afrika ist nicht nur AIDS, Krankheit und Korruption“, rief er dem Publikum zu. „Wir wollen keine Bettler sein. Wir wollen als Partner behandelt werden.“ Das war auch das Fazit aus sämtlichen Entwicklungshilfeforen und wurde von Kirchentagspräsident Höppner mit dem Begriff „Dialog auf Augenhöhe“ zusammengefasst.


Reinhard Höppner und Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus aus Bangladesch


Der anglikanische Bischof Desmond Tutu wurde gefeiert wie ein Rock-Star. Mit standing ovations wurde dem Veteran im Kampf gegen die Apartheid in Südafrika gehuldigt. Auch er rief zum Handeln auf, aber sein Ansatz war spiritueller Natur: „Gott hat keine Arme, außer den deinen, Gott hat keine Stimme, außer deiner“, rief er dem jubelnden Publikum zu. „Wir werden am Ende nicht danach beurteilt, wie oft wir in der Kirche waren. Wir werden gefragt, ob wir den Hungernden zu essen gegeben haben und den Dürstenden zu trinken, ob wir die Nackten gekleidet haben“, ließ Tutu seine Anhängerschaft wissen.


Reinhard Höppner und der anglikanische Bischof Desmond Tutu


Beim Thema Klimawandel herrschte nicht nur Enttäuschung, sondern Fassungslosigkeit angesichts der minimalen Fortschritte auf dem G8-Gipfel, die der Gesamtproblematik nicht gerecht werden. Wenn der Planet eine Zukunft haben soll - und wir mit ihm - dann muss jetzt gehandelt werden. Da gab es Appelle, dass jeder erst einmal für sich schaut, wie er Energie sparen, Kohlendioxidausstoß vermeiden kann. Aber das reicht bei Weitem nicht. Im kollektiven Erleben der Kirchentagsbesucher wurde klar, dass man die Verantwortung für unsere Erde nicht der Politik überlassen kann und darf. Sie ist entweder überfordert oder unfähig oder beides. Jeder einzelne ist jetzt gefordert. Pfarrerin Mechthild Werner fand in ihrer Predigt auf dem Abschlussgottesdienst sehr harte und richtige Worte. Sie sagte, wir müssten uns erst einmal schuldig bekennen, um wieder anfangen, um wieder aufstehen zu können. Wir wären keine Mitläufer der Wirtschaft, die wachsen muss: „Wir sind Mittäter in Politik, Wirtschaft und den Kirchen. Gerade von christlich geprägten Ländern geht die globale Zerstörung aus... Die Schöpfung steht auf dem Spiel, keine Börsenbilanzen. Da hilft kein Hocken über Statistiken und Sachzwängen. Da muss der Hintern hoch“, befand Werner. „Wir brauchen den Klimawandel in den Köpfen und Herzen.“

In diesem Sinne hat der Kirchentag durchaus bewusstseinsschulend gewirkt. Kirchentagspräsident Höppner brachte das mit dem Fazit auf den Punkt: „Spiritualität und Weltverantwortung gehören untrennbar zusammen.“


Helga Fitzner - red / 11. Juni 2007
ID 3287

Weitere Infos siehe auch: http://www.kirchentag.net





 

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