"Polnische Bonbons" - Ein Liederabend mit dem gewissen Extra
Zum Konzert vom 7.11.2004 in der Zeisehalle Hamburg
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Polen in Not? Nein, jedenfalls nicht in musikalischer Hinsicht. Mitte November lud die LIEDERGALERIE Hamburg zu einem polnischen Liederabend ein. Es wurde ein Abend voller Überraschungen.
Fragt man im CD-Geschäft nach Liedern von Moniuszko oder Karlowicz, so erntet man nur ein müdes Lächeln. Es gibt einfach keine Aufnahmen. Nach diesem Abend in der LIEDERGALERIE fragt man sich allerdings, warum. Denn wirklich alles ist bei diesen Komponisten zu finden, was von einem anspruchsvollen Liederabend erwartet wird. Der Romantiker Moniuszko beispielsweise komponierte Lieder als spannende Balladen oder auch als pointierte Geschichten. In seinem Lied "Dziad i Baba" streiten sich Opa und Oma darum, wer zuerst sterben soll. Er vertonte ebenfalls pointierten Witz wie in der "Spinnerin". Die Dame spinnt unentwegt an ihrem Faden der Treue, doch kaum hat ihr Bursche das Haus verlassen, lässt sie den Faden reißen. Manche Werke von Moniuszko kommen aber auch philosophisch daher. In "Goldfisch" zeigt ein Knabe mitleid mit dem Fisch, der im kalten Wasser schwimmen muss. Nicht weniger interessant ist Karlowicz. Er bleibt kompositorisch etwas einfacher, hat aber tiefgründige Texte von Kasimir Tetmajer und Heinrich Heine. Melancholie erklingt in seinen Liedern "Traurigem Mädchen gewidmet", "Weine nicht um mich" und "Herbstfarbene Blätter". Dazu mischen sich ausgezeichnet die Chopin-Lieder, welche die Anmutung slawischer Volksweisen mitbringen wie beispielsweise in "Ein schöner Junge" und "Litauen-Lied". Sein Freund Franz List hingegen sorgte mit der "Vätergruft" für einen schön schauerlichen Beigeschmack.
Der eigentliche Bonus des Abends waren die von den Künstlern selbst verfassten deutschen Übersetzungen, die dem Publikum recht unterhaltsam vor jedem Lied präsentiert wurden. Die LIEDERGALERIE Hamburg hatte für diesen Abend wieder einmal Musiker von höchstem Niveau verpflichten können. Den Sängern Gisela Prusek (Mezzosopran) und Lukas Baranowski (Bariton) gelang es dank stimmtechnischer Präsenz und atmosphärisch dichter Interpretation, eine Stimmung aufzubauen, die das Publikum von der ersten bis zur letzten Minute voll in ihren Bann zog. Auch Thomas Franke (Bassbariton) konnte künstlerisch überzeugen. So gelang es ihm, die weitgefassten Atembögen und die volle klangliche Romantik von Moniuszkos "Ten zegar stary" auf überraschend witzige Weise zu präsentieren. Beachtenswert war auch das Klavierspiel der Pianistin Patrycja Krawcinska. Sie hat grade bei den schubertähnlichen Moniuszku Kompositionen die Sänger auf wunderbare Weise unterstützt.
Die LIEDERGALERIE Hamburg wurde vor genau einem Jahr gegründet und hatte in der ersten Saison mit populären Programmen wie Schuberts Winterreise, Brahms Volksliedern, Dichterliebe und Goethevertonungen große Achtungserfolge erzielt. Der gesamte Eventcharakter macht die Besonderheit der LIEDERGALERIE aus. Der Veranstalter sorgt stets für das gewisse Extra. So wurden dem Publikum auch dieses Mal neben hohem künstlerischen Niveau kleine kulinarische Köstlichkeiten zu Teil: Bonbons und Konfekt aus Polen rundeten einen Abend ab, der vielen sicherlich noch lange im Gedächtnis bleiben wird.
Timo Konrad, freier Journalist, November 2004 ID 00000001409
Siehe auch:
http://www.liedergalerie.de
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