Waggonhalle Kulturzentrum Marburg, 28. September 2006
Accoustic Meeting Vol. 11
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A plague of singer-songwriters in Marburg
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Die Charaktere der Musiker, die in der Marburger Waggonhalle zur bereits elften Ausgabe des „Acoustic Meeting“ aufeinander trafen, hätten unterschiedlicher kaum sein können: Zwei Engländer aus Northampton, Joe Woolley und Robert Bray, die man im besten Sinne als „talkative“ bezeichnen kann, und die Berlinerin Jenny Weisgerber, die es vorzieht, ihre Songs für sich sprechen zu lassen. Organisiert wird die „Acoustic Meeting“-Reihe von dem Musiker Stefan Kissel, der den beiden Briten, die bereits beim Marburger MaNoPo-Festival auftraten, für diesen Abend die Berlinerin mit ihren englischsprachigen Songs zur Seite stellte.
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Die Dame wurde von den britischen Gentlemen in die Mitte genommen, den Anfang machte Joe Woolley: Marke sympathischer Chaot, die Zigarette während des Auftritts in seinem Mundwinkel, im Aschenbecher oder auch zwischen den Saiten seiner Gitarre, besang er heiter Mädels, von „Angie“ bis „Emily“, ganz ohne zu kopieren. Er beerdigte sich unter Blues-Riffs schließlich auch in aller Bescheidenheit selbst, ohne dass das jemand verlangt hätte. Im Gegenteil: Trotz Unterbrechung nach Saitenriss (und Reparatur vor Publikum) verlangte die Zuhörerschaft mehr von den in seiner schnoddrig-charmanten Art vorgetragenen Songs.
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Jenny Weisgerber
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Dann trat Jenny Weisgerber auf die Bühne. Die Berlinerin zog es vor, ohne viele Worte zur Sache, nämlich ihrer Musik – oder besser: ihrer Singstimme zu kommen. Es gab tatsächlich keinen Grund, darauf länger zu warten als eben nötig. Ihre silberhelle Stimme schmiegt sich perfekt in ihre elegischen Songs von ihrem Debütalbum „When Worlds Collide“. Mit den tiefgründigen Songs, grundlegend verschieden zu den kurzweiligen Stücken Woolleys, bezauberte sie das Publikum, das sich angesichts des zurückhaltenden Vortrags kaum traute, außer schallendem Applaus Laut von sich zu geben.
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Robert Bray aktivierte das Publikum schließlich wieder: Er machte den Mangel an Bandmitgliedern wett, indem er flugs das Publikum dazu veranlasste, mit von ihm gereichten Rhythmusinstrumenten seine Songs zu begleiten. Er spielte einige sehr eingängige Songs aus seinem jüngsten Album „Ludo“ sowie ältere Stücke, mit feinem ironischen Unterton interpretierte er Songs, die Namen tragen wie „Reasons to consider becoming a hermit“ oder „A plague of singer-songwriters“. Das Publikum hatte sichtlich Spaß an dem lockeren Auftritt Brays, der aber noch nicht das Ende des Abends darstellte.
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Denn in die Mitte nahmen die extrovertierten Briten die zurückhaltende Jenny Weisgerber auch zum Schlussakkord, dem gemeinsam vorgetragenen Song, mit dem die drei ihr Treffen gemeinschaftlich krönten: Ihre Version von „Wrapped around your finger“ von Police war allerdings noch von nicht völlig untadeliger Harmonie geprägt. Dennoch konnten sich die rund 70 Besucher über einen unterhaltsamen und abwechslungsreichen Singer-songwriter-Abend freuen, der keinerlei Spuren einer Seuche an sich hatte. Allen drei Musikern gelang es, ihren Songs mit Akustik-Gitarren Leben einzuhauchen: Man mochte sich eine andere Darbietung der Songs gar nicht vorstellen – oder wurde neugierig auf eine größere Orchestrierung. Das echte akustische Treffen stieg, zumindest an diesem Abend, freilich erst hinter verschlossenen Türen: Nachdem das Publikum bereits den Heimweg angetreten hatte und Weisgerber zusehends auftaute, wurden bis tief in die Nacht gemeinsam die Beatles oder Neill Young intoniert, bevor sich die Musiker in einem Nebenraum erschöpft zur Ruhe legten.
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Stefan Andres / 4. Oktober 2006 ID 00000002705
Weitere Infos siehe auch: http://www.waggonhalle.de/
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